Von Ekaterina Quehl
„Verquerer und verquerer!“, rief Alice, als sie wie ein Teleskop auseinandergeschoben wurde, nachdem sie ein Stück Kuchen im Kaninchenbau aß. Der berühmte Spruch aus „Alice im Wunderland“ kam mir in der letzten Zeit häufiger in den Sinn. Denn er kann am besten das ausdrücken, was ich im linksgrünen Wunderland aktuell höre, sehe und erlebe. Nur weiß ich nicht, ob ich etwas Falsches gegessen habe oder ob mit der tollen linksgrünen Teegesellschaft im Deutschland-Wunderland etwas nicht stimmt.
Hier die nächste Geschichte der tollen Teegesellschaft.
'Sie sind hier nicht zu Hause!'
Die letzten warmen Herbsttage haben wir in Bad Saarow verbracht. Es war sehr angenehm und sonnig und wir gingen an einen kleinen Strand. Der Strand war halbleer, Kinder spielten am Wasser, Erwachsene saßen auf den Bänken und ihren Decken, alle schienen die letzten sonnigen Tage zu genießen.
Als wir uns auf eine Bank am Strand setzten, hörte ich Musik. Doch diese hat das romantische herbstliche Bild nicht vervollständigt, sondern eher für Gereiztheit gesorgt: Es war Rap. Ein dunkelhäutiger Mann meines Alters hörte es auf seinem Handy. Die Musik war sehr laut. Doch niemanden außer uns schien sie zu stören – zumindest hat keiner der Strandbesucher den Mann gebeten, die Lautstärke an seinem Handy etwas zu reduzieren. Nach ein paar Minuten hat mich die Musik so sehr gestört, dass ich den Mann gebeten habe, sie etwas leiser zu machen. Er hat mich ignoriert und die Musik weiter gehört.
Nach ein paar weiteren Minuten wandte ich mich erneut an den Mann: „Verzeihung!“, sagte ich. Der Mann hat diesmal reagiert: „Ja?“ „Könnten Sie bitte die Musik etwas leiser machen?“, sagte ich. „Nein, mache ich nicht. Nur, wenn Sie ‚bitte‘ sagen“, sagte der Mann. „Aber ich habe eben ‚bitte‘ gesagt“. „Nein, mache ich nicht. Nur, wenn ich will. Und jetzt will ich sie weiter hören“, sagte der Mann. Ich war für einen Moment perplex, erwiderte dann aber: „Verzeihung, aber die Musik ist zu laut, Sie stören. Bitte machen Sie sie etwas leiser“. „Nein, Sie stören!“, sagte der Mann. „Wenn es Ihnen nicht gefällt, gehen Sie weiter. Sie sind hier nicht zu Hause!“
Ob es sich lohnt, diese Geschichte zu analysieren, weiß ich nicht. Aber zwei Fragen hätte ich an die Bewohner unseres linksgrünen Wunderlandes noch. Hat sich keiner über das unmögliche Benehmen des Mannes beschwert und sich auch meiner Bitte nicht angeschlossen, weil der Mann dunkelhäutig war? Ich frage ja nur deshalb, weil ich es fragen darf – als Migrantin. Wäre der Mann nicht dunkelhäutig bzw. es nicht an äußeren Merkmalen zu erkennen, dass er auch ein Migrant ist, hätten dann die Strandbesucher den Mann gebeten, die Musik leiser zu machen, damit sie ihre letzten sonnigen Tage am idyllischen Strand in Bad Saarow weiter genießen können?
Lesen Sie morgen die nächste Geschichte aus der tollen Teegesellschaft in unserem linksgrünen Wunderland.
Lesen Sie hier die vorherige Geschichte – „Neuartiges Verhütungsmittel im Ungeimpft-Status entdeckt“
Namentlich gekennzeichnete Beiträge von anderen Autoren geben immer deren Meinung wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.
Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin, und lebt seit über 16 Jahren in Berlin. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Mit 27 kam sie nach einem abgeschlossenen Informatik-Studium aus privaten Gründen nach Berlin und arbeitete nach ihrem zweiten Studienabschluss viele Jahre als Übersetzerin, aber auch als Grafik-Designerin. Mittlerweile arbeitet sie für reitschuster.de.
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