„Nichts passiert“: NRWs CDU-Innenminister verharmlost Amoklauf Reul macht erschütternde Aussagen zu den brutalen Taten eines Syrers in Essen

Ganz ehrlich: Ich verstehe unsere Politiker nicht mehr. Es fällt mir immer schwerer, nachzuvollziehen, was in den Köpfen von vielen Verantwortlichen vorgeht. Anders als mit einer tiefen Realitätsflucht und Verdrängung kann ich mir vieles nicht mehr erklären. Das jüngste Beispiel – Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul von der CDU. Der Mann, der noch vor kurzem plötzlich, nach vielen, vielen Jahren des Wegsehens, das Thema „Ausländerkriminalität“ für sich entdeckt hat – offenbar weniger aus Überzeugung denn aus Angst vor der AfD.

Was der Christdemokrat jetzt zu dem Amoklauf von Essen sagte, hat mich umgehauen. Zur Erinnerung: In der Stadt, deren Oberbürgermeister sich ganz dem Kampf gegen die AfD verschrieben hat (und offenbar weniger dem gegen Gewaltimport und die zunehmend unhaltbaren Zustände in seiner Stadt), hat am Samstag ein Syrer mit Vorstrafenregister für Angst und Schrecken gesorgt. Er legte Feuer in Wohnhäusern, fuhr mit einem Transporter in einen Laden, attackierte Menschen mit einer Machete. 31 Menschen wurden verletzt, vier Kinder schwer, zwei waren in Lebensgefahr.

Und genauso wie Familienministerin Paus von den Grünen, die den Amoklauf unter Beziehungskriminalität abtat, verharmlost jetzt der Christdemokrat Reul die Tat auf unerträgliche Weise. In einem Interview mit dem Fernsehsender der „Welt“ spricht er nicht etwa von Gewaltimport, von Ausländerkriminalität, von den Ängsten der Menschen und der allgemeinen Bedrohungslage. Nein, er sagt wörtlich auf die Frage, ob ihm diese Entwicklung mit einer hohen Gefährdung und auch mit vielen Verletzten Sorgen mache: „Ja, aber die gibt es immer schon. Die sind auch nicht neu, dass Menschen, weil sie private Rachegelüste haben, quasi Amok laufen, um es ein bisschen unsauber zu formulieren. Und dass da alle Mittel eingesetzt werden, ist in der Vielfalt vielleicht neu. Aber sowas gab’s immer.“

Der Reporter fragt weiter: „Was mir so persönlich auffällt, ist, da war wieder eine Machete im Spiel. Also Messer und Macheten und so weiter. Ich habe so was nicht zu Hause im Küchenschrank liegen. Ist das auch irgendwie eine Situation, die einem Sorge bereitet oder war das schon immer ein Problem?“

Darauf Reul: „Nein, das war immer ein Problem.“

Wie bitte?

In welcher Welt leben Sie, Herr Reul?

Lesen Sie gelegentlich Zeitung?

Der Minister relativiert dann zwar etwas, aber das macht die Sache nicht besser. Er fügt hinzu: „Oder ist jetzt besonders ein Problem, weil offensichtlich viele Menschen Messer und ähnliche Geräte ja nicht nur zu Hause liegen haben, sondern auch mit sich rumschleppen.“

Aha, die Messer sind also schuld!

Und dass sie für Gewalt missbraucht werden, ist offenbar unvermeidlich in der Gedankenwelt des Christdemokraten: „Und wenn die mit sich herumgeschleppt werden, ist die Gefahr groß, dass die angewandt werden, genutzt werden.“

Zu dem Amoklauf mit den 31 Verletzten, darunter vier schwerverletzten Kindern, von denen sogar zwei in Lebensgefahr waren, sagte Reul dann noch: „Da ist ja Gott sei Dank nichts passiert, kann man ja sagen.“

Wie bitte?

Wie zynisch ist das denn!

Weiter führt der Christdemokrat unbewegt aus: „Also das Gefährliche war der Brand.“

Aha, also nicht der hochaggressive Syrer in Palästinenser-Farben mit der Machete, sondern das Feuer selbst.

Dann macht der Christdemokrat sich in unerträglicher Arroganz noch faktisch über eines der Opfer lustig. „Und, gut, derjenige, dem die Schaufensterscheibe kaputt gefahren worden ist, findet das auch nicht lustig.“

In der Tat.

Am Ende wiederholt Reul noch mal: „Aber da ist ja Gott sei Dank dann nichts passiert.“

Wenn es Ihnen geht wie mir und Sie all das nicht glauben können – sehen Sie sich hier das Video an.

Reul redet sich die Realität schön, weil es zu anstrengend für ihn wäre, ihr ins Auge zu sehen. Weil er dann zugeben müsste, zu lange weggesehen zu haben. Und mit diesem Wegsehen mitverantwortlich geworden zu sein.

Man könnte nun sagen – Reul hat sich unglücklich ausgedrückt. Aber das lasse ich nicht gelten. Ein Versprecher, eine unglückliche Redewendung – okay. Aber Reul drückt in dem ganzen Interview aus, dass er die Tat nicht allzu ernst nimmt.

Dem 72-Jährigen ist bei dem Auftritt deutlich anzusehen, dass er – ich versuche es diplomatisch auszudrücken – seine besseren Tage hinter sich hat. Er hätte es verdient, seinen Ruhestand zu genießen. Ganz offen gestanden: Würde ich jemanden wie ihn am Steuerknüppel eines Flugzeugs sehen, hätte ich kein gutes Gefühl.

Mit jemandem wie ihm am „Steuer“ der Polizei eines ganzen Bundeslandes ist dieses Gefühl noch schlechter.

Das Problem ist aber, dass der Christdemokrat kein Einzelfall ist – sondern eher die Regel. Das Interview wird keinerlei Konsequenzen haben, der grün angehauchte CDU-Ministerpräsident und Merkel-Jünger Hendrik Wüst wird nicht einmal daran denken, ihn zu entlassen.

Dabei geht das Problem weit über die beiden Männer hinaus: Realitätsverweigerung und Verdrängung ist in Deutschland eine Konstante in Politik und Medien. Mir bleibt nur noch ein bitteres Fazit: Eine Gesellschaft, die alle politische Verantwortung Ideologen überträgt, die sich die Realität zurechtbiegen, und Opportunisten, die aus Feigheit und Ämtergeilheit mit den rot-grünen Wölfen heulen, hat es nicht besser verdient.

PS: Erst dieser Tage fragte mich ein alter Bekannter in einer Zuschrift, warum ich so kritisch der CDU gegenüber bin. Ich denke, dieser Artikel ist ein Teil der Antwort. Ich wünsche mir die Vor-Merkel-CDU zurück.

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sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Bei uns ist es wohl eher ein guter Anwalt – und der kostet Geld. Augsburgs CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber hat mich gerade angezeigt, weil ich es gewagt habe, ihre Amtsführung zu kritisieren. Es geht um mehr als nur diesen Fall. Es geht um das Recht, Kritik an den Mächtigen zu üben, ohne kriminalisiert zu werden. Helfen Sie mir, dieses wichtige Recht zu verteidigen! Jeder Beitrag – ob groß oder klein – macht einen Unterschied. Zusammen können wir dafür sorgen, dass unabhängiger Journalismus stark bleibt und nicht verstummt. Unterstützen Sie meine Arbeit:

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