NRW richtet Meldestelle für Diskriminierung im Fußball ein Projekt wird mit Steuergeldern finanziert

Von Kai Rebmann

Seit dem 1. Juli 2022 gibt es eine sogenannte „Meldestelle für Diskriminierung im Fußball in NRW“ (Medif). Dabei handelt es sich um ein Projekt der Landesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte NRW (LAG) in Kooperation mit der Ruhr Universität Bochum (RUB). Ziel dieser Meldestelle soll es sein, Diskriminierung sichtbar zu machen, Betroffenen zu helfen, Diskriminierung systematisch zu erfassen und auszuwerten sowie Akteuren mit Angeboten und Handlungsempfehlungen Hilfestellung zu geben, wie auf der Internetseite des Projekts erklärt wird. Finanziert wird das Ganze vom Familienministerium und der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen. Als mögliche „Diskriminierungsformen im Fußball“, die ab sofort bei der Medif gemeldet werden können, sind aufgeführt: Ableismus, Abwertung von Asylbewerbern, Antisemitismus, Antiziganismus, Klassismus, Islamfeindlichkeit, Queerfeindlichkeit, Rassismus und Sexismus. Dazu wird zu jedem Begriff erklärt, was unter der jeweiligen Diskriminierungsform zu verstehen und wie sie zu erkennen ist.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Worum es den Projektträgern aber wirklich geht, wird bereits auf der Medif-Startseite deutlich. Als weiterer Kooperationspartner wird dort die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus NRW“ vorgestellt. Wo es vorgeblich also ganz allgemein um den Kampf gegen Diskriminierung auf und neben den Sportplätzen Nordrhein-Westfalens gehen soll, wird das Hauptaugenmerk einmal mehr auf den angeblich strukturellen Rassismus in Deutschland gelegt. Dass die LAG und RUB im Laufe ihres Projekts genau die Zahlen und Ergebnisse bekommen werden, die sie wollen, steht schon jetzt fest. Denn: Vorfälle können von jedem völlig anonym und mittels eines bemerkenswert einfach gehaltenen Formulars via Internet angezeigt werden. Der Melder muss lediglich angeben, ob er selbst Betroffener ist, er „etwas beobachtet“ hat oder er „etwas gefunden“ hat. Darüber hinaus werden Ort, Datum und Art der Diskriminierung abgefragt und das war’s dann auch schon.

Rassismus in Deutschland – ein allgegenwärtiges Problem?

Aufbau und Ziele der Medif ähneln damit jenen der Studie „Rassistische Realitäten“, die Teil des „Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitors“ ist und Anfang Juni 2022 in Berlin vorgestellt wurde. Hinter dieser fragwürdigen Studie steht das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) und dessen Leiterin Naika Foroutan. Ein zentraler Aspekt der Untersuchung galt der Frage, ob Rassismus in Deutschland ein allgegenwärtiges Problem ist. Genauer gesagt ging es den Autoren der Studie aber nicht darum, diese Fragestellung sachlich zu erörtern, sondern einzig und allein um die Bestätigung eines feststehenden Narrativs. Im Rahmen einer repräsentativen Umfrage wurden knapp 5.000 Personen befragt, ob sie selbst schon Opfer von Rassismus geworden sind (22,2 Prozent), entsprechende Beobachtungen gemacht haben (45,1 Prozent) oder im Freundeskreis davon gehört haben (48,8 Prozent).

Der Haken an der Sache: Es wurde nicht gefragt, innerhalb welches Zeitraums oder wie häufig die Befragten in irgendeiner Weise mit Rassismus in Berührung gekommen sind. Die drei oben genannten Fragen waren also mit „Ja“ zu beantworten, wenn die Befragten auch nur einmal in ihrem Leben von Rassismus betroffen, diesen beobachtet oder davon gehört haben. Wer nicht gerade das Leben einer Zimmerpflanze führt, wird kaum darum herumkommen, in Deutschland (oder einem beliebigen anderen Land dieser Welt) mindestens eine dieser drei Fragen mit „Ja“ zu beantworten. Das wissen natürlich auch die Autoren solcher Studien, weshalb die Fragen so gestellt werden, dass sie zwangsläufig zum gewünschten Ergebnis führen. Als „Sonntagsfrage“ unter seriösen und wirklich ergebnisoffenen Studien zum Thema Rassismus gilt die Frage: „Würden Sie einen Angehörigen einer anderen Rasse als Nachbarn haben wollen?“ Beim DeZIM wollte das niemand wissen, ganz im Gegensatz zum im Jahr 2020 veröffentlichten World Values Survey (WSV). In Deutschland gaben nur 3,7 Prozent der Befragten an, dass sie nicht neben einem Menschen einer anderen Rasse leben wollen. Damit zählt die Bundesrepublik weltweit zu den Ländern mit der höchsten Gastfreundlichkeit. Diskriminierung und Rassismus scheinen im Alltag der Deutschen in Wirklichkeit also so gut wie keine Rolle zu spielen.

Wenn es in Deutschland aber kein Problem mit Rassismus gibt, dann bräuchte es auch keine Ferda Ataman als neue Antidiskriminierungsbeauftragte – ja, das ist die, die Deutsche pauschal als „Kartoffel“ bezeichnet und in jeder noch so sachlich vorgetragenen Kritik an ihrer Arbeits- und Denkweise bösen Rassismus sieht. Ausgerechnet diese Ideologin soll nun mit einem hochdotierten Posten innerhalb der Bundesregierung versorgt werden, Atamans Bestätigung durch den Bundestag gilt als Formsache. Also muss Rassismus in Deutschland zum allgegenwärtigen Problem gemacht werden, da sich diese hochumstrittene Personalie ansonsten noch schlechter verkaufen ließe, als es ohnehin schon der Fall ist.

Diskriminierung im Stadion – oder doch nur überkochende Emotionen?

Ein ähnliches Problem soll nun auch auf den Sportplätzen und in den Stadien von NRW konstruiert werden. Wetten, dass die Studenten der RUB bei der Auswertung des Projekts zu dem Ergebnis kommen werden, dass die Diskriminierung im Fußball ein allgegenwärtiges Problem ist. Woche für Woche finden im größten deutschen Bundesland tausende von Spielen statt, bei denen die Emotionen auch gerne mal überkochen. Das gehört zum Fußball zwar dazu, wie jeder Spieler und Fan weiß, die Macher und Förderer von Medif werden diesen Elfmeter ohne Torwart aber dennoch sicher zu verwandeln und für Zwecke auszunutzen wissen.

Schon ein salopp daher gesagter Spruch infolge einer fragwürdigen Schiedsrichterentscheidung kann ab sofort als Diskriminierung aufgefasst und entsprechend gemeldet werden. Bei neun zur Verfügung stehenden Kategorien wird sich schon irgendeine als passend erweisen. Und falls nicht, hat die Medif auch für diesen Fall vorgesorgt. Diskriminierungen im Fußball können auch unter „Sonstiges“ gemeldet werden. Die Aussagekraft dieses Projekts – von einer Studie trauen sich nicht einmal die Autoren zu sprechen – tendiert also gen null, unabhängig davon, wie viele Vorfälle in welchem Zeitraum tatsächlich gemeldet werden. Weshalb das Familienministerium und die Staatskanzlei von NRW das Geld des Steuerzahlers darin aber trotzdem gut investiert sehen, wird das Geheimnis der Landesregierung um Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bleiben.

Mit der Medif wird nicht mehr als eine weitere Spielwiese für anonyme Denunzianten geschaffen, da es ein Meldesystem für Diskriminierungen im Fußball längst gibt. Dieses trägt den zwar etwas langweiligen Titel „Spielbericht“, ist dafür aber ein hochoffizielles Dokument des DFB. Im Gegensatz zur Medif können Berichterstatter (beteiligte Mannschaften und Schiedsrichter) nicht anonym bleiben und müssen bei der Meldung etwaiger Diskriminierungen Ross und Reiter benennen. Die im DFB-Spielbericht hierfür vorgesehene Frage lautet: „Gibt es eine Meldung zu Gewalthandlungen und/oder Diskriminierungen?“ Wohl vor allem, um missbräuchlichen Falschanzeigen vorzubeugen, verlangen der DFB und seine Landesverbände möglichst detaillierte Angaben zu Beschuldigten und Geschädigten sowie Hergang der Geschehnisse. Wirklich relevante Fälle von Diskriminierung im Fußball werden also nach wie vor über den offiziellen Weg gehen, während Spieler und Fans ihren Frust über eine Niederlage ab sofort aber immerhin in Form einer anonymen Diskriminierungsmeldung bei der Medif abladen können.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Shutterstock
Text: kr

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