Seibert: „Das sind die Fakten der Wissenschaft“ Wer lügt bei Intensivbetten? DIVI oder Regierung?

„Herr Seibert: Sie haben hier wochenlang immer wieder beteuert, auf den Intensivstationen lägen vor allen Dingen Ungeimpfte. Bereits nach Ihren Aussagen soll der Chef der DIVI im Bundestag gesagt haben, es gäbe dazu keine Zahlen. Wie erklären Sie diesen Widerspruch?“ Diese Frage stellte ich heute von der Straße, vor dem Haus der Bundespressekonferenz, via Online-Tool an die Bundesregierung.

Die Antwort von Merkels Sprecher: „Sicherlich kann der Kollege aus dem BMG dabei auch noch helfen. Es gibt überhaupt keinen Zweifel, und alle wissenschaftlichen Erkenntnisse gehen in dieselbe Richtung: Das Risiko, einen schweren Verlauf zu haben, ins Krankenhaus zu müssen, auf die Intensivstation zu müssen, ist für einen ungeimpften Coronapatienten um ein Vielfaches höher als für einen geimpften. Dieses Bild spiegelt sich auch auf den Intensivstationen wider. Das zeigen Berichte jeden Tag. Ja, es gibt auch geimpfte Menschen, die diese sogenannten Impfdurchbrüche haben. Aber sie haben eine viel, viel geringere Wahrscheinlichkeit, danach einen schweren Krankheitsverlauf zu haben oder gar an der Krankheit zu versterben. Das sind die Fakten. Ich habe keine heute tagesaktuellen Zahlen dabei. Ich weiß nicht, ob wir die nachreichen können. Aber an diesen Fakten ist nicht zu rütteln. Das sind die Fakten der Wissenschaft.“

Spahn-Sprecher Hanno Kautz ergänzte: „Ich kann das kurz ergänzen: Das geht auch aus dem Wochenbericht des RKI hervor. Donnerstags kommen immer die Wochenberichte heraus. Darin kann man das erkennen, was Herr Seibert gerade gesagt hat. Ich habe die aktuellen Zahlen, ich könnte nachschauen, nicht parat. Aber diese Wochenberichte kennt auch Herr Reitschuster. Er hat häufig genug daraus zitiert.“

Für mich bleibt die Sache damit weiter rätselhaft. Der DIVI-Chef sagte im Bundestag, es gäbe keine solchen Zahlen. Die Bundesregierung erweckte vor dieser Aussage wochenlang den Eindruck, sie habe solche Zahlen. Die Antwort („Das sind die Fakten der Wissenschaft“) kann ich nicht nachvollziehen. „Berichte jeden Tag“ können subjektiv sein, solange der Chef der DIVI sagt, er habe keine solchen Zahlen.

Meine zweite Frage an Herrn Seibert heute verlas ebenso der Bundespressekonferenz-Vorsitzende Feldhoff: „Dann hätte ich noch eine Frage von Herrn Reitschuster, die damit verwandt ist. Herr Reitschuster fragt: ‚Herr Seibert: Sachsens Ministerpräsident sieht die Meinungsfreiheit auf Telegram als Gefahr an und fordert, dagegen vorzugehen. Wie sehen Sie das?'“

Seiberts Antwort: „Es muss uns alle besorgen, wir haben heute zu Beginn dieser Regierungspressekonferenz von der empörenden Demonstration vor dem Privathaus in Grimma gesprochen, wenn aus dem, was in einer Demokratie vollkommen normal ist, nämlich Dissens bezüglich Entscheidungen der Regierung, von Bund oder Ländern, etwas Bedrohliches wird, etwas, das Gewalt nicht ausschließt, etwas, das auf Einschüchterung und Verbreitung von Angst setzt, wie wir es in Grimma erlebt haben. Wir wissen, dass so etwas in Kanälen wie Telegram eine erhebliche Rolle spielt. Das ist politisch für alle eine Herausforderung, ganz unabhängig davon, ob sie in der Regierung oder in der Opposition sind. Denn das ist nicht die Art und Weise, wie wir demokratische Auseinandersetzungen in diesem Land führen wollen. Ich kann jetzt logischerweise keine Initiative ankündigen. Aber das ist sicherlich politisch, und daraus könnten Schlüsse gezogen werden.“

Auch diese Antwort ist bemerkenswert.

Meine dritte Frage wurde nicht vorgelesen – was wieder zeigt, wie benachteiligt man ist, wenn man nur das Online-Tool nutzen kann. Hier die Frage, die nicht gestellt wurde: „Wenn es nach Herrn Spahns Worten im Frühjahr nur noch Geimpfte, Genesene oder Gestorbene gibt, den Geimpften eingeredet wird, sie wären immun, die Genesenen tatsächlich immun sind und die Toten uns nicht mehr anstecken können – ist die Pandemie dann vorbei?“

Die Antwort hätte mich sehr interessiert.

Sehen Sie hier mein Video von der heutigen Bundespressekonferenz – bzw. von der Straße davor. Und lesen Sie darunter die Fragen und Antworten zu Corona heute:

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Jetzt neu. Das Original aus der Bundespressekonferenz.

Bild: Boris Reitschuster
Text: br

 

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