Sprachanalyse: Biden vs. Trump – wer provoziert am schärfsten? Vermitteln uns die Medien weiterhin ein falsches Bild?

Ein Gastbeitrag von Dr. Manfred Schwarz

Jetzt wurde also auch Donald Trump positiv auf Corona getestet. Er ist mit dem Hubschrauber ins „Walter Reed National Military Center“ (Maryland) geflogen worden. Das macht den Präsidentschafts-Wahlkampf nun noch unberechenbarer. Und der Ausgang der Wahlen am 3. November scheint ungewisser als zuvor.

Sprache ist auch in den letzten Wochen der politischen Kämpfe von herausragender Bedeutung – und oft genug verräterisch. Wie wichtig Sprache ist, hat auch das schlimme TV-Duell zwischen Joe Biden (77) und Donald Trump (74) verdeutlicht. „Teils Faustkampf, teils Theaterstück“ (Süddeutsche Zeitung) – es war eine „unfassbare Redeschlacht“ (Bild). Leider auf rhetorisch extrem niedrigen Niveau.

Schon lange vor den schweren Fernseh-Gefechten haben die überwiegend linksgrün geprägten Medien Joe Biden als eher soliden, liberalen und fast sanften Politiker dargestellt, der immer wieder unter wüsten Beschimpfungen Donald Trumps zu leiden habe. Das ist freilich nur die halbe Wahrheit.

Ist Biden der Wolf im Schafspelz?

In Wirklichkeit versetzt auch Biden seinem Gegner immer wieder sprachliche Schläge weit unterhalb der Gürtellinie. Solche Attacken pflegt Donald Trump auf seine Art knallhart – und großsprecherisch – zu kontern. So hatte Joe Biden bereits vor dem großen TV-Kampf beleidigend über Donald Trump gepoltert: „Wenn wir in der Schule wären, würde ich ihm hinter der Turnhalle die Fresse polieren.“ Worauf Trump mehr pennälerhaft als präsidial retournierte: „Hinter der Turnhalle würde ich ihm ordentlich den Arsch versohlen, das wäre nicht schwer.“

Biden und seine Mitkämpfer – darunter fast alle Medien in den USA und auch in Deutschland – zeihen Trump immer wieder der Lüge. Natürlich behauptet der Präsident das genaue Gegenteil. Er startete zahlreiche Gegenangriffe. So titulierte Donald Trump seinen Gegenspieler besonders gern als „Sleepy Joe“.

Damit sprach Trump indirekt das aus, was mediale Beobachter über Biden schon lange behaupten: Dass beim Spitzenkandidaten eine deutlich begonnene Demenz zu beobachten sei. Donald Trump hat nicht nur mit seinem Slogan „America first“ die Sprache verändert. Auch Trumps Wortfindung „Sleepy Joe“ ist auf diese Weise längst – sogar weltweit – zum geflügelten Wort geworden. Das schafft nicht jeder Präsident auf dieser Erde.

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Das Äußere der Kontrahenten: Viel Chemie im Spiel

Bei Rededuellen in einer Fernsehsendung, die über das ganze Land ausgestrahlt wird, achten Politiker besonders penibel auch auf ihr Äußeres. Die nonverbale Sprache ist bisweilen wichtiger als das, was gesprochen wird.

Als die Kontrahenten die US-amerikanische Fernseh-Bühne betraten, überraschte Donald Trump mit einem ungewohnten Haarschnitt, die Haare waren viel kürzer als sonst geschnitten. Damit wollte er sicherlich besonders vital und seriös erscheinen. Der Schönheitschirurg Prof. Werner Mang war aber gegenüber der Bild-Zeitung nicht besonders begeistert: „Die Haare von Trump sind erstaunlich schlecht getönt, er könnte sich auch einer Haarverpflanzung unterzogen haben.“

Auch Biden bekam sein Fett weg. „Das Gesicht von Joe Biden war gewöhnungsbedürftig glatt gebügelt“, meint Mang. Für fast 80 Jahre sei das „etwas zu glatt meiner Meinung nach“. Da sei wohl „Botox und Hyaluronsäure im Spiel gewesen“.

Biden wirkt wie einstudiert – Trump improvisiert auf niedrigem Niveau

Gleich nach Beginn der TV-Übertragung fiel Trump seinem Herausforderer Biden mehrfach ins Wort; er versuchte, den ehemaligen Vize-Präsidenten zu provozieren und damit zu verwirren, wo er nur konnte. Trumps Wahlkampfteam hoffte offensichtlich, dass sich Biden so ad hoc zu nicht vorher geplanten Erwiderungen hinreißen lassen würde. Denn alle wissen, dass die freie Rede nicht gerade Bidens Stärke ist.

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Doch es gelang Trump nicht, Biden auf Dauer durcheinanderzubringen, meist spulte der kurze oder längere Text-Bausteine ab, die er und sein Wahlkampfteam offensichtlich sorgfältig und lange geprobt hatten.

Trump dagegen, der bekanntlich nicht zu Selbstzweifeln neigt, vertraute auf seine Schlagfertigkeit. Akribisch vorbereitete Sätze sind seine Sache nicht so sehr. Er spricht lieber aus dem Stegreif. Und überschätzt sich dabei immer wieder selbst. Dann haben viele seiner Aussagen ein rhetorisches Niveau, das eines Präsidenten nicht würdig ist.

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Hältst du jetzt mal die Klappe?“

Während des Duells kam es immer wieder zu einem ätzenden Schlagabtausch. Meist war es allerdings Biden, der seinen Feind zuerst unterhalb der Gürtellinie zu treffen suchte. So wollte er wohl das weit verbreitete Vorurteil entkräften, er sei schläfrig oder gar teildement. Biden bezeichnete den amtierenden Präsidenten sogar als „Clown“. Und er irrlichterte mit seiner Formulierung, Trump sei „Putins Welpe“. Worauf Trump erwiderte, er vermöge bei seinem Herausforderer auch beim bestem Willen „nichts Intelligentes“ zu entdecken.

Als Biden seinen Gegner Trump als den „schlechtesten Präsident in der Geschichte der USA“ bezeichnete, reagierte der Präsident in der ihm eigenen Sprache: „Ich habe in 47 Monaten mehr getan als du in 47 Jahren!“

An anderer Stelle attackierte Biden seinen Gegner mit den Worten: „Geh‘ runter vom Golfplatz und ins Oval Office, um Leben zu retten!“ Darauf konterte Trump: „Ich glaube, du spielst mehr Golf als ich, Joe!“

Biden fuhr, als er sich anscheinend durch provozierende Fragen in die Ecke gedrängt fühlte, den Präsidenten mit den Worten an: „Ich werde diese Frage nicht beantworten. Hältst du jetzt die Klappe?“

Trump-Unterstützer werden den Demokraten für diese Worte sehr lange hassen. „Bidens gesamte Kampagne zusammengefasst in zwei Sätze“, höhnte Sean Davis, Co-Gründer des konservativen Online-Magazins The Federalist. Eine „Schande, dem Präsidenten der Vereinigten Staaten so etwas zu sagen“, entrüstete sich ein Follower Trumps auf Twitter.

Halten Demokraten die gewalttätige Antifa nicht im Zaum?

Aus Trumps Sicht sind die meisten großen Probleme in der US-Gesellschaft auf die Politik der Demokraten in einzelnen Bundesstaaten und in etlichen Großstädten zurückzuführen – also dort, wo die Democratic Party regiert. Hier seien die linksextremistischen „Antifa“-Aktivisten zu einer „gefährlichen, radikalen Gruppe“ geworden.

Präsident Donald Trump spottete noch nach der TV-Debatte darüber, dass Joe Biden vor den laufenden Fernsehkameras behauptet hat, die hoch gewalttätigen Antifa-Gruppierungen existierten gar nicht, es gebe nur eine Antifa-„Idee“. Trump sarkastisch dazu: „But ideas don’t assault cops or burn down buildings.“ (Aber Ideen verletzen keine Polizisten und brennen keine Gebäude nieder.)

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Trump prangerte besonders die brutalen Gewalttaten und Plünderungen in den wahrscheinlich wahlentscheidenden Staaten Florida, Michigan und Pennsylvania an. Biden stellte dazu die kühne Behauptung auf, durch das Verhalten Trumps als Präsident würden die Aktivisten erst dazu animiert, Gewalt auf den Straßen auszuüben, Trump distanziere sich nicht von gewaltbereiten, rechtsextremistischen Gruppen.

Trump warf Biden darauf vor, er könne nicht einmal die Begriffe „Recht und Ordnung“ richtig aussprechen. Würde er es doch versuchen, würden „dir die Linken davonlaufen“.

Bidens Vize eine unberechenbare, linke Größe

Damit wollte der Republikaner sagen, Biden sei inzwischen nichts weiter als eine Marionette in den Händen der linksradikalen Führung in der Demokratischen Partei – und damit auch von Kamala Harris, der Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin.

Wenn Trump dabei den Vornamen der Kandidatin Harris phonetisch unnachahmlich in die Länge zieht, wird unterschwellig deutlich, dass er damit wohl – abwertend – deren Abstammung hervorheben will: „Es ist das erste Mal, dass eine afrokaribische Frau für das Amt der Vizepräsidentin nominiert wird. Ihr Vater stammt aus Jamaica“ (Neue Zürcher Zeitung).

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„I am the Democratic Party” erinnert an „L’état, c’est moi“

Biden, so sagt Trump, sei lediglich ein angeblich liberales Feigenblatt. In Wirklichkeit gehe es Biden und insbesondere Harris darum, wichtige Bereiche der Gesellschaft zu sozialiseren. Das amerikanische Wirtschaftsmagazin Forbes hat die sehr aufschlussreiche Erwiderung Bidens so wiedergegeben: „When Trump reiterated that ‚your party wants to go socialist medicine and socialist healthcare‘, Biden responded. ‚The party is me. Right now, I am the Democratic Party‘.”

Eine selbstherrliche Formulierung Bidens, die an den absolutistischen Leitsatz „L’état, c’est moi“ erinnert. Solche monarchistisch anmutenden Worte wären, wenn Trump so etwas für die Republican Party geäußert hätte, monatelang von den Medien gebetsmühlenartig aufs Schärfste kritisiert worden. Biden dagegen genießt im linken Mainstream zumeist Narrenfreiheit.

Entscheidet am Schluss der Supreme Court?

Inhaltlich gab es nicht viel Neues in der Debatte. Trump machte erneut deutlich, dass er teils an der Korrektheit der Briefwahlen zweifelt. Man habe jetzt schon sehr viele Wahlzettel für Trump in Abfallkörben gefunden. Hier versuchten Anhänger der „Demokraten“, die Wahlen zu fälschen. Nicht unerwartet erklärte Biden diese Aussagen zu Fake News, er jedenfalls werde das Wahlergebnis – so oder so – ohne Verzögerung akzeptieren.

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Trump dagegen ließ offen, ob er auf jeden Fall das Wahlergebnis widerspruchslos hinnehmen wird. Beobachter interpretieren seine Worte so, dass er bei einem knappen Wahlergebnis die Gerichte – letztlich das oberste Gericht, den Supreme Court – zur Überprüfung der Stimmen-Auszählung anrufen könnte. Wenn Demokraten dazu behaupten, Trump wolle eine Niederlage bei den Wahlen nicht akzeptieren und die Demokratie sei in Gefahr, dann verweisen Republikaner kühl darauf, dass nach Präsidentschaftswahlen schon öfter Gerichte angerufen wurden.

Mehr noch: Wenn man den Eindruck habe, Wahlen seien teilweise nicht richtig ausgezählt worden, sei es sogar demokratische Pflicht, die zuständigen Gerichte klären zu lassen, ob alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

Die Welt wird nach den US-Präsidentschaftswahlen womöglich noch längere Zeit warten müssen, bis die amtlichen Ergebnisse verkündet werden können.

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Dr. Manfred Schwarz (Politologe): Zivillehrer an der Hamburger Landespolizeischule, dann etliche Jahre Berufsschullehrer und Dozent in der staatlichen Lehrerfortbildung (Bereich: Politik); jeweils acht Jahre Medienreferent in der Hamburger  Senatsverwaltung und (nebenamtlich) Vizepräsident des nationalen Radsportverbandes BDR (verantwortlich für die bundesweite Medienarbeit / Herausgeber einer Internet-Radsportzeitung). CDU-Mitglied, sechs Jahre Mitglied des Hamburger CDU-Landesvorstands. Heute Autor für verschiedene Internetportale mit den Schwerpunkt-Themen Politik und Medien.

 


Bild: Yalcin Sonat/Shutterstock
Text: Gast


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