Söder betet – gegen sinkende Umfragewerte? Nach Hammerpolitik jetzt PR-wirksamer Gegenschlag

Ein Gastbeitrag von Peter Schreiber

Der bayerische Ministerpräsident reagiert auf die Herausforderung des aufkommenden Widerstands gegen die Corona-Maßnahmen seiner Hammerpolitik mit einem neuartigen, PR-wirksamen Gegenschlag: Wir sollen beten, das lenkt ab und hilft.

Gemäß dem Sprichwort „Da hilft nur noch beten“, tut Markus S. das, was seinen politischen Konkurrenten noch nicht in den Sinn gekommen ist. Er geht in eine Nische der Wählerschaft, die schon von Anfang an mit der Sinnfrage in der Corona-Krise kämpft, die aber bis jetzt von der Politik noch nicht explizit erwähnt wurde. Er spricht eine Art Wort zum Sonntag und richtet sich dabei an die religiös orientierte Bürgerschaft. Zielvorgabe: Wie sie dem zunehmend wissenschaftlich fragwürdigen Corona-Maßnahmenkatalog mit religiöser Demut begegnen, und damit ihre Zweifel dem Raum des Religiösen anvertrauen kann. Der Ministerpräsident, zu sehen auf Youtube. Krawattenlos, mit offenem Hemd, dunklem Janker, mit einem der Schwerkraft gehorchenden Gesicht. 

Let’s listen

Die Banalität am Anfang, der niemand widersprechen kann: „Wir leben in einer unglaublich schweren Zeit. Sie verlangt von uns allen viel ab.“ Es geht um die einen, die eine „Einschränkung von Freiheitsrechten“ hinnehmen müssen, und „die anderen, die [in den Kliniken] mit Leib und Leben bedroht sind.“

Lästiges Nachfragen

Wer sind die von „Einschränkungen“ Geplagten? Hat der Vater des Landes jemanden übersehen? Nur ein Beispiel: die wirtschaftlich ruinierten Mittelständler im vierstelligen Bereich, die bald von der Pflicht, Insolvenzen zu melden, in die Verzweiflung bis hin zum Selbstmord getrieben werden – sie sind wohl weder die bloß in ihren „Freiheitsrechten“ Eingeschränkten, noch die mit der Virus-Krankheit Kämpfenden. Hat er sie übersehen? 

Ethische Verengung – politisch korrekt 

Die große ethische Frage sieht Söder nur in der Entscheidung, „wer leben darf und wer nicht“. Dies wird „über ein Beatmungsgerät“ entschieden, dessen Zuteilung der Arzt entscheidet. Die Spannweite der ethischen Fragen ist aber weitreichender. Zum Framing: Zur ethischen Beurteilung der Corona-Maßnahmen war die Rede von einem „bayrischen Ethikrat“, dem sein Mitglied, Prof. Lütge von der LMU, als „hochkarätiger Experte“ angehörte, der dann aber plötzlich verschwand. Wurde er vielleicht Opfer eines erhörten Gebetsanliegens, das lautete, er möge von der Liste, wegen „fragwürdiger Aussagen“, gestrichen werden?

Lütge hatte angemahnt: „Das, was wir derzeit erleben, ist im Grunde der Offenbarungseid der deutschen Corona-Politik. Der Lockdown ist das Schlechteste, was uns passieren kann, und jetzt kommt er trotzdem.“ Seine Warnungen hinsichtlich psychischer und sozialer Folgen störten offenbar massiv die Entscheider.  

Die TU München distanzierte sich ebenfalls von Lütges Aussagen. Er vertrete nicht die Ansichten der Uni-Leitung.

So geht politisch korrekte wissenschaftliche Diskussion zu Fragen der Ethik einer noch nie dagewesenen wirtschaftlichen und sozialen Havarie. 

Drohkulisse Sterben 

Wir erfahren vom Ministerpräsidenten Neues und Erstaunliches. „Jeden Tag sterben Menschen. In Deutschland, aber überall in der Welt.“ Ob dieses Sterben auch andere Ursachen haben könnte als das Corona-Virus? Dann das unerwartete Geständnis: Söder bete „ jeden Tag“ und „eigentlich immer“. Er wünsche sich – angesichts der Corona-Lage – das konfessionsübergreifende Gebet, das „Unterhaken im Glauben“, das „ Bekenntnis (…) zur Göttlichkeit“, weil das uns alle verbinde. 

Wenn Söder seine Ansprache zur Lage der Nation abschließt mit einem sich selbst verpassenden Händedruck und der Empfehlung, „Beten wir gemeinsam, halten wir zusammen“, dann ist es vielleicht nicht mehr nötig, Kritiker der Lockdown-Politik im Ethikrat zu belassen. Deren kritische Beiträge können dann nämlich durch ein gemeinsam gesprochenes Gebet ersetzt werden. 

Das hilft dann ersatzweise beim Kampf gegen Corona und lässt die Kollateralschäden hintanstehen. Beten hilft im Kampf gegen Corona, wenn man, wie Söder, daran glaubt. Vielleicht gegen die Angst vor dem Sterben. 

Aber hoffentlich nicht gegen Einwände kritischer Wissenschaftler. 

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!


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Bild: Tinnakorn jorruang/Shutterstock
Text: br


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