Regierungswechsel in Berlin? Nicht mit der CDU! Wie sich die Union von der SPD vorführen lässt

Von Kai Rebmann

Die CDU in Berlin hat ihr wichtigstes Wahlziel erreicht: Nach Jahrzehnten auf der harten Oppositionsbank stellt die Union endlich wieder den Regierenden Bürgermeister in der Hauptstadt. Da kann man auch mal darüber hinwegsehen, dass der soeben vorgestellte Koalitionsvertrag in weiten Teilen die Handschrift der SPD trägt – gegen deren offensichtliches Versagen man zuvor im Wahlkampf noch wochenlang mobil gemacht hatte.

Dabei war und ist der vermeintliche Wahlsieger Kai Wegner nicht wirklich zu beneiden. Denn von Anfang an bzw. spätestens mit Beginn der Sondierungen – erst bei der SPD, dann bei den Grünen – war klar: Die CDU kann sich nicht ihren „Partner“ für eine von ihr geführte Koalition aussuchen, sondern lediglich den Feind im eigenen Bett, bei dem die Bereitschaft etwas größer ist, einen Regierenden Bürgermeister der Union im Roten Rathaus zu dulden. Im Gegenzug ließen sich die Christdemokraten jede Menge Zugeständnisse abringen, die zwar die eigene Wählerschaft verprellen, dafür aber den selbst formulierten Machterhalt sichert – und natürlich jede Menge lukrativer Posten und Pöstchen.

CDU als Diener im eigenen Haus

Vorteil der CDU: Kai Wegner und seine Parteifreunde können auf die Meinung ihrer Wähler pfeifen, zumindest jetzt, wo die Wahl vorüber ist. Und wie die Erfahrung der vergangenen Jahre in anderen Bundesländern gezeigt hat, sind die Deutschen ein Volk, das zur politischen Vergesslichkeit neigt und weniger dazu, gebrochene Wahlversprechen beim nächsten Urnengang abzustrafen. Wen interessiert also, was in fünf Jahren vielleicht sein wird oder auch nicht?

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Etwas anders sieht es bei der SPD aus. Auf Seiten der Sozialdemokraten saßen die Parteimitglieder quasi mit am Verhandlungstisch, der Koalitionsvertrag und die darin verankerten Beschlüsse müssen von einem Parteitag abgesegnet, erst dann kann selbiger unterschrieben werden. Eines muss man der Wahlverliererin Franziska Giffey also lassen: Sie hat ihren vermeintlich großherzigen Verzicht auf den bequemen Rathaus-Sessel zum höchstmöglichen Preis verkauft und wird sich deshalb vermutlich sogar als heimliche Siegerin fühlen. Und das nicht einmal ganz zu Unrecht.

Mehr LGBTQ-Themen, weniger Abschiebungen

Und hier einige Kostproben aus dem Entwurf des Koalitionsvertrags.

Beispiel Extremismus: „Rechtsextremismus ist derzeit die größte Gefahr für unsere Demokratie.“ Dieses Mantra ist ein Garant für den Hauptpreis in jedem politischen Bullshit-Bingo, weshalb es sich die CDU genau so von der SPD diktieren ließ, wie auf Seite 29 nachzulesen ist. Über andere Bedrohungen, etwa die Silvester-Randale oder die Klima-Kleber, die Berlin seit Monaten in Atem halten, schweigen sich die Parteien dagegen beharrlich aus.

Beispiel Abschiebungen: Auch als dieser Punkt ausgehandelt wurde, waren Wegner und seine Konsorten wohl gerade mal kurz für kleine CDU-Wähler. Es soll ein Mehr von Zuwanderung geben. Auf Seite 32 heißt es: „Wir bekennen uns zur Aufnahme von Schutzsuchenden. […] Berlin setzt sich für eine erleichterte Aufnahme von Familienangehörigen aus den Erdbebengebieten in der Türkei und in Syrien ein.“

Im Gegenzug sollen Abschiebungen reduziert und teilweise sogar ganz ausgesetzt werden. Ebenfalls auf Seite 32 wird dazu ausgeführt: „Die freiwillige Rückkehr hat Vorrang gegenüber Rückführungen und wird gefördert.“ Wer kennt es nicht? „Schutzsuchende“, die jeden Morgen am BER stehen und – jeweils ausgestattet mit einem Koffer voller „Fördergeld“ – das nächstbeste Flugzeug in Richtung ihrer Herkunftsländer besteigen wollen.

Und dann steht da noch dieser Satz: „Im Winter soll auf Abschiebungen verzichtet werden, wenn Witterungsverhältnisse dies humanitär gebieten.“ Soll wohl heißen: Nicht mehr nur die vermeintliche oder tatsächliche politische Situation in der Heimat entscheidet darüber, ob straffällig gewordene „Schutzsuchende“ abgeschoben werden können oder nicht, sondern auch das dort vorherrschende Wetter.

Ein spezielles Augenmerk richten die formal CDU-geführte Koalition auch auf die LGBTQ-Themen (ab Seite 20). „Die Regenbogenhauptstadt“, wie Berlin in dem Entwurf genannt wird, setzt sich unter anderem für „die Abschaffung des Blutspendeverbots für Männer (ein), die Sex mit Männern haben.“ Dass dieses wohl begründet ist, Stichwort: HIV, scheint in der woken Parallelwelt keine Rolle zu spielen.

Ferner wird die Koalition, so wörtlich, „eine:n Queer-Beauftragte:n der Landesregierung Berlin für die Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt schaffen“. Jeder Bezirk benennt „jeweils eine Person als Queerbeauftragte:n als Vollzeitstelle“. Heißt für den Steuerzahler: Noch mehr Aktivisten und Ideologen, die er mit seinem sauer verdienten Geld alimentieren muss.

Seitenhieb von Wolfgang Kubicki

Der CDU gehen indes langsam aber sicher die Optionen aus, so dass sie zwangsweise oder freiwillig solche Kompromisse eingehen muss. Gut eineinhalb Jahrzehnte unter der Fuchtel des FDJ-Kaders Angela Merkel haben Spuren hinterlassen, die auch unter dem als Reformer angetretenen Friedrich Merz noch deutlich sicht- und spürbar sind.

Viel mehr als das formale Führen von Koalitionen unter Duldung von Rotgrün – falls sie so wie zuletzt in Berlin auf Platz 1 landet – wird für die Union in absehbarer Zeit wohl nicht drin sein. Die FDP ist schon froh, wenn sie den Sprung über die 5-Prozent-Hürde schafft, der AfD hat die CDU ohnehin eine einseitige Generalabsage erteilt.

Apropos FDP: Fraglich ist außerdem, ob sich die Liberalen überhaupt noch als Koalitionspartner für eine in sich erodierende CDU hergeben würden. Jedenfalls, wenn man Wolfgang Kubicki glaubt. Dieser hat die Union gerade erst als „unzuverlässig und hinterhältig“ bezeichnet. Auf die Bundesebene bezogen, jage ihm Vorstellung, der Union nach 16-jähriger Untätigkeit wieder das Ruder zu überlassen, „einen kalten Schauer über den Rücken“.

Nicht weniger werden angesichts ihres heutigen Zustands wünschen, die CDU wäre wirklich „nur“ untätig gewesen. Stattdessen hat sie einen offenbar unumkehrbaren Linksruck vollzogen, wie nicht nur das Ergebnis der jüngsten Koalitionsverhandlungen in Berlin zeigt. Zudem scheint Kubicki zu vergessen bzw. zu ignorieren, dass es seine FDP war, die Angela Merkel in der von ihm angesprochenen Periode zumindest zeitweise als williger Steigbügelhalter gedient hat.

Unter dem Strich bleibt also nur die Erkenntnis, dass die politisch Konservativen im „besten Deutschland aller Zeiten“ schweren Zeiten entgegengehen – und zwar ganz unabhängig davon, wo und von wem sie nach offizieller Lesart regiert werden.

Nach dem, was ich erlebt habe, und meiner Operation, muss ich meine Arbeit deutlich ruhiger angehen und mich schonen. Dazu haben mich die Ärzte eindringlich aufgefordert. Und ich glaube, das bin ich meinen Nächsten, meinem Team und auch Ihnen schuldig. Wir wollen ja noch eine Weile etwas voneinander haben! Und nach drei Jahren mit Vollgas und an vorderster Front hat der Motor etwas Schonung verdient. Umso mehr bin ich Ihnen dankbar für Ihre Unterstützung! Sie ist auch moralisch sehr, sehr wichtig für mich – sie zeigt mir, ich bin nicht allein und gibt mir die Kraft, weiterzumachen! Und sie gibt mir die Sicherheit, mich auch ein wenig zurücklehnen zu können zur Genesung. Auf dass wir noch ein langes Miteinander vor uns haben! Ganz, ganz herzlichen Dank!

Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre: über diesen Link. Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71. Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Mo Photography Berlin/Shutterstock

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