Ein Gastbeitrag von Manfred Schwarz
Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Jörg Meuthen ist als AfD-Vorsitzender zurückgetreten. Mehr noch: Er hat die Partei nun gleich ganz verlassen.
Meuthen begründete seinen Rück- und Austritt mit harter Kritik an der Partei. Er behauptet: „Das Herz der Partei schlägt heute sehr weit rechts und es schlägt eigentlich permanent hoch.“
Als Parteichef sehe er sich mit seinem Einsatz „für einen anderen Weg“ gescheitert, erklärte der bisherige Bundesvorsitzende, der auch die Behauptung aufstellte, Teile der Partei stünden „nicht auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung“. „Ich sehe da ganz klar totalitäre Anklänge.“.Belege für diese steilen Thesen legte der Ex-Vorsitzende freilich nicht vor.
Überdies ist Meuthen der Meinung, besonders in ihrer Coronapolitik habe die AfD etwas „Sektenartiges“ entwickelt. Beweise dafür hat der Ex-Vorsitzende ebenfalls nicht auf den Tisch gelegt.
Europa-Abgeordneter will er bleiben
Eine Zukunft für die AfD sehe er allenfalls als „ostdeutsche Regionalpartei“. Warum er vor dem Hintergrund dieser diffamierenden Behauptungen überhaupt so lange als Vorsitzender dieser Partei fungiert hat? Die Antwort auf diese Frage ist er schuldig geblieben.
Schon im Herbst des vergangenen Jahres hatte Meuthen angekündigt, nicht mehr für den Parteivorsitz in der AfD kandidieren zu wollen. Diese Ankündigung war offensichtlich eine Folge seiner Niederlagen im Machtkampf mit seinen innerparteilichen Widersachern in der Parteiführung. Seine Gegner waren immer wieder vor allem: Tino Chrupalla (sein Co-Vorsitzender), die Parteivize Alice Weidel sowie die AfD-Schwergewichte Alexander Gauland, Björn Höcke und Stephan Brandner.
Ein übles Geschmäckle: Den gewesenen Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen hält freilich nichts davon ab, sein vor allem finanziell hoch lukratives Mandat als Europaabgeordneter zu behalten, das er über die Partei AfD erhalten hat. Zusätzlich enorme monatliche Diäten kassiert Meuthen dadurch, dass er bisher als stellvertretender Vorsitzender der Brüsseler Fraktion „Identität und Demokratie“ agierte.
Angeblich will er in dieser Fraktion weiter arbeiten, mit der er sich jetzt bereits „in Gesprächen“ befinde. Mit wem er dort gesprochen hat, wollte Meuthen auf Anfrage allerdings nicht verraten.
Die wirklichen Gründe für den Abtritt
Neutrale Beobachter sehen für die Kapitulation Meuthens primär folgende Gründe:
· Er hat in der Vergangenheit im Bundesvorstand und in den Landesverbänden der Partei vielfach keine Mehrheit mehr für seine politischen Grundpositionen gefunden. Zuletzt wurde sein Versuch, den CDU-Politiker Max Otte als Kandidat der AfD für das Amt des Bundespräsidenten zu verhindern, öffentlichkeitswirksam abgeschmettert.
· Seit Donnerstag steht Meuthen auch unter weiterem, enormem Druck: Wegen Ermittlungen in einer angeblichen Spendenaffäre soll wohl seine Immunität aufgehoben werden, die ihn normalerweise vor Strafverfolgung schützt.
· Meuthen wird seit langem nachgesagt, dass er nie mit ganzem Herzen insgesamt hinter den Zielen der AfD gestanden hat. Er habe vielmehr immer mehr darunter gelitten, dass er allerorten als AfD-Parteichef vom medialen und gesellschaftlichen Mainstream arg geschnitten worden ist.
Jörg Meuthen ist 2013 AfD-Mitglied geworden, er wurde im Sommer 2015 Bundessprecher der Partei, nachdem der bisherige Vorsitzende Bernd Lucke zurückgetreten war, der ebenfalls in Bezug auf grundsätzliche Positionen der Partei keine Mehrheiten mehr hinter sich vereinen konnte.
Zunächst führte Meuthen die AfD zusammen mit Frauke Petry, dann mit Alexander Gauland und am Ende mit Tino Chrupalla.
Was sagt die Partei?
Mit den in solchen Fällen üblichen Bemerkungen kommentierte der Bundesvorstand der AfD den Rückzug Meuthens. „Mit Bedauern“ nehme „der Bundesvorstand den Parteiaustritt des Bundessprechers Prof. Dr. Jörg Meuthen zur Kenntnis“. Der Vorstand bedanke sich „für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen Jahren und den Einsatz von Jörg Meuthen für die Weiterentwicklung der AfD als einzige Oppositionspartei in Deutschland“. Für die weitere Zukunft wünsche die Partei „ihm alles Gute“.
Sehr viel deutlicher fiel die Stellungnahme des Leiters der Verfassungsschutz-Arbeitsgruppe in der AfD und früheren Bundestagsabgeordneten Roland Hartwig aus. Er kritisierte die Begründungen Meuthens für seinen Rücktritt mit den Worten: „Was für ein Unsinn! So treten nur schlechte Verlierer nach!“
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Und ich bin der Ansicht, dass gerade Beiträge von streitbaren Autoren für die Diskussion und die Demokratie besonders wertvoll sind. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen, und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Manfred W. Schwarz ist Politologe, er war einige Jahre Medienreferent. Heute schreibt der Publizist zu Themen der Politik und der Medien insbesondere für verschiedene Internet-Portale.
Bild: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC BY-SA 4.0, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia CommonsText: Gast