SZ ruft Pandemie der Kinder aus "Viele infizierte Kinder zeigen ja gar keine Symptome"

Von Mario Martin

Wir schreiben Oktober 2021. Es jährt sich der Beginn der Erkältungssaison in den nördlichen Breiten. Am 20.10. veröffentlichte die Süddeutsche Zeitung einen Beitrag, der die “Pandemie der Kinder” ausruft. Nach der „Pandemie der Ungeimpften“ nun also die „Pandemie der Kinder“.

Die SZ fragt: “Mit dem Virus stecken sich nun diejenigen an, die am meisten ungeschützt sind: die Kleinsten. Sollen sie trotzdem in Kitas und Schulen gehen?”

Die Kleinsten sind also noch ungeschützt. Schließlich liegt die Erlösung in Form der Spritze noch nicht vor. Die Zulassung fehlt. Wer würde sein Kind denn angesichts dessen in die Schule schicken, so der implizite Vorwurf.

Dann beginnt das Hantieren mit Inzidenzen. Die SZ-Autorin exerziert die Inzidenzen für den Kreis Starnberg durch und weist insbesondere auf die hohen Inzidenzen bei Kindern hin. In allen Einrichtungen seien täglich im Durchschnitt 15 Kinder heimgeschickt worden – in Quarantäne.

Das kleine Einmaleins der Pandemie

Die Pandemie dauert nun inzwischen fast zwei Jahre. Aber kein Hinweis darauf, dass ein positiver Drosten-PCR-Test (der offizielle “Gold-Standard” unter den Tests) nach Ansicht von Kritikern keine akute Infektion nachweisen kann. Kein Hinweis darauf, dass ohne Symptome eine Übertragung des SARS-CoV-2-Virus nach Ansicht vieler Experten so gut wie ausgeschlossen ist. Es tut fast weh, darauf hinzuweisen, da diese Hinweise bereits ad nauseam wiederholt wurden.

Um die Übelkeit der Wiederholung etwas abzumildern, soll kurz Goethe zu Wort kommen: “Man muß das Wahre immer wiederholen, weil auch der Irrthum um uns her immer wieder gepredigt wird, und zwar nicht von einzelnen, sondern von der Masse.”

Wie lange soll es denn noch dauern, bis wir unsere Sprache so ordnen, dass eine sinnvolle Kommunikation möglich wird?

Es drängt sich die Frage auf, wie hoch denn also der Prozentsatz der Kinder ist, die denn tatsächlich krank sind. Leider erhalten wir darauf keine Hinweise. Dann kommt Starnbergs Pandemie-Koordinator, Bernhard Junge-Hülsing, zu Wort. Er bestätigt das Offensichtliche: „Viele infizierte Kinder zeigen ja gar keine Symptome. […] Kinder erkranken in der Regel ja auch weniger schwer“, sagt er. Die Dunkelziffer an Kindern, die einen positiven Test produzieren würden, sei höher, vermutet er. Was sollen die Leser damit anfangen? Ist das schlimm? Es klingt jedenfalls schlimm.

Die Aussagen bleiben unkommentiert.

Die Coronoia-Zwickmühle

Junge-Hülsing warnt jedoch vor einer erneuten Schließung der Schulen. Die psychischen Folgen hätten gezeigt, niemand leide so unter den Maßnahmen wie die Kinder.

Nun wird der Chefarzt an der Starnberger Klinik, Florian Krötz, zitiert. Nur wenige Kinder habe man bislang stationär aufnehmen müssen. In vollendeter logischer Eleganz folgert der Chefarzt: „Was wir erleben, ist eine Pandemie der Ungeimpften.“ Also doch. Da ist sie wieder: die „Pandemie der Ungeimpften“.

Eine Falschaussage, die auch nicht wahrer wird, wenn man sie immer wieder wiederholt. Wir wissen, die Geimpften haben die gleiche Viruslast wie die Ungeimpften. Und damit ist diese Behauptung vom Tisch. Sollte man meinen.

Ist sie aber nicht. Sie kommt wieder. So sicher, wie das Amen in der Kirche.

In seinem Buch “Psychologie der Massen” schreibt Gustav Le Bon:
“Die reine, einfache Behauptung ohne Begründung und jeden Beweis ist ein sicheres Mittel, um der Massenseele eine Idee einzuflößen. Je bestimmter eine Behauptung, je freier sie von Beweisen und Belegen ist, desto mehr Ehrfurcht erweckt sie. […] Napoleon sagte, es gäbe nur eine einzige ernsthafte Redefigur: die Wiederholung.” 

Zurück zum Chefarzt: Man habe also zwar nur wenige Kinder aufnehmen müssen, aber er hoffe “ebenfalls” auf eine baldige Zulassung der Corona-Impfung für die Kinder.

Es bleibt offen, warum. Schließlich wurde zuvor geäußert, man müsse Kinder nur selten stationär aufnehmen. Und die erwachsene Bevölkerung ist ja ohnehin bereits durch die Impfung geschützt.

Impfpflicht und Impfdurchbrüche

Weiterhin wünscht er sich eine Impfpflicht für Gesundheitspersonal, um die Infektionen einzudämmen. Nur mit 2G sei eine Rückkehr zur Normalität möglich. Da ist sie wieder, die Wiederholung der falschen Behauptung

Der Chefarzt setzt aber noch einen drauf. Mehr als die Hälfte dieser Patienten, die meisten zwischen 30 und 60 Jahre alt, sei nicht gegen COVID-19 geimpft, so Krötz weiter. Die älteren Patienten indes erlitten eher sogenannte Impfdurchbrüche, zitiert ihn die SZ. Damit stecken sie sich also trotz zweifacher Impfung an, da ihre Immunantwort auf die Schutzimpfung in der Regel nicht so stark ist.

Den Anteil der ungeimpften 30 bis 60-Jährigen ins Verhältnis zur Impfquote zu setzen, scheint sich ihm zu verbieten. Man stellt sich die Frage, wie der Chefarzt diese Feststellung überhaupt mit seinem Glauben an die Impfung vereinbart. Der zweite Satz impliziert dann einen Anteil von ≥ 50 % der “älteren Patienten”, die Impfdurchbrüche erleiden. Der Schutz der Schutzimpfung sei schlichtweg nicht so stark. Wieder wird seine Glaubensfestigkeit auf die Probe gestellt.

Der Leser wird dann aber beruhigt. Der Chefarzt ist in Sicherheit, denn er hat sich die Booster-Impfung verabreichen lassen, nachdem ein geimpfter Kollege sich zuletzt infiziert hatte.

Offen bleibt die Frage, ob wir die Kleinsten nun in die Schule schicken dürfen oder nicht. Es scheint wohl doch eine rhetorische Frage gewesen zu sein. Die Leser der SZ kennen die Antwort.

Durch die Abschaffung der kostenlosen Bürgertests dürfte jedenfalls der Anteil der positiven Tests bei Kindern im Verhältnis auf die Gesamtbevölkerung rasch ansteigen. Kinder werden in den meisten Bundesländern noch immer zu regelmäßigen Tests genötigt.

Insofern wird uns die „Pandemie der Kinder“ wohl in der nächsten Zeit erhalten bleiben.

Für eine ernsthafte Betrachtung zum Thema Schulschließungen und den Umgang mit Kindern kommt der Autor immer wieder zu einem Vortrag von Herrn Dr. Sven Armbrust (Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Neubrandenburg) zurück, der einigen Lesern sicher auch schon bekannt ist:

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Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Mario Martin ist Ökonom und arbeitet als Software-Projektmanager in Berlin.

Bild: Shutterstock
Text: Gast

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