Von Kai Rebmann
Fast schon gebetsmühlenartig predigen die Altparteien ihr Lied davon, welch große Gefahr die AfD für die „wehrhafte Demokratie“ sei. Deshalb müsse die Partei verboten werden, was mehr als nur ein bisschen nach dem letzten verzweifelten Versuch klingt, die seit Jahren im Aufwind befindlichen Blauen auszubremsen. Ganz einfach, weil man es mit klassischen demokratischen Mitteln – der Überzeugung durch eigene Inhalte – nicht mehr schafft oder noch nie geschafft hat.
Zu dieser Doppelmoral passt es dann auch ins Bild, dass die selbsternannten „Demokraten“ seit jeher und ausdrücklich der AfD auch entgegen aller Gepflogenheiten ihr zustehende Ämter und Sitze in Parlamenten bzw. Ausschüssen verwehren. Das ist sicherlich nur ein Beispiel von vielen für den höchst fragwürdigen Umgang mit der AfD, jedoch eines das für die folgenden Zeilen von besonderer Relevanz ist.
In der vergangenen Woche brachte der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz einen Antrag für ein Verbotsverfahren gegen die AfD im Bundestag ein. Das Papier fand parteiübergreifend die Unterstützung von 113 weiteren Parlamentariern. Auffällig dabei: Die Namen von Renate Künast und vielen weiteren Grünen-Abgeordneten, die sich in der Vergangenheit für eben diesen Schritt ausgesprochen hatten, fehlten auf der Liste der Unterzeichner.
Des Rätsels Lösung: Tags zuvor fand ein „Geheimtreffen“ via Zoom statt, an dem rund 30 Mitglieder überwiegend aus den Reihen der Grünen, aber auch aus der SPD, teilgenommen haben. Als Hauptredner war auch der Verfassungsrechtler Christoph Möllers dabei, der bereits beim letztlich gescheiterten NPD-Verbotsverfahren eine tragende Rolle gespielt hat.
Zoom-Konferenz von ‘Geheimtreffen‘ geleakt
Um ein Verbotsverfahren ging es auch vor wenigen Tagen, diesmal gegen die AfD. Der Antrag des CDU-Mannes wurde im Laufe der Konferenz unter anderem als „verfrüht“ und „fragwürdig“ bezeichnet. Letzteres aber nicht etwa, weil aus der Mitte der Teilnehmer demokratische Bedenken angemeldet worden wären, eher im Gegenteil.
Vielmehr soll es bei der rund 30-minütigen Debatte darum gegangen sein, wie ein AfD-Verbotsverfahren möglichst erfolgsversprechend auf den Weg gebracht werden könnte, ausdrücklich auch unter Ausnutzung von Grauzonen, die mindestens im Widerspruch zu den parlamentarischen und damit auch demokratischen Gepflogenheiten der Bundesrepublik Deutschland stehen.
Einem Kollegen vom „Freilich-Magazin“ ist es laut eigenen Ausführungen gelungen, sich in die Zoom-Konferenz einzuschleusen und darüber zu berichten. Demnach soll Möllers den virtuell Anwesenden zunächst erläutert haben, weshalb er den Wanderwitz-Antrag nicht nur für chancenlos hält, sondern auch als kontraproduktiv erachtet: Mit Eröffnung eines entsprechenden Verfahrens wären die Geheimdienste gezwungen, ihre V-Leute aus den Reihen der AfD abzuziehen, so der Verfassungsrechtler.
Auch Lukas Benner (Grüne) soll seine Bedenken angemeldet haben. Scheitere ein Verbotsverfahren gegen die AfD schon in der Vorprüfung, so bekomme die Partei einen „Brief mit Siegel mit dem Adler von Karlsruhe drauf“, auf dem stehe, „wir sind nicht verfassungswidrig“.
‘Konzertierte Aktion von Bundestag und Regierung‘ soll AfD zu Fall bringen
Möllers wies darauf hin, dass die AfD, anders als damals die NPD, ein „sauberes Programm“ habe, was die Hürden ungleich höher mache. Es brauche daher eine „konzertierte Aktion von Bundestag und Bundesregierung“ und zudem die Mithilfe der Geheimdienste, sprich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die wiederum hält sich aber seit Monaten merkwürdig bedeckt, wenn es um ein mögliches Verbotsverfahren gegen die AfD geht, was nach Ansicht des Verfassungsrechtlers daran liegen könne, dass die Inlandsgeheimdienste schlicht nicht über ausreichend belastendes Material verfügen, welches sie dem Bundestag zur Verfügung stellen könnten.
Und selbst wenn Verfassungsschutz und Co solches Material hätten, wäre es vor Gericht nur sehr schwer verwertbar. Hinzu kommt, dass die Aktivitäten der Geheimdienste der Aufsicht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags unterliegen und damit auch die AfD Wind von entsprechenden Mitteilungen bekommen müsste – theoretisch jedenfalls und wenn die Altparteien sich an demokratische Gepflogenheiten halten würden.
Möllers soll in der vertrauten Runde gefragt haben: „Ich muss mal eine ganz dumme Frage stellen, ist mir ganz peinlich, dass ich das nicht weiß, aber Sie wissen das alle: Sitzt die AfD im Parlamentarischen Kontrollgremium?“
So dumm ist die Frage gar nicht. Denn eigentlich ist es üblich – oder war es üblich, ehe die AfD in den Bundestag eingezogen ist – dass dieser Ausschuss und damit das Kontrollorgan des Bundestags über die Geheimdienste mit Abgeordneten jeder Fraktion besetzt werden, und zwar in Abhängigkeit ihrer Gesamtstärke im Bundestag. Dennoch beantwortete Künast die Frage knapp mit einem „Nein“!
Verfassungsrechtler lotet Grauzonen der Demokratie aus
Das wiederum brachte den Verfassungsrechtler auf eine Idee, bei der schon die Wortwahl fragwürdig klingt. Der Kollege zitiert Möllers wie folgt: „Man kann sich fragen, ob man irgendwie, ich glaube, man müsste sich eine Konstruktion ausdenken, indem man im Grunde eine Kommission halt gründet, die mit dem Parlamentarischen Kontrollgremium und ein paar Leuten, die halt eben sich auskennen, die halt irgendwie sicherheitsüberprüft werden müssen und irgendwie was unterschreiben müssen, zusammen dann irgendwie eine Meinungsbildung macht.“
Im Klartext: Ein renommierter Verfassungsrechtler soll vorgeschlagen haben, sich „eine Konstruktion auszudenken“, um die AfD auch in Zukunft aus dem Parlamentarischen Kontrollgremium herauszuhalten. Dabei soll er gefühlt jedes zweite Wort den Begriff „irgendwie“ verwendet haben, was ebenfalls nicht unbedingt für ihn und wirklich einwandfreie Absichten spricht. Lupenreine Demokraten unter sich eben…!
Ganz wohl in seiner Haut scheint sich Möllers während des eigenen Vortrags dann tatsächlich nicht gefühlt zu haben. Immer wieder wird er mit Sätzen zitiert wie: „Ein Parteiverbot ist halt ein massiver Eingriff in die demokratische Selbstbestimmung, das kann man erstmal nicht bestreiten.“ Oder: „Eine Partei zu verbieten, die zweistellige Prozentzahlen bekommt, das ist halt irgendwie auch schon krass. Also ich kann da jetzt gar nicht, also ich würde dem schon entgegenhalten, dass Sie damit schon natürlich irgendwie was machen, was in den politischen Prozess halt auch massiv eingreift.“
Grüne und SPD stehen nackt da
Schließlich übte Möllers noch deutliche Kritik an seinen Gastgebern, die zwar wohl nicht als solche gedacht war, aber dennoch klar so interpretiert werden muss. Das Gericht werde mit Sicherheit und angesichts der Stärke der AfD noch dringlicher als etwa beim NPD-Verbotsverfahren fragen (O-Ton): „Was habt ihr eigentlich politisch gemacht, bevor ihr versucht habt, die Partei zu verbieten? Was sind eigentlich, sozusagen, was habt ihr eigentlich getan, um eine Partei zu bekämpfen, wo ihr jetzt, sozusagen, die politische Arbeit vom Gericht abnehmen lasst?“
Wenn das Zoom-„Geheimtreffen“ der Grünen unter Mitwirkung der SPD eines gezeigt hat, dann dass zuvorderst vor allem der Wunsch Vater des Gedankens ist: Man will die AfD um jeden Preis loswerden, koste es was es wolle. Gleichzeitig beherrscht man aber selbst weder das kleine Einmaleins der Demokratie noch ist man in der Lage, vorher die einfachsten Hausaufgaben zu erledigen.
Alles, was die vorgeblichen Verteidiger der Demokratie aktuell gegen die AfD in der Hand zu halten glauben, „sind Redetexte, schriftliche Äußerungen, mündliche Äußerungen von Mitgliedern der AfD“, so Möllers, der im selben Atemzug klarstellte, „dass das wahrscheinlich nicht reichen wird, für sich jedenfalls nicht reichen wird, um in einem AfD-Verbotsverfahren erfolgreich zu sein.“
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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