In Deutschland besteht ein Rechts-Links-Patt Angespannte Situation im Wahljahr 2021

Ein Gastbeitrag von Sönke Paulsen

Wer sich die Umfragen zu den Bundestagswahlen (gemeint ist die so genannte Sonntagsfrage) über einen längeren Zeitraum anschaut, macht eine kleine Entdeckung. Es gibt nicht nur drei rechte bzw. liberale und drei linke Parteien, sondern auch eine genau zweigeteilte Wählerlandschaft, die sich zur Hälfte im rechten und zur Hälfte im linken Wählerspektrum verortet.

Eine solche Behauptung aufzustellen, dürfte Widerspruch hervorrufen. Nicht zuletzt, weil sich schließlich jede der beiden Hälften in der Mehrheit fühlt. Außerdem spielen die Parteien zurzeit, wie nie zuvor, mit flexiblen politischen Identitäten und legen sich kaum noch auf ein Spektrum fest.

Die Auseinandersetzung innerhalb der Grünen über den „Deutschland-Slogan“ im Wahlprogramm (Deutschland – Alles ist drin), der angeblich dem Slogan der AfD zu ähnlich sei (Deutschland – Aber normal), zeigt das gerade.

Hier ein paar Daten:

Grafik: Sönke Paulsen, Daten: INSA seit 2013

In der Grafik, die die Umfrageergebnisse eines bekannten Meinungsforschers (es gibt leichte Unterschiede bei den verschiedenen Instituten) seit Ende 2013 aufbereitet, wird der Verlauf der Parteien rückwärtig angezeigt (von heute bis 2013). Dabei fällt auf, dass der Abstieg der Union bis Ende 2019 mit einem Aufstieg der AfD einhergeht, während der Aufstieg der Grünen mit einem Abstieg der SPD parallel läuft. Zwei polare Parteien ziehen also Wähler von den Volksparteien ab. Linke und FDP zeigen Ausreißer, bleiben aber relativ konstant.

CDU, FDP und AfD hatten im November 2013 zusammen 49 Prozent, während SPD, Grüne und Linke zusammen auf 45 Prozent kamen. Auf dem Höhepunkt der Pandemie, im April 2020 hatten CDU, FDP und AfD zusammen 52 Prozent und SPD, Grüne und Linke zusammen 43 Prozent.

Aktuell haben CDU, FDP und AfD zusammen 46 Prozent und die linken Parteien, SPD, Grüne und Linke zusammen ebenfalls 46 Prozent. Ein Patt also.

Bevor man anfängt, über diese Zahlen zu spekulieren, kann man aber die erste Erkenntnis in den Chart nageln: Es bestand eine Mehrheit rechts von der Mitte seit 2013.

Wenn man nun die Union unter Merkel als eher links von der Mitte sehen möchte, muss man auch feststellen, dass mit dem Rückzug der Kanzlerin aus dem aktuellen Wahlkampf die Union um über zehn Prozent eingebrochen ist. Das könnte also die konservative Kernwählerschaft der Union sein, die sich in diesem Wert abbildet.

Die eher grün orientierten Unionswähler und Anhänger Merkels dürften den massiven Sprung der Grünen auf weit über zwanzig Prozent verursacht haben.

Auch unter diesen Umständen bleiben rechts der Mitte noch 46 Prozent. Genauso viel, wie auf der linken Seite.

Der Rückzug Merkels bringt also Klarheit darüber, wo Deutschland derzeit steht. Nämlich in einer echten Patt-Situation zwischen rechts und links.

Diese mag auch vorher schon bestanden haben, als die Union stärker war, weil Merkel viele linke Wählergruppen für sich gewinnen konnte, was ihre wichtigste Machtbasis war. Links wählte Merkel. Die wandern nun zurück zu den Originalparteien im linken Spektrum, was die entsprechenden Parteien jetzt stärkt.

Besondere Bedeutung von Personen und Medien

Es ist wohl nicht zu erwarten, dass sich dieses Patt so schnell auflösen wird. Somit dürfte nach der Bundestagswahl 2021 wohl nur eine stabile Mehrheit durch eine Rechts-Links-Koalition, beispielsweise zwischen Union und Grünen, entstehen. In dem Maße aber, in dem sich Union und Grüne im Wahlkampf auseinanderbewegen, dürfte allerdings das Hauen und Stechen um eine rot-rot-grüne Koalition beginnen. Denn diese könnte, unter der Voraussetzung, dass die AfD weiterhin von den anderen konservativ-liberalen Parteien geächtet wird, eine hinreichende Mehrheit bekommen. Nur wenn die AfD ins Spiel kommt, kann es auch eine konservativ-liberale Regierung geben, die die Grünen, Sozialdemokraten und Linken außen vor lässt.

Das Ganze hängt im hohen Maße von den Medien ab. Die derzeitige linke Medienmehrheit dürfte alles tun, um die AfD in einem, angeblich anti-demokratischen, Bias gefangen zu halten. Wichtig ist also, dass es auch starke rechte Medien gibt, die der AfD eine Regierungsoption zumessen, zumindest in dem Maße, in dem linke Medien der Partei „Die Linke“ Legitimität für eine Regierungsbeteiligung geben werden. Dann könnten auch die konservativen Parteien als echte Sieger aus der Bundestagswahl hervorgehen.

Gesellschaftlich eine schwierige Situation

Die Patt-Situation zwischen rechts und links dürfte eine weitere Zuspitzung der gesellschaftlichen Kämpfe mit sich bringen, da wir es mit einer hochaggressiven, links orientierten, Zivilgesellschaft zu tun haben. Sie wird alles dafür tun, einer linken Regierung den Weg zu bahnen.

Wer also, als Konservativer, eine eher rechte Regierung wünscht, muss in diesem Jahr sehr laut und deutlich Stellung beziehen, um die Hegemonie nicht den Linken zu überlassen.

Gekämpft wird allerdings mit extrem harten Bandagen, wobei sich die beiden Hälften wegen ihrer extremistischen Flügel gegenseitig angreifen und die Politisierung der Gesellschaft bis in die Sportvereine und sogar in die persönliche Arbeitswelt der Menschen tragen.

Es scheint in unserem Land keinen unpolitischen Winkel mehr zu geben, wenn man bedenkt, dass Sportler aus ihren Vereinen gedrängt werden, weil sie die „falsche“ politische Auffassung haben. Die Zivilgesellschaft hat zu einer Brutalisierung der politischen Auseinandersetzung geführt. Angezeigt werden kann jeder, wegen einer missliebigen, politischen Meinung, wobei es Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, besonders hart trifft.

Die Pandemie hat die Lage noch erheblich verschärft und wird vor allem vom linken politischen Lager genutzt, Bedenkenträger der Politik nach rechts zu schieben. Ob das der linken Hälfte nützt, kann bezweifelt werden, weil es in den letzten Monaten große Mobilisierungseffekte für eine angebliche, rechte Gegenseite brachte. Man darf nicht vergessen, dass sich in der Querdenker-Bewegung auch viele Wähler der Grünen und der SPD sowie der Linken finden, die sich nun eher rechts verorten und ihre ursprünglichen politischen Parteien nicht mehr wählen. Auch wenn es in der Öffentlichkeit nach einer linken Dominanz aussieht, ist der Ausgang des Kampfes also offen. Es kann nicht verkannt werden, dass wir auch eine starke konservativ-liberale Renaissance haben.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

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Sönke Paulsen ist freier Blogger und Publizist. Er schreibt auch in seiner eigenen Zeitschrift „Heralt

Hier finden Sie seine Fortsetzungsgeschichte „Angriff auf die Welt“ – der „wahre“ Bond.

Bild: Lightspring/Shutterstock
Text: Gast
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