Ein Gastbeitrag von Manfred Schwarz
Berliner Bundestagsabgeordnete nehmen für sich gern in Anspruch, zur politischen Elite zu gehören. Doch nicht selten „benehmen sie sich im Internet wie Teenager“. Milde formuliert.
Beeindruckende Beispiele dafür lieferten erst jüngst wieder zwei Parlamentarierinnen: Bärbel Bas (SPD), ihres Zeichens Bundestagspräsidentin, und Emilia Fester (Grüne), die mit ihren 23 Jahren derzeit die jüngste Abgeordnete in der Hauptstadt ist.
Fester: Emotionale Pro-Impfpflicht-Rede
Emilia Fester aus Hamburg, die zuvor hauptberuflich als freischaffende Regieassistentin im Kinder- und Jugendtheater tätig war, ist jetzt durch eine hoch emotionale Pro-Impfpflicht-Rede im Bundestag bundesweit bekannt geworden.
Sie beklagte sich, sie habe in Zeiten von Corona große Opfer bringen müssen. Wörtlich sagte die Politikerin: „Ich war nicht in der Uni. Ich war nicht im Ausland. Ich habe kein Museum und auch kein Festival besucht. Ich habe nicht mal eine Person, die ich noch nicht kannte, geküsst oder meinen Geburtstag gefeiert. Ich war verdammt noch mal nicht einmal im Club, kein Tanzen, Feiern und all das, was ich so vermisse.“
Heftige Kritik an AfD und FDP
Dann rief sie den AfD-Abgeordneten im Plenarsaal zu: „Wenn Sie sich hätten impfen lassen, dann wären wir jetzt alle wieder frei!“
Selbst vor dem Koalitionspartner FDP mochte sie nicht Halt machen. „Nur weil man die Pandemie für beendet erklärt, ist sie noch nicht vorbei“, erklärte sie in Richtung der Liberalen.
Die grüne Abgeordnete hat wegen Corona nicht ins Ausland reisen können? Stimmt das?
Dänemark-Aufenthalt verschwiegen
Kritiker kamen Fester schnell auf die Schliche. Sie warfen der Jung-Politikerin im Internet flugs mit heftigen Worten vor, dass sie lügt.
Denn Emilia Fester hatte auf ihrem Instagram-Account erst kurz vor dieser Rede geschrieben, in Dänemark im Urlaub gewesen zu sein. Von Medien auf diese Widersprüche angeschrieben, war die Grüne zunächst „nicht für eine Stellungnahme erreichbar“.
Auf diese Lüge Emilia Festers war auch der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, aufmerksam geworden, der bekannt dafür ist, dass er auch dann klare Worte nicht scheut, wenn es darum geht, öffentlich Position zu beziehen.
Auf seiner Facebookseite kritisierte Wendt den Youngster mit wenig respektvollen Worten: «Ich ich ich ich – glücklicherweise ist diese Ich-Göre nicht stellvertretend für ihre Generation.“
Wendt weiter: „Dieser Rotzlöffel“ sei „auch keine Volksvertreterin, sie ist einfach nur eine lächerliche Ich-Vertreterin“. Der Gewerkschafter fügte hinzu: „Kein Wunder, dass die Welt über Deutschland lacht, dass sich solche lächerlichen Kindchen ins Parlament holt.“
Nicht die Lügnerin wird kritisiert – sondern der Kritiker
Ein Sturm der Entrüstung folgte im Internet und auch im medialen Mainstream. Der Zorn richtete sich freilich nicht gegen die parlamentarische Lügnerin, sondern gegen den Gewerkschaftsvorsitzenden Rainer Wendt, der es gewagt hatte, die grüne Spitzenpolitikerin wegen ihrer Lüge drastisch zu kritisieren.
Die Grünen forderten nach diesen Äußerungen über ihre Bundestagskollegin Emilia Fester eine Entschuldigung vom Polizeigewerkschafter, ohne freilich zu erwähnen, dass die Kollegin sogar auf Instagram eine Unwahrheit verbreitet hat. „Ich finde, Herr Wendt sollte die Größe haben und sich bei ihr entschuldigen, weil das wirklich einfach komplett daneben war“, sagte Grünen-Chef Omid Nouripour in Berlin.
Die Grüne tanzt: 'Shake it off!'
Die 23-Jährige habe eine Rede gehalten, die subjektiv ihre Empfindungen nach zwei Jahren Pandemie beschrieben habe. „Damit hat sie wirklich für ihre Generation auch gesprochen.“ Fester könne mit der Solidarität der Grünen angesichts der Angriffe gegen sie rechnen.
Nach der bundesweiten Aufregung reagierte Emilia Fester selbst bald darauf auf ihre Art. Sie zeigte sich fröhlich in einem Tanz-Video auf Instagram: Dort schwang sie ausgelassen ihre Hüften – zur Musik des Lieds „Shake it off!“ (deutsch: „Schüttel es ab!“). Eine Entschuldigung? Nicht die Spur.
Bas: Peinlichkeit auf Tiktok
Die Bundestagspräsidentin Bärbel Bas – sie ist eine gelernte Bürogehilfin, die später eine Ausbildung zur Sozialversicherungs-Fachangestellten absolvierte – gilt protokollarisch als die ranghöchste Frau im deutschen Staate. Heute repräsentiert Bas 736 Abgeordnete im Bundesparlament.
Diese Politiker-Präsidentin, die in ihrer Fraktion zum linken Flügel – zur „Parlamentarischen Linken“ – gehört, machte sich jüngst zum Gespött im weltweiten Netz, als sie sich mit Corona angesteckt hatte und in Quarantäne war. In dieser Zeit lud Bas ein seltsames Video auf Tiktok hoch.
Bei den Video-Aufnahmen bewegte sie hoch konzentriert ihre Lippen zu dem bekannten Kinderlied „Ich schaff‘ das schon“, das aus der Feder von Rolf Zuckowski stammt („Als Maike knapp ein Jahr alt war / Da konnte sie längst steh’n / Sie übte unermüdlich / An der Wand entlang zu geh’n“ und: „Ich komm‘ bestimmt / ich komm‘ bestimmt / auch wieder auf die Beine.“)
'Nicht nur in Kriegszeiten völlig daneben'
Im medialen linken Mainstream wagte es nur die Bild-Zeitung, Bas deutlich ob ihres kindlichen Verhaltens zu kritisieren – mit den Worten: „Für eine Top-Politikerin nicht nur in Kriegszeiten völlig daneben!“
Die meisten Journalisten fühlten sich hingegen bemüßigt, Bas eher zu verteidigen. So schrieb ein Kommentator beim Nachrichtendienst T-online.de mitleidig: „Ich wusste gar nicht, dass Bärbel Bas ein seelenloser Roboter ist, der auf gar keinen Fall eine menschliche Regung zeigen und nur im roten Blazer ernst genommen werden darf. Mein Fehler!“
Mainstream stützt Bas
Mit großer Anteilnahme hieß es im Kommentar weiter: „Die SPD-Politikerin überwindet derzeit eine Corona-Infektion, ist vermutlich alleine zu Hause (denn: sie ist verwitwet und hat keine Kinder) und hat sich mit diesem Video einen kleinen Spaß erlaubt.“
In Wirklichkeit hätte kaum jemand die Bas-Peinlichkeit in Zeiten des Krieges in der Ukraine noch übertreffen können. Das haben die Berater Bas‘ der Bundestagstagpräsidentin wohl schnell – wenn auch sicherlich in höflichen Worten – genau erklärt.
Denn einige Zeit später sagte die SPD-Spitzenpolitikerin gegenüber dem Nachrichtenmagazin The Pioneer: „Ich bedauere, dass ich mich in dieser Zeit und in dieser Form aus der Quarantäne heraus so geäußert habe.“
Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.