Klage gegen Gendersprache-Leitfaden bei Audi gescheitert VW-Mitarbeiter muss sich mit «Mitarbeiter_innen» anreden lassen

Ein Gastbeitrag von Klaus Kelle

Das Landgericht Ingolstadt hat eine Klage gegen einen Leitfaden für geschlechtergerechte Sprache bei der Audi AG abgewiesen. Ein Mitarbeiter der Konzernmutter VW, der mit Audi-Kollegen zusammenarbeiten muss, hatte den Ingolstädter Autohersteller verklagt. Er hatte sich daran gestört, dass die Audi-Beschäftigten in der Kommunikation mit ihm wegen des Leitfadens Gender-Formen mit Unterstrich («Mitarbeiter_innen») nutzen – den sogenannten Gender-Gap (Az. 83 O 1394/21).

Wie die Zivilkammer entschied, gibt es keinen Unterlassungsanspruch des Klägers. Der Vorsitzende Richter Christoph Hellerbrand betonte, dass der VW-Mitarbeiter nicht zur aktiven Nutzung des Leitfadens verpflichtet sei, weil dieser sich nur an Audi-Beschäftigte richte. Auch die passive Betroffenheit des Klägers reichte dem Gericht nicht aus. Es gebe für ihn kein Recht, «in Ruhe gelassen zu werden», sagte Hellerbrand.

Der Prozess hatte bundesweit Beachtung gefunden, weil es auch in anderen Unternehmen Vorgaben zur Nutzung von gendersensibler Sprache gibt. Der Kläger kündigte an, das Urteil nun mit seinen Anwälten prüfen zu wollen. «Dass es weitere Schritte gibt, schließe ich explizit nicht aus», sagte er zu möglichen Rechtsmitteln. Falls er Berufung einlegt, müsste sich das Oberlandesgericht München nochmals mit dem Fall befassen.

Der Kläger sagte aber auch, er wünsche sich unabhängig von dem juristischen Verfahren, dass es eine Diskussion über die richtigen Genderformen gebe. Die bei Audi verwendeten Gendervorgaben lehnt er ab, weil diese zu neuer Ungerechtigkeit führten. «Das kann nicht der Weisheit letzter Schluss sein.» Außerdem betonte er, dass Gendersprache auch lesbar sein müsse.

'Gendersensible Formulierungen'

Der Autobauer hatte im vergangenen Jahr die Unternehmensrichtlinie zu Gendersprache erlassen. In Anspielung auf einen bekannten Werbeslogan von Audi heißt der Leitfaden «Vorsprung beginnt im Kopf». Das Unternehmen begründete die Sprachvorgaben im März 2021 damit, dass dies ein Zeichen für Gleichberechtigung sei und die Vielfalt der Geschlechter besser abbilde. «Audi möchte gendersensible Formulierungen von nun an in der internen und externen schriftlichen Audi Kommunikation allgegenwärtig machen», hieß es.

In der mündlichen Verhandlung im Juni war eine gütliche Einigung zwischen den Parteien gescheitert. Die Anwälte der Audi AG lehnten es ab, die Genderformen aus allen E-Mails an den VW-Prozessmanager und den dazugehörigen Anhängen zu entfernen. Dies sei nicht praktikabel, meinten sie.

Das Gericht sah letztlich weder einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz noch eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers. Die Richter prüften dies unter den Aspekten der geschlechtlichen Identität und der sprachlichen Integrität.

Unterstützung von Verein

Unterstützt wurde die Klage gegen Audi von dem unter Experten umstrittenen Verein Deutsche Sprache, der das Gendern generell ablehnt und von einer «Ideologie» spricht. Andere Organisationen der Sprachpflege sehen eine Notwendigkeit des Genderns, appellieren aber an die Einhaltung der grammatikalischen Regeln.

So sieht die Gesellschaft für deutsche Sprache eine Doppelnennung («Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter») positiv, den Unterstrich im Wort oder das Gendersternchen («Mitarbeiter*innen») hingegen problematisch. Auch der Kläger in dem Audi-Verfahren betonte, dass er nicht gegen das Gendern sei, wenn die Regeln der Grammatik nicht verletzt würden.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Klaus Kelle, Jahrgang 1959, gehört laut Focus-online zu den „meinungsstärksten Konservativen in Deutschland“. Der gelernte Journalist ist jedoch kein Freund von Schubladen, sieht sich in manchen Themen eher als in der Wolle gefärbten Liberalen, dem vor allem die Unantastbarkeit der freien Meinungsäußerung und ein Zurückdrängen des Staates aus dem Alltag der Deutschen am Herzen liegt. Kelle absolvierte seine Ausbildung zum Redakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld. Seine inzwischen 30-jährige Karriere führte ihn zu Stationen wie den Medienhäusern Gruner & Jahr, Holtzbrinck, Schibsted (Norwegen) und Axel Springer. Seit 2007 arbeitet er als Medienunternehmer und Publizist und schreibt Beiträge für viel gelesene Zeitungen und Internet-Blogs. Dieser Beitrag ist zuerst auf the-germanz.de erschienen.

Bild: askarim/Shutterstock
Text: Gast

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