US-Forscher haben Lauterbachs „Killervariante“ gezüchtet Experten warnen vor „Spiel mit dem Feuer“

Von Kai Rebmann

Und wieder nichts gelernt? Einem 23-köpfigen Forscherteam, darunter mit Alexandra Herrmann und Armin Ensser auch zwei Wissenschaftler von der Uniklinik Erlangen, ist es jetzt „gelungen“, einen Virushybrid zu züchten, in dem sich die Eigenschaften des Omikron- und des Wuhan-Stamms vereinen. Damit ist die von Karl Lauterbach so oft beschworene „Killervariante“ Wirklichkeit geworden, geschaffen von Menschenhand in einem Labor in Boston. Diese sogenannte Gain-of-Function-Forschung ist in den USA erst seit 2017 wieder erlaubt und hat im Spätjahr 2019 (oder früher) zu dem geführt, was später als Corona-Pandemie bekannt geworden ist. Experten wie Prof. Dr. Wiesendanger haben mehrfach auf die Gefahren hingewiesen, die von dieser Art von Forschung ausgehen. Prof. Shmuel Shapira, Berater der israelischen Regierung, spricht von einem „Spiel mit dem Feuer“ und setzt sich daher für ein generelles Verbot der Gain-of-Function-Forschung ein.

Was haben die Wissenschaftler in den USA gemacht? Das Team hat einem Virus des Wuhan-Stamms das Spike-Protein der Omikron-Variante hinzugefügt. Zahlreiche Mutationen in diesem Protein haben Omikron um ein Vielfaches ansteckender gemacht als den Wuhan- oder Deltatyp des Virus. Im nächsten Schritt wurden zehn Mäuse mit der derzeit dominierenden Omikron-Variante infiziert. Alle Nager überlebten das Experiment und zeigten dabei nur „milde Symptome“. Danach wurden erneut zehn Mäuse infiziert, diesmal allerdings mit dem zuvor gezüchteten Hybrid. Bei diesem Versuch lag die Sterblichkeitsrate unter den tierischen Probanden bei 80 Prozent. Die Forscher schlossen daraus, dass die Mutationen in dem Spike-Protein zwar für die Infektiosität des Virus verantwortlich sind, seine Gefährlichkeit aber durch andere Bestandteile seiner Struktur bestimmt wird.

Gefahr einer neuen laborgemachten Pandemie

Es handelt sich vorliegend um eine Studie, die noch kein Peer-Review-Verfahren durchlaufen hat, also noch nicht von anderen unabhängigen Experten begutachtet wurde. Ebenso räumen die Autoren ein, dass das von ihnen gezüchtete Hybridvirus beim Menschen sehr wahrscheinlich nicht so tödlich verläuft wie bei den Mäusen. Das liege daran, dass die hier verwendete Rasse bei Covid-Infektionen ohnehin sehr anfällig für schwere Verläufe sei. Zudem sei die Immunantwort auf das Virus beim Menschen eine andere als bei Mäusen, wie die Forscher betonen. Eben diese Einschränkungen gelten auf der anderen Seite dann aber natürlich auch für die schon jetzt legendären Tests an acht Mäusen, die die „Sicherheit und Wirksamkeit“ der bivalenten Omikron-Impfstoffe belegen sollen.

Dennoch hat die Bastelei mit dem Hybridvirus in den USA für heftige Kritik gesorgt. Für Dr. Richard Ebright von der Rutgers University in New Brunswick besteht kein Zweifel, dass es sich dabei um eine Form der umstrittenen Gain-of-Function-Forschung handelt. „Wenn wir die nächste laborgemachte Pandemie vermeiden wollen, dann ist es unerlässlich, dass die Regeln für die Erforschung potenzieller Pandemieerreger verschärft werden“, warnt der Experte und deutet damit an, dass auch er davon ausgeht, dass der Corona-Ausbruch in Wuhan seinen Ursprung in dem dortigen Labor hatte. Ähnlich äußerte sich auch Prof. David Livermore von der University of East Anglia. Die „Daily Mail“ zitiert den Mikrobiologen wie folgt: „Angesichts der hohen Wahrscheinlichkeit, dass die Covid-Pandemie auf das Entweichen eines im Labor manipulierten Coronavirus in Wuhan zurückzuführen ist, erscheinen diese Experimente sehr unklug.“

Die Boston University weist die Vorwürfe zurück und bestreitet, dass in ihren Laboren eine Gain-of-Function-Forschung betrieben worden sei. Ein Sprecher erklärte dazu: „Diese Arbeit spiegelt und verstärkt die Ergebnisse anderer, ähnlicher Studien, die von anderen Organisationen durchgeführt wurden. Letztendlich besteht der öffentliche Nutzen dieser Studie darin, uns zu besseren, gezielten therapeutischen Interventionen zu führen, die bei der Bekämpfung künftiger Pandemien hilfreich sein werden.“ Der Sprecher betonte außerdem, dass das Studiendesign im Vorfeld vom Institutional Biosafety Committee sowie der Boston Public Health Commission überprüft und genehmigt worden sei.

Labor in Boston ist nach der höchsten Biosicherheitsstufe klassifiziert

Zweifel daran, dass es sich bei den Experimenten mit dem Hybridvirus um eine „ganz normale“ Forschung gehandelt hat, bleiben jedoch. Die National Emerging Infectious Diseases Laboratories, in deren Räumlichkeiten die Studie durchgeführt wurde, sind eines von nur 13 Laboren in den USA, die nach der Biosicherheitsstufe 4 (BSL 4) und damit der höchstmöglichen klassifiziert sind. Nur in solchen Einrichtungen dürfen Untersuchungen an und mit den gefährlichsten Viren durchgeführt werden. Nicht selten handelt es sich dabei um Experimente mit Tierviren, deren Erkenntnisse dazu beitragen sollen, angemessen auf einen möglichen Ausbruch nach der Übertragung auf den Menschen reagieren zu können.

Das BSL-4-Labor an der Boston University ist in einem separaten Gebäudeteil untergebracht und verfügt über ein eigenes Belüftungssystem. Die darin tätigen Forscher tragen Ganzkörper-Druckanzüge, die sie erst unmittelbar vor dem Betreten anziehen. Beim Verlassen werden die Anzüge desinfiziert und erst danach wieder abgelegt. All dieser und weiterer Vorkehrungen zum Trotz können Unfälle offensichtlich nicht ausgeschlossen werden. Denn auch am Wuhan Institute of Virology (WIV) herrschen ähnlich strenge Vorschriften. Die wahrscheinlichste These ist, dass sich Mitarbeiter am WIV bei der Gain-of-Function-Forschung mit Coronaviren, die es dort unstrittig gab, infiziert und das Virus damit in die Welt gebracht haben.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: nitpicker/Shutterstock

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