Staatsanwalt steckt Presseanfrage an Habeck-Verteidiger durch Selektiver Umgang mit Journalisten

Von Kai Rebmann

Kaum ein Mythos wird im „besten Deutschland aller Zeiten“ so emsig gepflegt wie jener der vermeintlichen Unabhängigkeit der Justiz. Schließlich seien vor Gericht ja doch alle gleich, so heißt es zumindest. Dass das aber schon lange nur noch ein frommer Wunschtraum ist, zeigte sich in den vergangenen Jahren immer wieder und besonders oft dann, wenn es um Politiker als Kläger, aber auch Beschuldigte ging und geht.

Fakt ist, dass jede Staatsanwaltschaft zunächst dem jeweiligen Innenministerium unterstellt ist, sei es auf Landes- oder Bundesebene. Und so erklärt sich dann wohl auch das oftmals rigorose Durchgreifen der Justiz bei noch so harmlos anmutenden „Vergehen“, wenn diese sich gegen gewählte Volksvertreter richten und eine bisweilen auch sarkastische bis sehr zugespitzte Form der Kritik beinhalten. Nie zuvor wurden die Staatsanwaltschaften mit derart vielen Strafanzeigen von Politikern überhäuft, deren Fell immer dünner zu werden scheint und die den kritischen Diskurs deshalb lieber einfach abwürgen, anstatt sich zumindest inhaltlich damit auseinanderzusetzen oder gar sich selbst und ihr eigenes Handeln zu hinterfragen.

Ganz oben in dieser Liga spielt bekanntlich Robert Habeck (Grüne) mit. Der Ex-Minister der krachend gescheiterten Ampel scheint ein ganz besonders inniges Verhältnis zu den hiesigen Staatsanwaltschaften zu pflegen. In der Regel tritt Habeck dabei als Kläger auf, um einfache Bürger wegen Nichtigkeiten anzuschwärzen und diesen in der Konsequenz eine Hausdurchsuchung im Morgengrauen zu bescheren.

Justiz macht brav Männchen

Jetzt sollte der Spieß einmal umgedreht werden. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelte im Zusammenhang mit möglicherweise verleumderischen Aussagen über BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht und deren Partei gegen Habeck. Im Juni richtete sich der „Tagesspiegel“-Redakteur Jost Müller-Neuhof mit einer Anfrage an die Pressestelle der Staatsanwaltschaft. Diese leitete die Anfrage sowie den Entwurf einer Antwort sodann an Habecks Verteidiger weiter – angeblich, weil sie dachte, dazu verpflichtet zu sein.

Doch das Gegenteil ist der Fall. Das Verwaltungsgericht Dresden hat jetzt entschieden, dass es sich dabei um einen rechtswidrigen Vorgang und eine einseitige Berücksichtigung von Habecks Interessen gehandelt habe. Insbesondere seien dadurch die Pressefreiheit und das Recherchegeheimnis beeinträchtigt worden, wie es in dem Urteil weiter heißt. Erschwerend kommt demnach noch hinzu, dass der Habeck-Seite auch die ursprüngliche Anfrage und damit der Name des anfragenden Journalisten mitgeteilt wurden. Dies wiederum sei dazu geeignet, die künftige Arbeit von Müller-Neuhof in unangemessener Weise zu beeinträchtigen.

In der Tat ist es starker Tobak, wenn eine Staatsanwaltschaft kritische Journalisten nicht nur an den Pranger stellt, sondern danach auch noch so tut, als habe sie damit lediglich ihre Pflicht getan. Gut möglich, dass man sich in Dresden pflichtschuldig gefühlt hat, mit der Realität hat dies freilich wenig zu tun. Dem Gebot der „Waffengleichheit“, das zwischen Staatsanwaltschaft und Beschuldigtem zu jeder Zeit des Verfahrens gilt, wäre genüge getan worden, wenn dem Habeck-Verteidiger lediglich die vorgesehen Antwort zugeschickt worden wäre – ausdrücklich ohne die vollständige Anfrage des Journalisten.

Die Folgen sind verheerend und dienen ganz offensichtlich dem Ziel der Einschüchterung. Es braucht wahrlich nicht viel Fantasie, um sich vorstellen zu können, wie das Habeck-Lager künftig mit Anfragen des „Tagesspiegels“ im Allgemeinen und Jost Müller-Neuhof im Speziellen umgehen wird. Letzterer kritisierte in der „Welt“: „Gerade in Ermittlungsverfahren gegen Prominente und insbesondere gegen Politiker empfinden sich Staatsanwaltschaften zunehmend als Partner der Beschuldigten, statt behördlichen Auskunftspflichten gegenüber der Öffentlichkeit in gebotener Weise nachzukommen.“

Jedoch, und das gehört zur Wahrheit dazu, hätte man sich einen ähnlichen Aufschrei der Empörung in den Medien auch gewünscht, als es in den Corona-Jahren gleich reihenweise zur Zensur kritischer Journalisten kam, etwa dem Ausschluss von Boris Reitschuster aus der Bundespressekonferenz. Wenn solche Beispiele weiter Schule machen, braucht sich niemand darüber zu wundern, wenn Politiker – oder auch Fußballvereine – künftig zwischen genehmen und unangenehmen Journalisten unterscheiden und einen entsprechend unterschiedlichen Umgang mit Presseanfragen – und damit letztlich auch der Pressefreiheit – an den Tag legen.

Politiker schwingen sich selbst zu Moralaposteln auf

Ein weiteres Indiz dafür, dass der Kollege mit seiner oben geäußerten Befürchtung recht haben könnte, liefern ganz aktuell die Staatsanwaltschaft Flensburg und das Amtsgericht Husum. Und wieder steht dabei Robert Habeck im Mittelpunkt. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft hat das Amtsgericht Strafbefehle gegen insgesamt sechs Beschuldigte erlassen, denen jetzt Bußgelder in vierstelliger Höhe und in einem Fall sogar eine zur Bewährung auszusetzende Freiheitsstrafe von sieben Monaten drohen.

Bemerkenswert ist dabei nicht nur, dass die Staatsanwaltschaft Flensburg quasi die „Haus-und-Hof-Staatsanwaltschaft“ des aus Schleswig-Holstein stammenden Ex-Ministers ist, sondern dass es in dem Fall um die inzwischen fast zwei Jahre zurückliegenden Bauernproteste geht. Mehrere Landwirte sollen Habeck im Januar 2024 am Betreten einer Fähre gehindert haben – oder besser gesagt: an der Flucht vor wütenden Demonstranten. Damals war das Verfahren noch medienwirksam eingestellt worden, nur um jetzt mit reichlich Verspätung ganz still und heimlich doch noch Strafbefehle ganz im Sinne des Grünen-Politikers auszustellen. Grundlage dafür bildet eine „Neubewertung“ der immerhin schon knapp zwei Jahre zurückliegenden Vorfälle durch die Staatsanwaltschaft. Ein Schelm, der Böses dabei denkt…

Oder Politiker nehmen das Heft des Handelns gleich selbst in die Hand und schwingen sich zum Moralapostel auf. So wie es seit ein, zwei Jahren im Bundestag gang und gäbe geworden ist, mit Ordnungsrufen – selbstverständlich nur in eine ganz bestimmte Richtung – nur so um sich zu werfen.

Jüngste Beispiele: Der stellvertretende Bundestagspräsident Omid Nouripour (Grüne) erteilte dem AfD-Politiker Martin Reichard am 18. Dezember 2025 einen Ordnungsruf, weil dieser Ralf Stegner (SPD) als „Hetzer“ (gegen die AfD) bezeichnet hatte. Derselbe Ralf Stegner hatte nur wenige Wochen zuvor den AfD-Abgeordneten Gottfried Curio sogar als „Turbohetzer“ betitelt – ohne dafür einen Ordnungsruf zu kassieren.

Eine ganz ähnliche Erfahrung musste Stephan Brandner (AfD) am 17. Dezember 2025 machen. Der Abgeordnete hatte die Rede von Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge mit einem „Heul doch“-Zwischenruf gestört und dafür – wiederum von Omid Nouripour – einen Ordnungsruf erhalten. Die heutige Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) durfte dem Grünen-Politiker Maik Außendorf vor gut zwei Jahren jedoch ungestraft „Heul nicht“ entgegenrufen.

Sind die Sitten im Bundestag also rauer geworden, wie es die exponentielle Zunahme der Ordnungsrufe durchaus nahelegen könnte? Eher nicht, vielmehr scheinen die Maßstäbe seit dem Erstarken der AfD andere bzw. verschiedene geworden zu sein.


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Und weil Freude wächst, wenn man sie teilt, gibt es für meine halbadoptierten Straßenkatzen zu den üblichen Portionen diesmal über die Feiertage besonders festliche Extras: Hochwertiger, leckerer – echte Weihnachtsfreude auch für sie.

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Ich gehe oft mit schwerer Tasche los – Futter, Dosen, Leckerli für die Streuner.
Und komme mit leerer Tasche zurück. Und spüre dann: Ich fühle mich viel leichter.
Und zwar nicht nur auf den Schultern. Auch im Herzen. Und im Leben.
Selbst das Einschlafen fällt leichter – was sehr viel bedeutet in diesen Zeiten.
Schenken hilft nicht nur denen, die wenig haben – sondern auch denen, die viel tragen.
Buchstäblich.


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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: penofoto/Shutterstock

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