Momentaufnahmen einer wirren Republik Eine Rückkehr ins Mittelalter

Ein Gastbeitrag von Gunter Weißgerber. Weißgerber war Redner der Leipziger Montagsdemonstrationen 1989/90, Mitbegründer der Ost-SPD, Mitglied der freigewählten Volkskammer 1990, Mitglied des Deutschen Bundestages 1990–2009.

Lebensmittel

„Die Zeit billiger Lebensmittel ist vorbei“, jubelte die frühere grüne Agrarministerin Renate Künast am 14. Juni 2022 vor dem Hintergrund der steigenden Nahrungsmittelpreise durch den russischen Überfall auf die Ukraine.

Gehörte es bis vor wenigen Jahren in Deutschland für die politische Klasse noch zu den Tugenden, um soziales Wohlergehen und um Arbeitsplätze zu kämpfen, so herrscht inzwischen grünerzieherische Unverfrorenheit vor. Die Nahrungsmittelpreise können für die Grünen nicht hoch genug sein! Die Bevölkerung wird nach der grünen Agenda umerzogen und fast alle Parteien machen als Schafherde mit. Die Menschen sollen vegan leben und auf das lebensnotwendige Fleisch verzichten. Erreichen wollen die Grünen das mit Hilfe von unbezahlbaren Fleischpreisen und staatlich geförderten niedrigen Preisen für pflanzliche Lebensmittel. Grün ist extremistisch unsozial.

'Furzsteuer' gegen Rinderhaltung


Das Umweltbundesamt, ein grünes Refugium, führt einen Feldzug gegen die Viehhaltung. Die Landwirte sollen wegen des Methan-Ausstoßes ihrer Herden künftig CO2-Steuer bezahlen! Was die Preise für tierische Lebensmittel zusätzlich erhöhen und die Viehhaltung dem Untergang weihen würde. Die Grünen haben im Glauben, die Weltgeschicke allein bestimmen zu können, jegliches Schamgefühl verloren. Sie wollen die Welt retten, egal was es kostet und ob am Ende der Mensch überhaupt noch Platz in ihr hat.

Die selbstverschuldete Energiekrise


Deutschland drehte nach dem Seebeben von Fukushima ins energetische Nirwana ab. Raus aus den stabilen Energieträgern Atom und Kohle, rein in die Flatter-Energien Sonne und Wind. Die Folgen sind katastrophal, auch für alle anderen EU-Mitglieder. Stürzt Deutschland ab, ist alles andere nur schwer zu halten.

Nicht umsonst holt sich der deutsche Wirtschaftsminister Habeck, ein Dunkelgrüner, überall bei seinen EU-Kollegen eine Abfuhr, wenn er um Gaslieferung bittet. Seine Kollegen sagen, Deutschland betreibt die dümmste Energiepolitik der Welt und hofft auf die Hilfe der Nachbarn, falls das schiefgeht.

Habecks Kollegen erwarten von ihm, dass er seine Hausaufgaben macht, und die sind Autarkie in der Energieversorgung: Nutzen der Atomkraft, der Kohlevorräte, deutsches Fracking-Gas, Wasserkraft und ergänzende Energiegewinnung aus Sonne und Wind. Falls Deutschland zur energetischen Vernunft zurückkommt, kann es auch wieder mit europäischem Verständnis rechnen.

Im Moment besitzt Deutschland ein „doppeltes“ Energiesystem mit folgerichtig doppelten Preisen. Doppelt deshalb, weil jede Kilowattstunde Sonne- und Windenergie in derselben Größenordnung mittels „Backup“-Gaskraftwerken abgesichert werden muss: Je mehr Solar- und Windparks, umso mehr Gaskraftwerke … und das in Zeiten der Gasknappheit durch den russischen Krieg. Wie gesagt, die dümmste Energiepolitik der Welt und ergänzend bleibt festzustellen: auch die unsozialste Energiepolitik der Welt.

Elektrische Heizkörper und E-Mobilität


Die Deutschen haben Angst vor dem kommenden Winter. Falls der sich nicht an die globale Erwärmung hält und lieber doch kalt wird. Die Deutschen decken sich mit Elektroheizkörpern ein, um mögliche Wärmeversorgungsprobleme abfedern zu können. Wenn dann in Herbst und Winter diese Geräte alle zugeschaltet werden, wird es ganz schnell dunkel in Deutschland. Die völlig überlasteten Netze werden sich in die reale Welt von Blackouts verabschieden. Tanken dann noch viele Elektroautofahrer ihren Strom und scheint weder die Sonne oder weht kein Wind, beides soll in der Natur vorkommen, dann ist Deutschland ganz schnell dort, wo die Grünen es haben wollen: Zurück zur Natur, im Urwald ist immer Blackout.

Die Energiebilanz der Windkraft


Der frühere Vizefraktionschef der CDU/CSU-Fraktion und Diplom-Mathematiker Arnold Vaatz rechnet bei der Windkraft nach. Ihn interessiert, wie viel Strom produziert sie und wie viel Energie entzieht sie den unteren Luftschichten? Er kommt auf erstaunliche Zahlen.
 2021 lieferten die deutschen Windräder eine Leistung von 113.000 GWh in die Netze. Bei einem Wirkungsgrad von 50 Prozent haben die dafür 226.000 GWh Energie den unteren Luftschichten entzogen. Arnold Vaatz geht in dieser Betrachtung auf interessante Weise weiter und nimmt sich des TNT-Äquivalentes an. Bekanntlich ist eine Kilotonne TNT-Äquivalent die Energie, die bei der Explosion von eintausend Tonnen Trinitrotoluol freigesetzt wird. Die den unteren Luftschichten entzogene Energie von 226.000 Gigawattstunden entspricht damit ungefähr 194.000 Kilotonnen TNT-Äquivalent. Was wiederum dem TNT-Äquivalent von rund 15.500 Hiroshimabomben entspricht. Auf Wochen und Wahlkreise der Bundestagsabgeordneten heruntergerechnet ergibt das je Wahlkreis und Woche eine Hiroshimabombe an Energieentzug in den unteren Luftschichten. Ob und wie das Auswirkungen auf Wetter und Klima hat, ist sicher noch spekulativ, untersucht werden muss auch dieser Aspekt. Zumal es weltweit inzwischen Gutachten gibt, die den Wind- und Sonnenparks Mitverantwortung an regionaler Trockenheit und bodennaher Erwärmung (Bodenversiegelung) geben.

„Früher, in Vor-Merkel-Zeiten gehörte es zu den Bildungsstandards, dass es keine Energieerzeugung, sondern nur Energieumwandlung gibt und folgerichtig die Sprüche von erneuerbarer Energie Nonsens sind. Diese Vorgänge sind physikalisch begründet und folgen den Hauptsätzen der Thermodynamik, können anschaulich erklärt werden. Allerdings sollte man dafür wenigstens physikalische Grundkenntnisse haben. Jede Form von Energieumwandlung hat Folgen für die Umwelt, sogar auch soziale Folgen. Folglich hat eine fortgeschrittene Industriegesellschaft die Möglichkeit, zwischen gewünschten und nicht gewünschten Effekten zu unterscheiden und sich die günstigste Energieumwandlungsform auszusuchen.“ (Christian Müller, SPD-MdB 1990-2005)

Der öffentliche Personen-Nahverkehr muss nicht günstiger werden

In Deutschland wird um ein landesweites Regionalticket für die Bahn diskutiert. Zu einem Einheitspreis für alle Nahverkehrsstrecken und Entfernungen. Angeblich würden viele Deutsche für zwischen 60 und 90 EUR monatlich die Gelegenheit nutzen. Was bei dem Preis wenig glaubhaft scheint. Auch die meisten Deutschen wissen inzwischen nicht, ob ihr Budget bis zum Monatsende reicht. Vor diesem Hintergrund verstieg sich ein Dresdener Verkehrsforscher dieser Tage (Leipziger Volkszeitung 11.08.2022) zu folgendem abgehobenen Satz: „Wir müssen schauen, wie wir mehr Menschen in den Nahverkehr bekommen und nicht unbedingt, wie er günstiger wird.“ Dieser Verkehrsforscher der Technischen Universität Dresden ist sicher sehr gut bezahlt und kennt die Probleme seiner Mitbürger nicht.


Seebeben in den Öffentlich-Rechtlichen Medien


Die 8-Milliarden-EURO-Medienmacht ARD/ZDF kommt endlich ins Schwimmen. Das Wasser steht an der Oberkante der Unterlippe und schwappt bereits in den ewig durstigen Rachen. Seit Merkels Konkubinat zwischen Regierung und staatlichen Medien stehen die Fernsehanstalten erstmalig im öffentlichen Blickpunkt und kommen so schnell nicht wieder da heraus. Es stehen Durchlüftung und Umbau an. Ob, wie in Frankreich, die hohen Zwangsgebühren für diese Medien abgeschafft werden, steht in den Sternen. Zu wünschen wäre es. Die gegenseitige anrüchig scheinende Abhängigkeit von Exekutive und Vierter Gewalt (Medien) hat unerträgliche Ausmaße erreicht. Immer weniger Deutsche tun sich das staatliche Umerziehungsfernsehen an.

Den Stein ins Rollen brachte die Korruptionsaffäre um die vormalige ARD-Chefin Schlesinger, der Vetternwirtschaft und sehr laxer Umgang mit den Regeln vorgeworfen wird. Aus dem möglichen „Fall Schlesinger“ scheint seit einigen Tagen ein „Fall Öffentlich-Rechtliche Medien“ zu werden.

Gendern und Haltung im Springer-Verlag


Der Springer-Verlag war bislang das konservative Flaggschiff der deutschen Medienlandschaft. „Welt“ und „Bild“ sind seine wichtigsten Blätter in Millionenauflage. Nun hat die grüne Gendertransformationsbewegung auch das Haus Springer erreicht und erwartet bedingungslose Unterstützung. 
Ralf Schuler, „Bild“-Parlamentsredaktionschef in Berlin hat deshalb gekündigt. Als Journalist steht er keiner politischen Bewegung ‘fest zur Seite‘ und hält dies auch ganz grundsätzlich NICHT für die Aufgabe von Journalisten.

Deutschland und das Mittelalter. Eine Rückkehr

Energiewende, Verkehrswende, Agrarwende, Ernährungswende, Geschlechterwende und Zuwanderwende sind Wegemarken eines einzigartigen Abgangs eines funktionierenden hochentwickelten Staates in ein dysfunktionales Kartenhaus. Wer einen Staat umstülpt, erhält ein umgestülptes existenziell gefährdetes Zerrbild zurück.

Henry Morgenthau wollte Nazi-Deutschland nach 1945 in unbedeutendes Agrarland verwandeln. Sein Präsident war klüger und gab zumindest Westdeutschland die Chance, ein wirtschaftlich bedeutender Staat zum gegenseitigen Vorteil zu werden. Die weltweiten Grünen sind Morgenthaus beste Schüler. Hüten wir uns vor ihnen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Gunter Weißgerber war Montagsdemonstrant in Leipzig, Mit-Gründer der Ost-SPD und saß dann 19 Jahre für die SPD als Abgeordneter im Deutschen Bundestag. 2019 trat er aus der Partei aus. Der gelernte Bergbauingenieur ist heute Publizist und Herausgeber von GlobKult. Im Internet zu finden ist er unter www.weissgerber-freiheit.de.

Bild: Shutterstok
Text: Gast

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