Von Kai Rebmann
Es ist eine ebenso verstörende wie auch bemerkenswerte Meldung der Bundespolizeiinspektion Karlsruhe. Verstörend nicht nur deshalb, weil am Hauptbahnhof in Pforzheim ein Mann unter einen „bereitstehenden Zug“ geschubst wurde, sondern vor allem weshalb: Offenbar hatte der 49-Jährige die Herausgabe einer Zigarette an seine beiden Angreifer verweigert. Bemerkenswert ist die Pressemitteilung deshalb, weil schon in den ersten Sätzen zu lesen ist: „Der Geschädigte wurde von einem 33-jährigen Algerier angesprochen und (dieser) verlangte eine Zigarette. In Begleitung des Tatverdächtigen befand sich ein 31-jähriger Mann aus Tunesien.“
So viel Klartext ist bei der Polizei alles andere als selbstverständlich. Wo sonst in vergleichbaren Fällen höchstens von „Tatverdächtigen mit südländischem Aussehen“ oder in völlig irreführender Weise gar von einem „Mann aus Nürnberg“ die Rede ist, werden hier Ross und Reiter genannt. Aber nicht von allen. Während die „Pforzheimer Zeitung“ die Polizeimeldung mehr oder weniger unverändert übernommen hat, zensiert die BNN wie folgt: „Ein 33-jähriger und ein 31-jähriger Mann fragten den 49-Jährigen nach einer Zigarette.“ Ende der Durchsage!
Passanten können wohl Schlimmeres verhindern
Laut Polizei schlugen und schubsten die beiden Nordafrikaner ihr Opfer. „Bei einem dieser Stöße stürzte der Geschädigte zwischen Bahnsteig und einen bereitstehenden Zug“, wie es weiter heißt. Der 49-Jährige habe sich aber selbstständig auf den Bahnsteig „zurückbegeben“ können, wo er „unvermittelt“ wieder von den beiden Tatverdächtigen traktiert worden sei.
Dass der Geschädigte, über dessen Nationalität die Polizei keine Angaben machte, nicht wieder auf den Gleisen bzw. unter dem Zug gelandet ist, ist wohl nicht zuletzt dem beherzten Eingreifen umstehender Passanten zu verdanken. Die Polizei schreibt dazu: „Unbeteiligte versuchten, die Kontrahenten zu trennen, was jedoch erst nach dem Eintreffen von Beamten der Bundespolizei gelang.“
Der Tunesier konnte zunächst offenbar noch fliehen, wurde kurz darauf aber von der Landespolizei gestellt und an die auf dem Hauptbahnhof zuständige Streife der Bundespolizei übergeben. Sowohl der Geschädigte als auch einer der beiden Angreifer mussten den Angaben zufolge von einem Rettungsdienst versorgt werden.
Gegen die beiden Nordafrikaner erstattete die Bundespolizei Anzeige, unter anderem wegen des Verdachts der „gefährlichen Körperverletzung durch lebensgefährdende Behandlung“.
Warum die Nationalität von Tatverdächtigen eben doch eine Rolle spielt
Während zum Beispiel das Landeskriminalamt Berlin seine Beamten zum Sprachkurs schickt und glaubt, durch eine „diskriminierungssensible Kommunikation“ die allgegenwärtigen Probleme in der Hauptstadt (und nicht nur dort) lösen zu können, scheinen deren Kollegen von der Bundespolizei etwas näher an der Wirklichkeit dran zu sein. Zwar gilt es auch dort als Konsens, dass die Nationalität von Tatverdächtigen nur dann genannt werden soll, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zur vorgeworfenen Tat besteht. Aber genau diese Auffassung scheint die Bundespolizeiinspektion Karlsruhe bei der vorliegenden Attacke auf dem Pforzheimer Hauptbahnhof vertreten zu haben.
Weshalb, darüber kann freilich nur spekuliert werden. Doch die Vermutung liegt nahe, dass sich auch die Beamten der Bundespolizei nicht daran erinnern können, dass solche Taten im „besten Deutschland aller Zeiten“ bis vor wenigen Jahren noch an der Tagesordnung gewesen wären.
Und die Hemmschwelle bei den „mutmaßlichen Tätern“, wie es politisch und juristisch wohl korrekt heißen muss, scheint immer weiter zu sinken. In der Goldstadt war es dieses Mal eine Zigarette, die einen 49-jährigen Mann um ein Haar das Leben gekostet hätte.
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Mein aktuelles Video:
Polizeipräsident a.D. analysiert die Übersterblichkeit – und klagt an: schockierender Klartext.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog. Bild: ShutterstockMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de