Lichtgestalt der Weltgeschichte? Warum sich Kamala Harris mit Nancy Faeser gut verstehen würde

Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger

Fast zwei Jahre sind vergangen, seit ich mich mit einem der zu Recht so beliebten Briefe befasst habe, die Franz Josef Wagner in der Bild-Zeitung an diesen oder jene richtet, in der Hoffnung, dass sein Brief gelegentlich den Adressaten erreicht. Nun ist es wieder so weit und im Gegensatz zu dem eher unbedeutenden Christian Lindner, dem Wagner seinerzeit das leuchtende Beispiel Robert Habecks entgegensetzte, geht es im neuen Brief um die ebenfalls neue Lichtgestalt der Weltgeschichte: Kamala Harris, Objekt uneingeschränkter Bewunderung aller progressiven Journalisten, die gerne unübersehbare Schleimspuren hinterlassen.

Und Wagner lässt sich, was den Schleim betrifft, nicht lumpen. „Ach, was für ein irrer, schöner Gedanke, dass Sie die Herrscherin der Welt werden“, so beginnt er seinen schwärmerischen Brief. Irre ist der Gedanke tatsächlich, schön ist er nicht. Denn man weiß einiges über Harris’ Verhältnis zum Rechtsstaat und was man weiß, legt nahe, dass sie sich mit Nancy Faeser gut verstehen würde. Von 2004 bis 2017 war sie erst Distriktstaatsanwältin von San Francisco und dann General Attorney von Kalifornien, ein Amt, das eine Mischung aus Generalstaatsanwalt und Justizminister darstellt. 2019 urteilte beispielsweise die Juraprofessorin Lara Bazelon, Harris kämpfe „mit aller Kraft darum, falsche Verurteilungen aufrechtzuerhalten, die durch aktenkundiges Fehlverhalten zustandegekommen waren, inklusive Manipulation von Beweismitteln, Falschaussagen und Unterdrückung wichtiger Informationen durch Staatsanwälte“.

Beispiele dafür sind bekannt, sofern man kein Politiker oder Journalist des öffentlich-rechtlichen Rundfunks oder gar Briefautor der Bild-Zeitung ist; ich beschränke mich darauf, einen der demokratischen Präsidentschaftsbewerber der Wahl von 2020 zu zitieren: „Sie hat Beweismittel blockiert, die einen unschuldigen Mann aus dem Todestrakt geholt hätten, bis Gerichte sie dazu gezwungen haben. Sie hat Menschen über ihre Strafzeit hinaus im Gefängnis gehalten, um sie als billige Arbeitskraft für den Staat Kalifornien zu benutzen. Und sie hat die Geldkautionspraxis nicht angetastet, die arme Menschen auf die schlimmste Art trifft.“

Widerlegt hat Harris das nie, es wäre auch schwierig, da die entsprechenden Fälle dokumentiert sind. Aber interessiert hat es keinen und es interessiert auch Franz Josef Wagner nicht. Ebenso wenig wie die Meinung, die bis vor kurzem noch in Washington vorherrschte: „Denn bis vor kurzem galt sie noch als unfähig, das Präsidentschaftsamt auszuüben. Joe Biden müsse fast wieder kandidieren, weil Harris zu wenig Talent habe, um ihn zu beerben, lautete eine der Thesen, die in Washington kursierten“, kann man in der Neuen Zürcher Zeitung lesen, die der Auffassung ist, Harris habe „als Vizepräsidentin keine schwerwiegenden politischen Fehler begangen; ihr Problem ist eher, dass sie mit keinen Leistungen glänzen konnte“. Das ist nicht überraschend, wer nichts macht, macht keine Fehler und zeigt keine Leistung.

Ihr nachgewiesener Mangel an Verständnis für den Rechtsstaat und ihre nicht vorhandenen Leistungen als Vizepräsidentin, die vor allem in Redebeiträgen wie „Es ist an der Zeit für uns, zu tun, was wir getan haben und diese Zeit ist jeden Tag“ bestanden, hält Wagner nicht von seinen Jubelorgien ab. Allem Anschein nach hat er allerdings eine Kleinigkeit nicht verstanden, denn auch eine amerikanische Präsidentin wäre nicht „Herrscherin der Welt“, sondern eben nur Präsidentin der USA, schon das wäre im Falle von Harris schlimm genug. Doch Wagner schwärmt weiter: „Eine Frau, die die Oberkommandierende der größten militärischen Weltmacht der Erde ist, die den Geheimcode für Atomwaffen besitzt, die mit ihren Flugzeugträgern die Weltmeere beherrscht.“

Harris ist eine Frau, das dürfte stimmen. Margot Honecker war auch eine und ich hätte ihr Geheimcodes für Atomwaffen eher ungern anvertraut, ebenso wenig wie das Oberkommando über irgendwelche Truppen, nur weil sie eine Frau war. Ich darf daran erinnern, dass auch Angela Merkel und Ursula von der Leyen vermutlich weiblich sind und deutlich zeigen, dass das weibliche Geschlecht beim besten Willen keine Garantie für Qualität ist.

Deswegen ist Wagners folgender Satz „Die Welt in der Hand einer Frau“ nicht geeignet, mich zu beruhigen, vor allem dann nicht, wenn ich mir Harris’ schon erwähnte Erfolgsbilanz aus früheren Tätigkeiten vor Augen führe. Auch seine etwas stakkatohaft in die Diskussion geworfenen biografischen Informationen „59 Jahre alt. Kind von Einwanderern. Vater aus Jamaika. Mutter aus Indien“ machen die Sache nicht besser und nicht schlechter, denn es dürfte unzählige Frauen dieser Altersklasse geben, die Kind von Einwanderern sind, aber nicht zur nächsten amerikanischen Präsidentin hochgejubelt werden sollen. Oder geht es Wagner am Ende um eine bestimmte Herkunft, nämlich „Vater aus Jamaika. Mutter aus Indien“? Aber verehrte Bild-Zeitung, das wäre doch Rassismus in Reinkultur gegen alle Nachkömmlinge von Einwanderern aus China, Vietnam, Deutschland, Ungarn oder sonst wo. Hat das denn in der Redaktion keiner vorher gelesen?

Worauf es ihm wirklich ankommt, zeigen seine nächsten beiden Sätze: „Gesichtsfarbe Schwarz. Was für ein irrer, schöner Gedanke, eine schwarze Präsidentin der Vereinigten Staaten zu haben.“ Eine großartige Idee! Idi Amin war auch schwarz. Ist das ein Qualitätskriterium? Offenbar schon wieder ein klarer Fall von Rassismus, denn Wagner behauptet, aufgrund schwarzer Hautfarbe sei man für das Präsidentenamt qualifiziert – solange man gleichzeitig eine Frau ist, womit sich in schöner Eintracht zum Rassismus auch noch der Sexismus gesellt. Liest der Verfassungsschutz hier eigentlich mit?

Unser Briefeschreiber ist aber noch nicht am Ende seines Lateins. „Frauen haben, anders als Männer, keine Affinität zu Waffen,“ verrät er uns. Hat er sich in letzter Zeit einmal mit Marie-Agnes Strack-Zimmermann getroffen? Die würde ihm vielleicht etwas Anderes erzählen. Hat er schon einmal etwas davon gehört, dass derzeit etwa 40 % aller Soldaten der israelischen Armee Frauen sind? Und das nicht nur in Büros oder im Sanitätsdienst, sondern auch genau da, wohin auch ihre männlichen Kollegen geschickt werden, an der Front. Wagner zufolge sind das wohl keine Frauen, denen wurde bei der Geburt von der zuständigen Hebamme vermutlich das falsche Geschlecht zugewiesen.

Und weiter geht es: „Frauen schenken Leben.“ Es stimmt, das kommt häufig vor. Bei Kamala Harris allerdings nicht, sie hat zwei Stiefkinder. Das kann man ihr nicht vorwerfen, aber es macht das Argument – sollte es eines sein? – Wagners noch dünner, als es ohnehin schon ist. „Frauen waren als Krankenschwestern bei den Soldaten, die im Sterben lagen. Mama, sagten die Soldaten, als die Sanitäterin ihnen die letzte Zigarette in den Mund steckte.“ Sicher, alle Frauen waren in allen Kriegen im Sanitätsdienst und alle sind genau für den Pflegeberuf geboren, eben weil sie Frauen sind. Schlichteres Denken kann man sich kaum noch vorstellen.

Fast sind wir am Ende. „So eine Präsidentin sollte Kamala Harris werden“, lernen wir von Wagner. „Unsere Welt sollte liebevoller, herzlicher werden.“ Wie liebevoll und herzlich Kamala Harris zu agieren pflegt, zeigen die eindrucksvollen Beispiele aus ihrer Zeit als Staatsanwältin, das lässt Freude aufkommen. Und dass sich ihre Mitarbeiter noch vor dem Beginn der Vorwahlen 2020 „über einen schlechten Führungsstil“ beschwerten, lässt ebenfalls nicht zwingend auf liebevolle Herzlichkeit schließen.

Wagner schließt mit dem großartigen Satz: „Unsere Welt braucht eine Krankenschwester.“ Sieht man sich Figuren wie Biden, Putin und Selenskyj an, vom deutschen Personal ganz zu schweigen, dann braucht unsere Welt keine Krankenschwester.

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Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

Bild: Matthias Roehe/Shutterstock

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