Özdemir sei dreifache Zumutung für Landwirte. So Özdemir. Ein Ö im Namen als Stein des Anstoßes

Ein Gastbeitrag von Thomas Rießinger

Gelegentlich habe ich die Grüne Partei als „Partei des infantilen Totalitarismus“ bezeichnet und ihr etwas selektives Verständnis von Demokratie und Meinungsfreiheit dürfte auch heute noch die Bezeichnung rechtfertigen. Das ist aber nur ein Aspekt ihres so sympathischen Wesens, mit dem gleichen Recht hat sie wohl den Namen einer Partei der Weinerlichkeit verdient. Beispiele sind leicht zu finden. Erst im Dezember 2023 scheiterte bei der Wahl zum Berliner Landesvorstand Tanja Prinz, „die einzige Kandidatin für den Frauenplatz in der Doppelspitze“, in schöner Beharrlichkeit in drei Wahlgängen, um dann unter Tränen den Saal zu verlassen. Wahlen zu verlieren ist man bei den Grünen eben nicht gewohnt und etwas unschöne Bilder noch viel weniger, denn gleich darauf versuchten Mitglieder und Funktionäre der stets für Transparenz kämpfenden Partei, die Veröffentlichung eines entsprechenden Fotos zu verhindern: „Dieses Bild sollte offenbar nicht am bunten, fröhlichen Image der Öko-Partei kratzen.“

Besonders souverän pflegen sich Grüne dann zu verhalten, wenn sie auf Kritik stoßen. Auch die sind sie nicht gewohnt, denn der öffentlich-rechtliche Rundfunk und die ihnen gewogene Presse zeigen immer wieder ein großes Talent, noch den unglaublichsten grünen Unsinn als ökologischen Geniestreich zu feiern. Ich darf an die Affäre um Robert Habecks Staatssekretär Graichen erinnern, die deutlich den Umgang grüner Würdenträger mit aufkommender Kritik zeigte: „Kritik an den Grünen,“ war im Magazin Cicero zu lesen, „wird von Partei und Unterstützern verlässlich als (rechte) Kampagne abgetan“, und Habecks Auslassungen zum Thema konnte man nicht mehr anders benennen als „ein weinerlicher, unangemessen selbstbezogener Auftritt des Wirtschaftsministers der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt“.

Sie wollen doch nur spielen

Am Prinzip der Weinerlichkeit hat sich bis heute nichts geändert. Man denke nur an den angeblichen Sturm der Bauern auf die Urlaubsfähre des Wirtschaftsministers, der sich weigerte, seinen Arbeitgebern entgegenzutreten und sich für seine existenzvernichtende Politik zu rechtfertigen, sondern es vorzog, anschließend ein Video unters Volk zu bringen, in dem er über „Aufrufe mit Umsturzfantasien“ fabulierte, sich formierende extremistische Gruppen auszumachen glaubte und das offene Zeigen völkisch-nationalistischer Symbole beklagte, die außer ihm wohl kaum jemandem aufgefallen sind, schon gar nicht an der Landungsbrücke seiner Fähre. Dass er alle Schuld von sich wies und nicht etwa den verfassungswidrigen Haushalt seiner Regierung, sondern die Klage der Union für alles verantwortlich machte, passt ins Bild.

Sie wollen doch nur spielen, die lieben Grünen, und wenn dabei etwas schiefgeht, sind automatisch die anderen Kinder im Sandkasten schuld – wer daran zweifelt, ist ein böser Rechter mit Umsturzfantasien.

Auch unser Landwirtschaftsminister Cem Özdemir – das ist der Mann, dessen landwirtschaftliche Kenntnisse sich auf den Anbau von Hanfpflanzen auf seinem Balkon beschränken – verfügt über ein gewisses Talent zur Weinerlichkeit, das er vor Kurzem präsentieren durfte. In der Zeitung „Mannheimer Morgen“ hat er zum Thema der aktuellen Bauernproteste auf seine unnachahmliche Art Stellung genommen. Wer möchte, kann sich die gesamte Mischung aus Banalitäten und Verteidigungen gerne vollständig durchlesen, ich werde mich hier auf zwei Punkte beschränken.

Es ist lobenswert, dass er „grundsätzlich über die wichtige und notwendige Rolle der Landwirtschaft reden“ möchte. Allerdings will er im gleichen Atemzug Verbraucher und Landwirte gegeneinander ausspielen. „Wir haben ein massives Problem, wenn die Interessen von Verbrauchern und Landwirtschaft auseinandergehen. Der Verbraucher möchte mehr Tierwohl, mehr Klimaschutz, mehr Umwelt- und Artenvielfalt – und das ist auch richtig so. Aber er kauft nicht so ein, auch wenn er sich das leisten könnte. Über diese Diskrepanz müssen wir ehrlich reden.“ Jeder hat es schon erlebt. Steht man an einer Fleischtheke oder beim lokalen Metzger des Vertrauens, so reden alle nur darüber, dass sie mehr Tierwohl, mehr Klimaschutz und auch mehr Umwelt- und Artenvielfalt wollen. Ich muss gestehen, dass mir beispielweise das Thema Klimaschutz bisher an keiner einzigen Fleischtheke bei irgendeinem Kunden aufgefallen ist – „ und das ist auch richtig so“, um Özdemir noch einmal zu Wort kommen zu lassen. Und jemandem mit einem Ministereinkommen mögen die Fleischpreise als zu niedrig erscheinen, normale Menschen sind schon ausreichend damit beschäftigt, das nötige Geld zu verdienen, um die derzeitigen Preise aufbringen zu können.

Aber über den Marktpreis will der Minister das vermeintliche Problem ohnehin nicht lösen, das würde den Weg in eine Planwirtschaft nur stören. Immerhin könnte man daran denken, die Menschen zu entlasten, indem man auf sinnlose und ideologiegetränkte staatliche Ausgaben verzichtet und somit mehr Geld in den Taschen der Bürger lässt, das sie dann eventuell auch für Fleischprodukte verschiedenster Art ausgeben könnten. So denkt kein Grüner. „Wenn wir beispielsweise mehr Tierschutz im Stall wollen, muss das finanziert werden, etwa durch eine Tierwohlabgabe. Das würde eine maßvolle Belastung beim Fleisch bedeuten.“ Eine Tierwohlabgabe brauchen wir also, die würde das Problem lösen, zumindest das Problem, noch ein paar mehr Gefolgsleute auf gutbezahlten Bürokratenstellen unterzubringen, denn die Abgabe muss ja verwaltet, die Verteilung muss geregelt, der Plan muss überwacht werden. Was er Tierwohlabgabe nennt, wäre wohl eher eine Bürokratiesteigerungsabgabe – natürlich auf Kosten der Kunden an der Fleischtheke.

Dreifache Zumutung für die Landwirte

Verlassen wir die planwirtschaftlichen Fantasien und wenden uns Özdemirs Einschätzung der Landwirte zu, bei der er seinen Weinerlichkeitskoeffizienten beträchtlich in die Höhe treibt. Eine dreifache Zumutung sei er für die Landwirte: „Ich habe ein Ö im Namen, also türkische Wurzeln, bin Vegetarier und auch noch Grüner.“ Ich erlaube mir, mit dem letzten Teil zu beginnen: Özdemir ist Grüner. Das allein wäre ja nur sein Problem, mit dem er fertig werden muss, aber leider ist er auch noch ein Grüner in der Regierung und schon seine Abgabenfantasien zeigen, dass das ein echtes Problem nicht nur für ihn ist. Aber warum denn eigentlich für die Landwirte? Hatten sich die Grünen nicht einmal den Umweltschutz auf die Fahnen geschrieben? Ja, das hatten sie, aber das ist lange her, und der inzwischen von ihnen als hysterisiertes Dauerthema erkorene angebliche Klimaschutz hat mit dem Schutz von Umwelt und Natur nichts zu tun, nur mit dem Ruin der Wirtschaft und der Verarmung der Deutschen. Wäre ein Grüner noch ein Grüner und würde sich um Naturschutz kümmern, müsste er auch keine Zumutung für Landwirte darstellen, die in und mit dieser Natur leben und arbeiten. Im Übrigen scheint er auch die Existenz des sogenannten ökologischen Landbaus übersehen zu haben; vielleicht weiß er auch nicht, dass es ihn gibt. „Im Jahr 2022“, teilt uns das Umweltbundesamt mit, „bewirtschafteten insgesamt 36.912 Betriebe (14,2 % aller Betriebe) eine Fläche von 1.859.842 ha ökologisch.“ Fast 37.000 Betriebe im ökologischen Landbau, auch die gehören zu den Landwirten, für die Özdemir eine Zumutung sein soll, weil er ein Grüner ist. Schon dieser Teil seiner „Keiner hat mich lieb“-Attitüde ist nur unter Zuhilfenahme mancher landwirtschaftlicher Produkte wie zum Beispiel Rotwein zu ertragen.

Kommen wir zum zweiten Teil von Özdemirs Selbstbezichtigung: Vegetarier ist er und das macht ihn zur Zumutung für die Landwirte. Ja sicher, vegetarische Produkte kommen aus dem Bio-Laden, vielleicht auch aus dem Supermarkt, sofern man kein Minister oder Regierungsdirektor ist, aber mit Landwirtschaft haben sie rein gar nichts zu tun. Oder vielleicht doch? Nach meinem beschränkten Wissensstand eines Nicht-Vegetariers pflegt man sich in vegetarischen Kreisen gerne von Obst, Gemüse und Getreideprodukten zu ernähren. Bei „Statista“ kann jeder, der kein Landwirtschaftsminister ist, nachsehen, dass es im Deutschland des Jahres 2022 mehr als 7.500 landwirtschaftliche Betriebe im Gemüseanbau gab. Und Özdemirs eigenes Ministerium verbreitet die Information: „Rund 156.000 landwirtschaftliche Höfe haben im Jahr 2022 Getreide zur Körnergewinnung angebaut.“ Für die ist selbstverständlich ein Vegetarier im Amt des Landwirtschaftsministers eine Zumutung. Den Grund dafür weiß vielleicht Özdemir, sonst weiß ihn keiner.

Ein Ö im Namen

Die schönste Zumutung von allen habe ich mir für den Schluss aufgehoben: „Ich habe ein Ö im Namen, also türkische Wurzeln.“ Das hat sich Katrin Göring-Eckardt vermutlich auch schon oft gedacht, die täglich aufgrund des Buchstabens Ö in ihrem Namen mit ihrer türkischen Herkunft konfrontiert wird, auch wenn sie keine hat. Auch jeder Österreicher, dessen Staatsangehörigkeit sogar wie der Name „Özdemir“ mit einem Ö beginnt, muss sich schließlich andauernd von der Frage behelligen lassen, ob denn die Türken im Jahre 1683 die Schlacht am Kahlenberg nicht doch gewonnen und Wien eingenommen hatten – wie sonst sollte sich wohl das provozierende „Ö“ erklären lassen?

Ich will nicht ausschließen, dass Özdemir mit seiner seltsamen Alphabet-Interpretation nur etwas verdeutlichen oder gar seinen Humor zeigen wollte, der sich vermutlich nicht jedem erschließt. Aber was ist nun der Inhalt seiner Aussage? Im Zusammenhang zitiert: „Mit mir haben es die Landwirte natürlich schwerer, weil ich eine dreifache Zumutung bin: Ich habe ein Ö im Namen, also türkische Wurzeln.“ Eine seiner drei Zumutungen für die Landwirte besteht also darin, dass er türkische Wurzeln hat. Seine türkischen Wurzeln können aber nur dann eine Zumutung sein, wenn die Bauern grundsätzlich der Auffassung sind, dass ein Türke nichts auf einem Ministersessel verloren hat. Denn es geht hier nicht um seine Qualifikation, es geht nicht um seine Ausbildung, auch nicht um seine Hanfpflanzen – es geht einzig und allein um seine türkischen Wurzeln, die seiner Ansicht nach für die Landwirte eine Zumutung darstellen. Doch wie nennt man es, wenn jemand glaubt, mit türkischen Wurzeln gehöre man nicht in eine Führungsposition? Ganz recht, das nennt man Rassismus, erst recht dann, wenn man ein Grüner ist.

Und das bedeutet, dass Minister Özdemir der versammelten Bauernschaft antitürkischen Rassismus unterstellt: Wäre ihnen seine Herkunft egal, müssten seine türkischen Wurzeln keine Zumutung sein. Jeder, aber auch wirklich jeder einzelne Bauer darf also annehmen, dass der Landwirtschaftsminister ihm seinen ganz persönlichen Rassismus andichten will, eben weil er Bauer ist und Bauern die türkischen Wurzeln eines Landwirtschaftsministers als Zumutung betrachten. Werfen wir doch einmal einen Blick auf den ersten Absatz des § 130 StGB, der sich mit dem Tatbestand der Volksverhetzung befasst. „Wer in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören,

1.

gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihre ethnische Herkunft bestimmte Gruppe, gegen Teile der Bevölkerung oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt, zu Gewalt- oder Willkürmaßnahmen auffordert oder

2.

die Menschenwürde anderer dadurch angreift, dass er eine vorbezeichnete Gruppe, Teile der Bevölkerung oder einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer vorbezeichneten Gruppe oder zu einem Teil der Bevölkerung beschimpft, böswillig verächtlich macht oder verleumdet,

wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.“

Teil 1 spielt für Özdemirs Äußerung keine Rolle. Aber die Bauern sind mit Sicherheit ein Teil der Bevölkerung, und genau diesen Bevölkerungsteil, die Gruppe der Landwirte, hat er beschimpft und verleumdet, weil Bauern nach seinen Worten mit antitürkischem Rassismus behaftet sind. Dadurch hat er die Menschenwürde der Landwirte angegriffen, ganz im Sinne von Teil 2. Und selbstverständlich handelt es sich um eine „Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören“, schließlich hat er das nicht zu Hause beim vegetarischen Mittagessen gesagt, sondern im Interview mit einer Zeitung; das können insbesondere die attackierten Landwirte lesen und niemand weiß, welche Auswirkungen auf den öffentlichen Frieden damit entstehen könnten.

Mir scheint, Özdemir hat sich hier in genau die Falle begeben, die Grüne und sonstige Linke so gerne für ihre politischen Gegner aufstellen: in die Falle des Volksverhetzungsparagraphen. Ich mache mir keine Illusionen. Kein Staatsanwalt wird Anklage erheben – nicht etwa deshalb, weil dieser Paragraph einen unsäglich schwammigen Tatbestand beschreibt, den die jeweils Mächtigen ganz in ihrem Sinne ausnutzen können, sondern weil deutsche Staatsanwälte dem jeweiligen Justizminister unterstehen. Die Justizorgane sind nicht besser als ihre politische Leitung und können es nicht sein.

In seinem Roman „Der Zauberberg“ beschreibt Thomas Mann den Husten eines Tuberkulosekranken in seiner unvergleichlichen Sprache als einen Husten, „mit dem verglichen jeder andere ihm bekannte Husten eine prächtige und gesunde Lebensäußerung gewesen war, – ein Husten ganz ohne Lust und Liebe, der nicht in richtigen Stößen geschah, sondern nur wie ein schauerlich kraftloses Wühlen im Brei organischer Auflösung klang.“ Besser kann man die Politik der Ampelkoalition nicht beschreiben: ein schauerlich kraftloses Wühlen im Brei politischer Auflösung. Und weil sie nichts können, nicht einmal Kritik vertragen, versinken ihre Träger in Weinerlichkeit und Selbstmitleid, verwechseln ihre eigene katastrophale Regierung mit dem Staat und unterstellen jedem Kritiker, er sei rechtsextrem, da sie andere Argumente nicht mehr haben.

„Hypersensibilität bedeutet, dass man mehr leidet, obwohl man weniger Grund dazu hat“, schreibt der Kommunikationswissenschaftler Norbert Bolz. Genauso sind sie, unsere infantil-politischen Mimosen. Ob wir es noch erleben werden, dass wieder Erwachsene die Politik bestimmen, wage ich zu bezweifeln.

Auf Ihre Mithilfe kommt es an!

Auf meiner Seite konnten Sie schon 2021 lesen, was damals noch als „Corona-Ketzerei“ galt – und heute selbst von den großen Medien eingestanden werden muss. Kritischer Journalismus ist wie ein Eisbrecher – er schlägt Schneisen in die Einheitsmeinung.

Dafür muss man einiges aushalten. Aber nur so bricht man das Eis. Langsam, aber sicher.

Diese Arbeit ist nur mit Ihrer Unterstützung möglich!

Helfen Sie mit, sichern Sie kritischen, unabhängigen Journalismus, der keine GEZ-Gebühren oder Steuergelder bekommt, und keinen Milliardär als Sponsor hat. Und deswegen nur Ihnen gegenüber verpflichtet ist – den Lesern!

1000 Dank!

Per Kreditkarte, Apple Pay etc.

Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501

BITCOIN Empfängerschlüssel auf Anfrage

Mein aktuelles Video

Habeck dechiffriert: Hass und Hetze vom Vizekanzler in seiner Rede zu den Bauer-Protesten.


Bild: penofoto/Shutterstock

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Thomas Rießinger ist promovierter Mathematiker und war Professor für Mathematik und Informatik an der Fachhochschule Frankfurt am Main. Neben einigen Fachbüchern über Mathematik hat er auch Aufsätze zur Philosophie und Geschichte sowie ein Buch zur Unterhaltungsmathematik publiziert.

 

Mehr von Thomas Rießinger auf reitschuster.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert