Ein Gastbeitrag von Dr. Manfred Schwarz
Gegnern der Corona-Maßnahmen ist von der Hamburger Polizei verboten worden, am kommenden Sonnabend in der Freien und Hansestadt Hamburg zu demonstrieren. Diese Entscheidung hat die „Versammlungsbehörde“ getroffen, die zum Amt für Polizei und damit zur Innenbehörde gehört.
Interessanterweise hat die Behörde – die sicherlich auf Weisung des Ersten Bürgermeisters Peter Tschentscher (SPD) handelt – die für den gleichen Tag geplante „Gegendemonstration“, zu der das linksradikale „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ öffentlich aufruft, genehmigt.
Auch eine Kundgebung von Fridays for Future ist erlaubt worden. Mitten in der Innenstadt – auf der Mönckebergstraße – wird eine Fahrrad-Demo stattfinden.
Polizei stimmt sich ab mit der Gesundheitsbehörde
Die Polizei-Behörde begründet das Verbot der Corona-Demonstration mit dem „Infektionsschutz“. Die Versammlungsbehörde gehe davon aus, dass viele Teilnehmer der bisher in Hamburg stattgefundenen Proteste nicht geimpft worden seien und dass bei den Protestveranstaltungen angeblich in vielen Fällen keine Masken getragen wurden.
Die Gesundheitsbehörde, geleitet von der Senatorin Melanie Leonhard (SPD-Landesvorsitzende), mit der sich die Polizei bei der Entscheidung eng abgestimmt habe, sei zu der Einschätzung gekommen, dass Versammlungen unter den gegenwärtigen Umständen nur dann zu verantworten seien, wenn alle Teilnehmer Masken trügen. „Das ist bei dieser Versammlung in der Vergangenheit nicht passiert und auch nicht zu erwarten“, so Polizei-Pressesprecher Holger Vehren.
Verwaltungsgericht angerufen
Im Zuge der „Kooperationsgespräche“ zwischen der Polizei-Behörde und der Demo-Anmelderin hatten die Beamten die beantragten Demonstrationszüge als bloße „stationäre Versammlung“ auf die Ludwig-Erhard-Straße nahe dem Michel verlegen und zahlenmäßig begrenzen wollen. Diese Straße liegt etwa drei Kilometer abseits der City, wo sich – vis-à-vis des Hauptbahnhofs – bisher die Veranstaltungs-Teilnehmer zunächst traditionell zu Beginn der Protestzüge versammelt hatten.
Der NDR schrieb, die Demo-Organisationsleitung sei aber „nicht zu Kompromissen bereit“ und habe „inzwischen den Kontakt zur Versammlungsbehörde und der Polizei abgebrochen“.
Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) meldete am Donnerstagabend, die Anmelderin der Querdenker-Demonstration gehe gegen das Demo-Verbot der Behörde vor: Sie habe noch am Donnerstagnachmittag einen entsprechenden Eilantrag beim Hamburger Verwaltungsgericht eingereicht.
Das Gericht hat mittlerweile am Freitag das behördliche Verbot bestätigt. Es ist wohl davon auszugehen, dass die Demo-Anmelderin nunmehr das Hamburger Oberverwaltungsgericht anrufen wird.
„Bündnis gegen Rechts“ hat freie Bahn
Das „Hamburger Bündnis gegen Rechts“ will seine Kundgebung am Samstag unter dem Motto „Solidarität und Aufklärung statt Verschwörungsideologien“ auch dann durchführen, wenn das amtliche Verbot gegen die Impfskeptiker-Demonstration bestehen bleibt.
„Unsere Demonstration ist keine ausschließliche Reaktion auf die Impfgegner und deren Duldung von Rechten in ihren Reihen“, erklärte der Bündnis-Vertreter Felix Krebs dem Abendblatt. „Wir demonstrieren auch für eine andere Corona-Politik und solidarischere Lösungen.“ Welche Lösung die Linken vertreten, wurde nicht gesagt.
Dass die Gegen-Proteste amtlicherseits genehmigt worden sind, begründete Polizei-Sprecher Vehren mit den Worten: Diese Demonstranten „werden Maske tragen, davon gehen wir aus“.
CDU, AfD und die Linke protestieren
Anke Frieling, stellvertretende Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landesparlament, hat erklärt, jetzt für kommenden Samstag eine „angemeldete Demonstration kurzfristig abzusagen, nachdem man ähnliche oder andere Demonstrationen monatelang zugelassen hat, kann zumindest hinterfragt werden“.
Die Bürgerschaftsfraktion der Partei Die Linke ist deutlicher geworden. Die Partei hält nichts von dem verhängten Demonstrationsverbot. Der innenpolitische Sprecher Deniz Celik meint: „Es ist schon seltsam: All die Wochen ist die Polizei weitgehend untätig geblieben, hat sich kaum drum gekümmert, die Auflagen wie etwa die Maskenpflicht oder Abstandsgebote bei den Impfgegnern und Impfgegnerinnen durchzusetzen.“ Nun aber direkt ein komplettes Demonstrationsverbot zu verhängen, sei „völlig unverhältnismäßig“.
Der Vorsitzende der AfD-Bürgerschaftsfraktion Dirk Nockemann ist empört über das verhängte Verbot der Protestzüge. Der Fraktionschef findet die amtliche Entscheidung „hanebüchen, skandalös und unverhältnismäßig“. Rot-Grün wolle „damit sämtliche Kritiker an ihrer katastrophalen Corona-Politik zum Schweigen bringen“. Durch solche Verbote würden „die Menschen radikalisiert“. Nockemann weiter: „Sollte das Demonstrationsverbot nicht zu kippen sein, wäre das ein schwarzer Tag für unsere Demokratie.“
Erste Demonstration gegen die Polizei-Entscheidung
Gegen das verhängte Demonstrationsverbot regte sich in der Hansestadt schon am Donnerstagnachmittag Widerstand. Etwa 150 Menschen protestierten auf einer „Spontan-Demo“ (Abendblatt) gegen das Verdikt – auf der Hamburger Straße im Ortsteil Uhlenhorst. Mehrere Einheiten der Bereitschaftspolizei waren im Einsatz.
Einige Teilnehmer weigerten sich offenbar bei ihrer Protestaktion auf der Hamburger Straße, einer der Haupt-Verkehrsadern in der Stadt, einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen; sie wurden von Beamten auf die Maskenpflicht hingewiesen. Vereinzelt seien auch Personalien aufgenommen worden, teilte die Polizei-Pressestelle mit.
Einige Protestteilnehmer verweigerten einer Meldung der Hamburger Morgenpost zufolge (Schlagzeile: „Nach Demo-Verbot: Protest in Hamburg – Stimmung angespannt“) das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes, sie mussten den Polizeibeamten daraufhin ein ärztliches Attest vorzeigen. Zumindest ein Maskenverweigerer hatte kein Attest, er wurde deswegen von Polizisten festgenommen.
Die Organisatoren der Spontan-Demo haben ihr Ziel jedenfalls erreicht: Die Protestaktion sorgte im Hamburger „Feierabendverkehr für mächtig Stau“ (Abendblatt).
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen, und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Dr. Manfred Schwarz (Politologe): Zivillehrer an der Hamburger Landespolizeischule, dann etliche Jahre Berufsschullehrer und Dozent in der staatlichen Lehrerfortbildung (Bereich: Politik); jeweils acht Jahre Medienreferent in der Hamburger Senatsverwaltung und (nebenamtlich) Vizepräsident des nationalen Radsportverbandes BDR (verantwortlich für die bundesweite Medienarbeit / Herausgeber einer Internet-Radsportzeitung). CDU-Mitglied, sechs Jahre Mitglied des Hamburger CDU-Landesvorstands. Heute Autor für verschiedene Internetportale mit den Schwerpunkt-Themen Politik und Medien.
Bild: klauscook/ShutterstockText: Gast