Nach Ende der Maskenpflicht: 7-Tage-Inzidenz im freien Fall Bundesländer mit hohen Impfquoten weisen höchste Inzidenzen aus

Von Kai Rebmann

Der 2. April 2022 war für die Zeugen Coronas um Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zweifelsohne ein schwerer Tag. Dieses Datum läutete das Ende der Maskenpflicht und vieler weiterer Maßnahmen ein, die den Menschen hierzulande von der Bundesregierung im Zuge der Corona-Pandemie auferlegt worden waren. Der “Mund-Nasen-Schutz“ war vielen Deutschen zum liebgewonnenen Symbol der Gehorsamkeit geworden und nur wenige von ihnen konnten (oder wollten) sich noch vor wenigen Wochen ein Leben ganz ohne Maske vorstellen. In einer im Zeitraum 4. – 6.4.2022 durchgeführten Umfrage gab eine deutliche Mehrheit der deutschen Bevölkerung an, auch weiterhin eine Maske tragen zu wollen. Am größten war die Zustimmung bei den Anhängern der Grünen (93 Prozent), gefolgt von den Anhängern der SPD (90 Prozent), CDU/CSU (84 Prozent) und der FDP (61 Prozent). Lediglich bei den AfD-Anhängern gab eine Mehrheit (59 Prozent) an, künftig auf das Tragen der Maske verzichten zu wollen. Anhänger der Linken scheint es keine mehr zu geben oder sie wurden nicht gefragt – jedenfalls tauchen sie in der Umfrage nicht auf.

Zwei Wochen nach dieser Umfrage und vom Wegfall der Maskenpflicht völlig unbeeindruckt, befindet sich die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland nicht nur weiter im freien Fall, sondern rauscht sogar immer schneller in den Keller. Interessant ist auch die Wahl der Begriffe, mit denen einige Zeitungen die Corona-Politik der Bundesregierung unterstützen und ihre Leser für dumm verkaufen wollen. Anfang dieses Jahres, als die 7-Tage-Inzidenz täglich etwa in 50er-Schritten zunahm, war von der „Omikron-Wand“ (WDR, 21.1.22) und einem „rasanten Anstieg“ (Siegener Zeitung, 25.1.2022) die Rede. Jetzt, wo die 7-Tage-Inzidenz seit einigen Wochen in ähnlich großen oder teilweise sogar größeren Schritten sinkt, schreibt z.B. die „Zeit“ am 8.4.22, dass sich die Corona-Infektionslage in Niedersachsen und Bremen „ganz langsam entspannt“. Direkt im nächsten Satz wird darauf hingewiesen, dass die 7-Tage-Inzidenz in Niedersachsen auf 1.435,8 (Vortag: 1.490,5) gesunken sei.

Der bundesweite „Peak“ der sogenannten „Omikron-Wand“ wurde am 24.3.2022 erreicht, als die 7-Tage-Inzidenz in Deutschland bei 1.943 lag. Seither sinkt die Inzidenz in etwa demselben Tempo, wie sie zuvor seit Jahresbeginn gestiegen war. Lauterbach hat seinen Traum vom Maskenzwang in Deutschland indes noch nicht aufgegeben. Gegenüber der „BamS“ spekulierte der Gesundheitsminister wie so oft ins Blaue und kündigte für den Herbst die Möglichkeit eines Comebacks der Masken an: „Dann steigen die Fälle, dann gibt es wahrscheinlich neue Mutationen, oder die Fallzahl mit Omikron-Infektionen steigt stark. Deshalb müssen wir bis dahin das Infektionsschutzgesetz noch einmal überarbeiten.“ Was denn nun, neue Mutationen oder doch wieder (oder immer noch) Omikron? Egal, Lauterbach will seine Maskenpflicht offenbar in jedem Fall zurück.

Zusammenhang zwischen hoher Impfquote und hoher 7-Tage-Inzidenz?

Im Spätjahr 2021 wurden Bundesländer wie Sachsen aufgrund ihrer niedrigen Impfquote bei gleichzeitig hoher 7-Tage-Inzidenz an den öffentlichen Impf-Pranger gestellt. Am 23.11.21 verzeichnete Sachsen (970) einen der bundesweit höchsten Werte, während die deutschen „Impf-Meister“ Bremen (< 150) und Saarland (364) in den höchsten Tönen gelobt wurden. In einem entsprechenden Artikel des Statista-Autors Matthias Janson wurde dem Leser ein Zusammenhang zwischen diesen beiden Faktoren ganz offen suggeriert. Nur wenige Wochen später, Anfang Januar 2022, begann der Wind sich zu drehen und die fünfte Corona-Welle begann ausgerechnet beim Musterschüler Bremen. Von einem möglichen Zusammenhang zwischen Impfquote und 7-Tage-Inzidenz wollte plötzlich niemand mehr etwas wissen und die Mainstream-Medien versuchten, die sich abzeichnende Entwicklung zu relativieren. „Bremen ist etwas weiter in der ganzen Pandemie-Entwicklung oder epidemischen Entwicklung in Deutschland. Wir haben jetzt halt schon sehr hohe Inzidenzen, aber man muss nur auf die Zahlen auch deutschlandweit schauen. Das wird sich recht schnell ändern, also wir werden, gehe ich mal davon aus, recht bald eingeholt werden, die Zahlen gehen überall hoch“, gab der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb am 7.1.22 gegenüber der Tagesschau zu Protokoll.

Inzwischen hat sich die Prognose des Experten als nicht zutreffend erwiesen. Laut Impfdashboard (Stand: 19.4.22, 9:08 Uhr) liegen bezüglich der Quote der „Grundimmunisierten“ folgende Bundesländer an der Spitze: Bremen (89,3 Prozent), Hamburg (83,2 Prozent) und Saarland (82,4 Prozent). Am anderen Ende befinden sich Thüringen (70,4 Prozent), Brandenburg (69,1 Prozent) und Sachsen (64,6 Prozent). Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den „Geimpften mit Auffrischungsimpfung“: Schleswig-Holstein (72,3 Prozent), Saarland (66,3 Prozent), Bremen (65,2 Prozent) … Brandenburg (52,2 Prozent), Thüringen (52,0 Prozent), Sachsen (48,4 Prozent).

Sowohl Bremen und Saarland, die in den beiden Kategorien „Grundimmunisierte“ und „Geimpfte mit Auffrischungsimpfung“ einen Platz auf dem Podium belegen, als auch Hamburg und Schleswig-Holstein, die sich zumindest je eine Impf-Medaille sichern konnten, liegen bei den heute (19.4.22) vom RKI veröffentlichten 7-Tage-Inzidenzen in der oberen Tabellenhälfte – oder der unteren, je nach Betrachtungsweise. Bremen (808,8) musste die Führung der inoffiziellen „Deutschen Inzidenz-Meisterschaft“ inzwischen zwar an das Saarland (968,8) abgeben, liegt auf Platz 5 aber weiter aussichtsreich im Rennen. Hamburg (863,2) belegt den 2. Platz, während sich Schleswig-Holstein (727,9) auf Platz 8 im Verfolgerfeld eingerichtet hat. Die impffaulen Bundesländer Brandenburg (364,4), Sachsen (437,0) und Thüringen (521,9) haben dagegen den Anschluss an das Inzidenz-Peloton verloren und belegen die Plätze 12 (Thüringen), 14 (Sachsen) und 15 (Brandenburg). Nur Berlin (357,7) ist noch etwas schlechter bzw. besser.

PS von Boris Reitschuster: Fragen zu so brisanten neuen Zahlen wie denen oben müssen auf der Bundespressekonferenz gestellt werden. Leider herrscht dort aber Schweigen. Im Gegenteil – man bekommt den Eindruck, dort spielen sich Journalisten und Regierung die Bälle zu. Das darf nicht so bleiben! Unterstützten Sie mich bei meinem juristischen Vorgehen gegen meinen Ausschluss – damit ich künftig auch wieder für Sie die Finger in die Wunde legen kann. Und sichern sie kritischen Journalismus, der den Regierenden weh tut, statt ihnen zu schmeicheln: Via Paypal, Überweisung oder Patenschaft.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons)
Text: kr

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