Schwulen-Club wehrt sich gegen Flüchtlingsheim in Berlin Kultur-Schock für LGBTQ-Szene

Von Kai Rebmann

„Eine derart große Unterkunft greift erheblich in das betroffene Stadtgebiet ein und verändert Erscheinungsbild und Zusammenleben […] Für Familien entsteht ein Angstraum, da die Spiel- und Freiplätze im öffentlichen Straßenbild sowie die Personenwege nicht nur durch Flüchtlingskinder, gegebenenfalls mit deren Müttern, sondern auch durch Jugendgruppen und Personen mit mangelndem Integrationswillen in Anspruch genommen werden. Die Warschauer Brücke bietet […] einen Anzugspunkt für Kriminelle. Dies wird mit der Unterkunft zu einer Explosion der Fallzahlen führen.“

Nein, das ist kein Auszug aus einem Statement der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Diese Sätze stammen aus einem Brief an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), den die „Bild“ veröffentlicht hat. Absenderin des Schreibens ist Carla Pahlau, die am Warschauer Platz in Friedrichshain den LGBT-Club „Busche“ betreibt. Jetzt soll ein direkt gegenüber liegendes ehemaliges Hostel zu einer Unterkunft für mindestens 630 Flüchtlinge aus Afghanistan, Syrien und der Türkei werden.

Zu viel Vielfalt in der eigenen Nachbarschaft?

„Wir wurden erst vor einer Woche über die Eröffnung des Heimes informiert“, klagt die Gastronomin. In den vergangenen Monaten habe sich die Zahl der Straftaten „gegen homosexuelle Personen in Berlin“ enorm erhöht, behauptet Pahlau und ergänzt: „Die weitaus überwiegende Zahl der Straftäter sind Migranten mit muslimischem Hintergrund.“

Nanu, was ist da los? Die Regenbogen-Community, die Berlin sonst immer so gerne als weltoffene Stadt bewirbt, in der es gar nicht bunt und vielfältig genug zugehen kann, versteigt sich plötzlich zu vermeintlichem „AfD-Sprech“? Man stelle sich einen kurzen Moment lang vor, ein Mitglied der Alternativen hätte diesen Brief geschrieben oder solche Aussagen getroffen.

Mein Lesetipp

Offenbar endet das Eintreten für Multi-Kulti auch in der LGBTQ-Szene in Berlin spätestens da, wo die eigene Komfortzone beginnt. Selbst mit Vorverurteilungen scheint Pahlau keine Probleme zu haben und stellt schon einmal klar, dass „der Club nicht weiter existieren“ könne, sollte es zu Problemen zwischen ihren Gästen und den neuen Nachbarn kommen. Oder bekommt da jemand nur von der Medizin, die er anderen sonst immer so gerne verabreicht?

Keine Zunahme homophober Gewalt in Berlin

Die Reaktionen aus der Politik fallen gemischt aus. Während die CDU-Abgeordneten Kurt Wansner und Timur Husein den geplanten Standort als „Katastrophe“ bezeichnen und Marlene Heihsel (FDP) „die Ängste nachvollziehen“ kann, versucht sich der stellvertretende Bezirks-Bürgermeister Oliver Nöll (Linke) als Moderator: „Die hier lebenden Menschen und die bald Ankommenden werden sich aneinander gewöhnen müssen.“

Ja, das werden sie wohl oder übel. Und damit das schneller und besser klappt, hat das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) zu einem „Tag der offenen Tür“ in das ehemalige Hostel bzw. die künftige Flüchtlingsunterkunft geladen. Die Anwohner durften die Räumlichkeiten persönlich in Augenschein nehmen und wurden von den anwesenden LAF-Mitarbeitern ausdrücklich dazu aufgerufen „ruhig alle Fragen“ zu stellen.

Wie hoch denn der Anteil der „allein reisenden Männer“ sei, wollte sodann jemand wissen – Antwort: „Ich kann diese Frage nicht mehr hören.“

Kneipen-Schlägerei wird als Hass-Kriminalität verkauft

Und wie sieht es zum Beispiel mit den seit Monaten zunehmenden Straftaten „gegen homosexuelle Personen in Berlin“ aus, von denen Carla Pahlau gesprochen hat? Dieser Darstellung widerspricht selbst das LGBTQ-Projekt „Maneo“. Die „BZ“ zitiert aus einer Mitteilung der Organisation: „Eine unmittelbare Zunahme von LSBTIQ+-feindlichen Übergriffen können wir zurzeit im Regenbogenkiez nicht ausmachen.“

Die Zeitung hatte in diesem Zusammenhang über eine handelsübliche Kneipen-Schlägerei berichtet, deren Auslöser offenbar ein Gedränge vor der Toilette des Szene-Lokals „Tom’s Bar“ gewesen war. Die Polizei sprach von einer Auseinandersetzung zwischen drei Männern und stellte klar, dass keinerlei Anzeichen für Hass-Kriminalität vorlägen.

Dass es diese eigentlich belanglose Meldung aber trotzdem zumindest in die lokalen Medien geschafft hat, ist nicht zuletzt Alfonso Pantisano (SPD) zu verdanken. Der neue Queer-Beauftragte der CDU-geführten Landesregierung stellte den Übergriff auf Facebook als einen Akt der Hass-Kriminalität hin. Diese Gewalt müsse aufhören und der „Regenbogenkiez“ ein „echter Safe Space“ für die entsprechende Community werden.

Pantisano fordert deshalb „eine Landesstrategie für queere Sicherheit“ sowie einen „Runden Tisch zum Schutz vor queerfeindlicher Hass-Kriminalität.“ Letzteren werde er in seiner Funktion als Queer-Beauftragter einberufen, so der SPD-Politiker.

Zum weitaus spannenderen Konfliktpotenzial, das sich derzeit im Stadtteil Friedrichshain zusammenbraut, wollte sich Alfonso Pantisano gegenüber der „Bild“ ironischerweise aber nicht äußern.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: Dutch_Photos/Shutterstock, Symbolbild

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