Generation Z dreht durch: Niemand soll mehr arbeiten! "Der Kapitalismus ist ein Arsch": "Weiß nicht, wie man überleben soll"

Von Ekaterina Quehl
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„Ich hatte den größten Nervenzusammenbruch ever. Weil ich auf Jobsuche bin“, beschwert sich eine junge  Berlinerin in ihrem Tik-Tok-Video, das aktuell in sozialen Medien viral geht. Die junge Generation-Z-Vertreterin weint, weil sie als Berufseinsteigerin nach ihrem Studium nur einen Job für 36.000 Euro brutto Jahresgehalt und 30 Tage Urlaub finden kann.

Was für eine Unverschämtheit. „How dare you?“, würde Greta sagen. Wie könnt Ihr es wagen, einer jungen Studienabsolventin eine Vollzeit-Woche zuzumuten? Und nur für 36.000 brutto Euro im Jahr?

„Für was bin ich in die Schule gegangen, hab mein Abi gemacht, hab studiert? Ich hab mir ein Studentenkredit aufgenommen, damit ich studieren kann, weil mir nonstop gesagt wurde: ‚Du musst studieren, weil dann findest Du den Job, der besser bezahlt ist“, erzählt die junge Berliner Influencerin und wird dabei fast hysterisch.

Was für eine Lüge. Da hat jemand die junge Frau offensichtlich in die Irre geführt. Studieren, um dann eine Chance zu haben, besser Geld zu verdienen – das funktioniert nur in der Realität. Also an einem Ort, an dem echte Menschen leben und unter anderem einen Beruf erwerben, um dann damit Geld zu verdienen. Und in der Realität funktioniert es in der Regel so: Wenn Menschen frisch nach dem Studium in ihren Beruf einsteigen, sind sie noch unerfahren und verdienen weniger Geld, als berufserfahrene Kollegen. Es sei denn, sie sind sehr talentiert und übertreffen mit ihren Fähigkeiten und Können ihre Kollegen. Aber so begabt scheint die junge Influencerin nicht zu sein, weil sie offensichtlich schon mit einfachsten Kausalitäten der realen Welt überfordert ist.

Doch Dana geht es nicht darum. Dana empört sich, dass sie überhaupt unter solchen Bedingungen arbeiten gehen muss, weil sie dann gar keine Zeit mehr für ihre Tik-Tok-Videos hat, geschweige denn, sich mit Freunden zu treffen. Also, wir, die älteren Generationen, die häufig gleichzeitig gearbeitet und studiert haben und Kinder bekommen haben, und dann auch noch die Zeit hatten, das Leben zu feiern, haben offensichtlich irgendwas falsch gemacht. Denn das, was Dana beschreibt und womit die Generation Z überfordert zu sein scheint, ist aus unserer Sicht überhaupt nichts Schlimmes.

„Das schlimmste ist, die 30 Tage (Urlaub) sind ja noch viel. Im Jahr. Wir reden hier von nem ganzen Jahr. Weiß wirklich nicht, wie man überleben soll. Mittlerweile ist der Standard, dass zwei Leute in einem Haushalt Vollzeit arbeiten. Das bedeutet keine Freizeit. Man sieht sich nicht mehr, weil man nur arbeiten geht. Und am Wochenende hast du ja frei. Hast du wirklich frei? Weil ich – nicht. Sage ich ehrlich. Weil auch mich wartet dann ’n Haushalt, auf mich wartet dann ’n Einkauf, auf mich warten dann irgendwelche Freunde, die mich auch wiedersehen wollen. Find ich eigentlich gar keine Energie mehr, weil ich die ganze Zeit nur arbeite. Und dann fängt alles ja von vorne an. Und wenn Du dann sagst: Hey, das ist mir aber ein bisschen wenig, dann sagen die: ‚Ja, das ist dann halt für Leute, die halt wirklich arbeiten wollen‘. Fick dich, lass mich in Ruhe. Mit deinen 36.000 Euro und mit deinem scheiß frischen Obst im Büro.“

Das ist durchaus verständlich, dass die liebe Dana sich nicht versklaven und nicht ihre ganze Lebensenergie für die Arbeit aufgeben möchte, die sie nicht mag. Aber die junge Frau scheint trotz ihres Studienabschlusses doch nicht wirklich zu wissen, was sie werden möchte. Denn sonst hätte sie einen Beruf auswählen können, der ihr Spaß macht und in dem sie sich entfalten würde. Und stattdessen rebelliert die junge Dana und ruft alle auf, nicht mehr arbeiten zu gehen.

„Wann wachen wir endlich alle auf? Und checken, dass wir einfach nicht mehr arbeiten gehen sollen? Dass wir einfach aufwachen und sagen, ich gehe jetzt nicht mehr arbeiten, weil erst dann, erst dann, wenn wir vereint einfach sagen „Nein“, stürzt dieses beschissene System.“

Kausale Zusammenhänge, also Ursache-Wirkungs-Mechanismen scheinen auf Tik-Tok anders zu funktionieren als in der Realität. Aber dort, also in der Realität, hat ja Dana offenbar keine Erfahrung. Dort wird alles kollabieren, wenn alle Menschen einfach mal aufhören, zu arbeiten. Und wenn Dana sich mal schlecht fühlt und zu einem Arzt muss, wird sie keinen finden können, weil Ärzte nicht arbeiten würden. Oder wenn Dana mal Polizei ruft, weil jemand sie angegriffen hat. Aber da kommt keiner.

Aber hey, egal – um in Danas Sprache zu bleiben – Fick Dich, Du lieber Arbeitgeber, der einer Berufseinsteigerin 36.000 Euro zahlen und dazu noch „scheiß frisches Obst“ im Büro anbieten möchte. Fick dich, Du lieber Handwerker, der einem mal verstopften Dusch-Abfluss repariert hat. Fick dich, Du lieber Kellner in dem Restaurant, das Dana und ihre Freunde so gern besuchen.

In einem weiteren Video, das Dana aufgrund vieler empörter Kommentare auf Tik-Tok gestellt hat, spreche sie ja genau das Problem an, dass es nicht gehe, Vollzeit zu arbeiten, drei Kinder zu haben und völlig überfordert zu sein: „Dass dieses System uns ausnimmt, dass der Kapitalismus ein Arsch ist.“

Wer denkt, dass der Kapitalismus „ein Arsch“ ist, hat noch nie im Sozialismus gelebt. Und wenn Dana noch einen Schritt weiter denken würde, würde sie verstehen, dass das, was sie vorschlägt, noch ein größerer „Arsch“ ist. Denn dann gibt es gar keine Arbeitgeber mehr, die einem Berufseinsteiger 36.000 Euro und 30 Urlaubstage und frisches Obst während der Arbeitszeit anbieten können. Und auch keine Flieger mehr, mit denen diese Berufseinsteiger in den Urlaub fliegen können. Es wird auch keine Smartphones mehr geben, mit denen man Tik-Tok-Videos machen kann. Und Tik-Tok wird es auch nicht geben. Denn all das, was Dana und ihre Generation außerhalb der Bildschirme umgibt, ist Realität. Und an diesem Ort funktioniert alles nur deshalb, weil Menschen arbeiten gehen.

@danarosa.music

ICH BIN SO FERTIG #kapitalismus

♬ Originalton – Dana Rosa

@danarosa.music

Antwort auf @Norman._.sch #kapitalismus #delulu

♬ Originalton – Dana Rosa

 

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Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin und lebt seit 20 Jahren in Deutschland. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Sie arbeitet für reitschuster.de.

Bild: Screenshot Tik-Tok-Video

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