Ohne Framing: Mein Live-Bericht aus Leipzig Hier meine Übertragung im Archiv

Heute habe ich live für Sie von der Corona-Demo im Leipzig berichtet. Ohne Framing. Ohne ideologische Brille. Dabei wurde ich auch von einer Glasflasche am Kopf getroffen. Gott sei Dank hatte ich noch Glück im Unglück und kam mit einer großen Beule und einer kleinen Wunde davon (anzusehen ist der Flaschenwurf hier). Die interessantesten Szenen aus dem sechsstündigen Livestream sind das merkwürdige Entstehen der Gewalt wie auf Knopfdruck, als auch gerade eine ZDF-Kamera anwesend war. Sie sehen die Szene hier. Der gesamte Livestream ist für ein nachträgliches Ansehen viel zu lang, doch ich sehe zu, dass ich noch einen Bericht mache und möglicherweise auch einen Video-Zusammenschnitt.

Bereits im Vorfeld war es zu massiven Versuchen gekommen, der Demonstration Steine in den Weg zu legen – pikanterweise ausgerechnet durch den Ordnungsbürgermeister der umbenannten SED (siehe hier). Der ließ Hotels faktisch sperren, Buchungen wurden gekündigt, und der „Linken“-Politiker wollte die Corona-Maßnahmen-Kritiker vor die Tore der Stadt auf den Parkplatz der Messe verbannen, neun Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Erst in letzter Sekunde kippte das Oberverwaltungsgericht diese Verbannung – nachdem sie das Gericht in unterer Instanz zuvor noch für zulässig erklärt hatte. Die Polizei kündigte bereits an, sie erwarte einen „sehr intensiven Einsatz“. Das lässt nichts Gutes ahnen.

Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende! Unten finden Sie noch mein aktuelles Wochenbriefing, das sie hier kostenlos abonnieren können.

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Bild: Martin Helgemeir/Shutterstock
Text: br
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WOCHENBRIEFING VOM 2. November 2020

Guten Tag aus Stuttgart!

Ich sitze hier mutterseelenallein am Flughafen der Schwäbischen Hauptstadt und warte auf meinen Flug nach Berlin. In weiten Teilen sind die Terminals menschenleer. Die Atmosphäre hat etwas Gespenstisches. Alle Restaurants und Cafés geschlossen, ihre Tische und Stühle abgeklebt. Nur ein Duty-Free-Laden hat auf, und eine Snackbar. Selbst an der Sicherheitskontrolle ist so gut wie nichts los. Man sehnt sich zurück nach den Zeiten, als man noch klagte, dass so viel los sei an den Flughäfen.

Ich war beruflich unterwegs. Am Wochenende war ich noch bei Servus-TV im Corona-Quartett, Besonders bedrückt hat mich dort die Erzählung von Birgit Schlerith. Die Fitness-Unternehmerin war eine der ersten Österreicherinnen, die sich mit dem Corona-Virus infizierte. Die Infektion selbst verlief glimpflich; aber sie wurde unter anderem sieben Wochen lang von ihren fünf Kindern isoliert. Die jüngste Tochter ist fünf Jahre alt. Der neue Lockdown wird für sie, so fürchtet sie, den wirtschaftlichen Ruin bedeuten. Ich will zu ihrem Schicksal in Kürze einen eigenen kurzen Bericht schreiben.

Die Sendung führte zu heftiger Empörung in der linken österreichischen Tageszeitung „Der Standard“. Dort wurde ich angegriffen, weil ich in der Runde forderte, dass auch Kritiker der Corona-Maßnahmen wie Prof. Bhakdi nicht aus der öffentlichen Diskussion ausgeschlossen werden dürften. Wie die Kollegen versuchen, mir daraus einen Strick zu drehen und wie sie dazu meine Aussagen verdrehen, wirkt wie aus einem Standard-Handbuch für Propaganda. Es ist erstaunlich, wie Kollegen in dieser Zeit der Krise selbst ein Mindestmaß an Fairness und Sachlichkeit vermissen lassen. Hier finden Sie den Beitrag.

Leider bestätigt diese Reaktion genau das, was ich in meinem Beitrag „Die Zeugen Coronas“ vergangene Woche beschrieben habe: Wie der Kampf gegen das Virus unsere Gesellschaft zerreißt. Die Diskussionen erinnern an die Glaubenskriege, selbst ein kritisches Hinterfragen kann schon Hassattacken auslösen. Das Virus greift uns mehrfach an: Unsere Gesundheit, unsere Freiheit, unseren Verstand.

Weil ich beruflich unterwegs war, habe ich leider den kurzfristig anberaumten Auftritt der Bundeskanzlerin vor der Bundespressekonferenz (BPK) verpasst. Ich habe schriftlich eine Frage gestellt, aber weiß nicht, ob diese auch gestellt wurde. Meine zwei Besuche bei der BPK vergangene Woche waren außerordentlich interessant. Weniger wegen der Antworten der Bundesregierung auf meine Fragen, sondern wegen der Nichtbeantwortung von vielen dieser Fragen (siehe hier). Ein Leser schrieb mir, wie lange ich mir das antun wolle. Und ob es nicht sinnlos sei, zu fragen, wenn das Verweigern von echten Antworten die Regel sei. Ich finde, auch ausweichende und fehlende Antworten sind sehr aussagekräftig. In vielerlei Hinsicht sagen sie sogar mehr als ausführliche Antworten.

Ich fürchte, die erdrückende Stimmung hier und jetzt am Stuttgarter Flughafen ist erst der Anfang. Mein Taxifahrer heute beklagte sich lange und bewegend, wie sehr er vom Staat allein gelassen werde. Von den versprochenen Hilfen kam seit März erst eine an. Und die war ein Tropfen auf den heißen Stein, sagte er. Noch zwei Monate, dann seien seine Reserven aufgebraucht. Und dann bliebe nur noch Hartz IV. So wie dem armen Mann geht es derzeit wohl leider sehr vielen Menschen in unserem Land, fürchte ich. Der November ist auch ohne Corona der tristeste Monat im Jahr. Jetzt, im Lockdown, ohne Restaurants, ohne Sport und Fitness, ohne Sauna wird er noch trister als sonst.

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So trist wie die Aussichten für die Freiheit und die Grundrechte in unserem Land. Egal, wie man die Notwendigkeit von deren massivsten Einschränkungen einschätzt – dass diese Einschränkungen von vielen geradezu begrüßt werden, und ihr Hinterfragen als „Ketzerei“ diffamiert wird, ist eine der schlimmsten Erscheinungen der ganzen Corona–Krise. Sie führt drastisch vor Augen, dass viele Menschen wenig aus der Geschichte gelernt haben.

So sehr ich einerseits mein Schreiben nicht mit dieser trostlosen Note beenden möchte, so unpassend fände ich Plattitüden nach dem Motto, dass jede Krise auch eine Chance bedeutet. Das wäre zynisch all den Menschen gegenüber, die jetzt um ihre wirtschaftliche Existenz bangen.

Ich habe in Russland in den 1990er Jahren schlimmste Staats- und Wirtschaftskrisen durchlebt. Ich selbst war zwar als Ausländer privilegiert. Doch das verschonte mich nicht davor, die Folgen dieser Krisen ganz dramatisch selbst zu erleben. Einer meiner besten Freunde brachte sich um, indem er sein Auto in der Garage laufen ließ. Ein anderer wurde zum Alkoholiker und soff sich buchstäblich zu Tode. Eine Rentnerin, die ich gut kannte, konnte ihr Überleben nur dadurch sichern, dass sie Klopapier auf der Straße verkaufte.

Was ich Ihnen heute sagen kann, ist, worauf ich hoffe. Dass es nicht so schlimm kommt, wie es meine russischen Freunde und meine Eltern und Großeltern in Deutschland erleben mussten. Und dass die heutige Krise vielen Menschen die Augen öffnet, wie wichtig Freiheit und Grundrechte sind. Wie wichtig es ist, dass die Kontrolle der Regierung durch Medien, das Parlament und damit auch die Bürger funktioniert.

Ich wünsche Ihnen persönlich und Ihren Nächsten viel Kraft und viel Energie in diesen schweren Zeiten. Ich denke, gerade jetzt ist es besonders wichtig, sich auszutauschen. Und deshalb weiß ich den Dialog mit Ihnen, auf meiner Seite, in den Kommentaren und in den sozialen Netzwerken besonders zu schätzen.

Auf viele neue virtuelle Begegnungen!

Lassen Sie sich nicht unterkriegen!

Herzlich
Ihr
Boris Reitschuster

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