Man stehe aber möglicherweise an einem Wendepunkt, der positive Trend der vergangenen Woche setze sich offenbar nicht mehr fort, sagte heute der Leiter des Robert-Koch-Instituts, einer Bundesbehörde, auf einer gemeinsamen Bundespressekonferenz mit Jens Spahn. Ich hätte ihn gerne gefragt, was das für konkrete Folgen habe, und ob damit die anvisierten Lockerungen in Frage gestellt sind. Aber leider bin ich heute erneut nicht zu Wort gekommen – schon bei der letzten Bundespressekonferenz mit Spahn und Wieler am vergangenen Freitag wurde meine Wortmeldung nicht berücksichtigt. Und in der eine Woche zuvor konnte ich nur als letzter meine Frage stellen und hatte deshalb keine Nachfrage – deren Fehlen ein ganz entscheidendes Handicap ist.
Deutschland könne führend als Land für die Impfstoffherstellung werden, sagte Spahn, es solle ein „Impfstoff-Produktions-Hub werden“. Die Bundesregierung sei in dieser Richtung aktiv. Das klingt so, als ob etwas dran sei an Berichten, dass die Impfungen tatsächlich öfter wiederholt werden müssen. Spahn sagte, es ginge auch um Produktionskapazitäten, die jetzt schon für die nächste Pandemie reserviert werden können. Auch dazu hätte ich gerne eine Frage gestellt.
Spahn sagte in seiner Einleitung: „Das Virus gibt nicht einfach auf, das sehen wir in den letzten Tagen ganz klar. Eine steigende Anzahl von besorgniserregenden Virusinfektionen. Das Verlangen nach einer Lockerung des Lockdowns ist spürbar, greifbar, aber wir müssen damit sorgsam umgehen. Jeder fünfte positiv Getestete ist mit der britischen Mutation infiziert.“ Er betonte, Vertrauen sei wichtig: „Auch wenn es manchmal etwas zu agieren gibt.“ Bund und Länder agieren gemeinsam, so Spahn. Deutschland liege bei den Zweitimpfungen „durchaus weit vorne“. Genaue Zahlen nannte er dabei nicht. Er sagte auch, dass die Zahl der Impfungen verdoppelt werden müsse, um „tatsächlich die Impfdosen, die da sind, auch zu verimpfen“. Warum man da aktuell nicht im Plan ist, ob der Impfwille fehle oder die Infrastruktur, hätte ich ebenfalls gerne gefragt.
Auf die Frage nach den unterschiedlichen Inzidenzzahlen, die genannt werden für Lockerungen, und welche Zahl er für richtig halte, reagierte Spahn ausweichend. Es sei wichtig, auch die anderen Parameter in den Blick zu nehmen: „Die Zahl an sich ist nicht alleine ausreichend. Ich weiß, dass das Bedürfnis, eine Zahl zu haben und alles daran auszurichten, groß ist. Aber diesen Gefallen tut uns das Infektionsgeschehen nicht. Eins ist auf jeden Fall richtig: Es muss weit runter, um nachkontrollierbar zu sein.“
Beim Schnelltest werde es nach dessen kostenlosem Angebot, das geplant sei, auch Engpässe und Warteschlangen geben, so Spahn. Das sei ein Zeichen dafür, dass die Nachfrage hoch sei und das Angebot gerne genutzt wird. Auch Schnelltests wolle man schnellstmöglich zugänglich machen.
RKI-Chef Wieler sagte: „Gemeinsam haben wir schon sehr viel erreicht.“ Man stehe aber möglicherweise an einem Wendepunkt, der positive Trend der vergangenen Woche setze sich offenbar nicht mehr fort. Viele Bundesländer steuerten auf ein Plateau zu, das sei aber immer noch zu hoch. Wieler: „Warum bekommen wir das Infektionsgeschehen nicht in den Griff, obwohl wir doch genau sehen, wie das Infektionsgeschehen ist? Spielen hier eventuell die besorgniserregenden neuen Varianten schon eine Rolle? Das wissen wir nicht genau! Wir müssen uns darauf einstellen, dass die Bekämpfung der Pandemie schwieriger wird.“
Die Maßnahmen wirkten auch gegen die neuen Virus-Varianten, das zeige auch die Erfahrung in anderen Ländern: „Wir brauchen uns nicht entmutigen zu lassen. Lassen Sie uns Ansteckungen verhindern, wir haben das in unseren Händen. Treffen wir weniger Menschen, und wenn es irgendwie geht, treffen wir uns nur draußen!“
„Die Masken bitte immer über Mund und Nase tragen, auch im öffentlichen Nahverkehr und im Auto.“ Wer Krankheitsanzeichen spüre, solle sich umgehend testen lassen: „Die Kapazitäten sind da.“ Man möge „wenn irgendwie möglich nicht verreisen“. Und „wenn wir eine Impfung angeboten bekommen, dann sollen wir uns freuen.“ Weiter: „Das Virus hat einen großen Boost erhalten“, deshalb dürfe man nicht zurückgehen. Wielers Ermahnungen sind teilweise identisch mit denen vergangene Woche, und erinnern etwas an die Mahnungen eines Lehrers an seine Schüler.
Bayerns neuer Gesundheitsminister Klaus Holetschek nannte die Grenzkontrolle ein wichtiges Element, um die Testungen zu kontrollieren und „zu schauen, dass das Virus sich nicht weiterverbreitet.“ Impfen sei „ein Stück weit ein Licht am Ende des Tunnels“, so der CSU-Politiker. Holetschek sagte, es gebe inzwischen Empfehlungen, „Lehrerinnen und Lehrer“ sowie „Kindergärtnerinnen und Kindergärtner“ vorrangig zu impfen. Der Minister erklärte nicht, wie solche Forderungen mit den Erkenntnissen zusammenpassen, dass es keine Belege gibt, dass Impfungen dazu führen, dass der Geimpfte nicht mehr ansteckend ist. Insofern wäre die Frage, ob eine Priorisierung auch bei jüngeren Lehrern und Erziehern Sinn macht, die nicht zu Risikogruppen gehören.
Auf die Frage, warum so viel AstraZeneca-Impfstoff liegen bliebe, antwortete Bayerns Gesundheitsminister Holetschek, es sei wichtig, immer wieder zu sagen, dass dieser Impfstoff helfe. Wenn irgendwo Gruppen, die priorisiert seien, diesen Impfstoff nicht annehmen, sei zu prüfen, ob man dann diesen nicht an Menschen geben könne, die nicht in einer der priorisieren Gruppen sind.
Ein Kollege fragte, die Teststrategie sei so oft angepasst worden, dass es so schlecht laufe, dass Deutschland im europäischen Vergleich abgefallen sei. Spahn antwortete, man müsste viel anpassen in der Pandemie. Die Strategie hänge auch von der Verfügbarkeit ab. Spahn betonte erneut, es habe an keiner Stelle eine Überlastung des Gesundheitssystems gegeben.
In Sachen möglicher Schul-Öffnungen sagte Spahn, alle Bundesländer hätten Testkonzepte entwickelt. Der Beginn von Schule und Kita löse in jedem Bundesland Bewegungen in Millionengröße aus. Jeden Tag seien dann zahlreiche Kinder und Eltern auf dem Weg zur Schule, ebenso wie Lehrer. Man müsse sich fragen, was dies mit dem Infektionsgeschehen mache, sagte der Minister.
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut![themoneytizer id=“57085-3″]
Bild: Boris Reitschuster / Phoenix/Screenshot/Youtube
Text: br