Von Kai Rebmann

An diesem Wochenende beginnt die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes. Die SPD in Berlin und die AfD in Riesa nominieren ihre Kanzlerkandidaten. In der sächsischen Kleinstadt ist ein Großaufgebot der Polizei notwendig, um den Bundesparteitag einer Partei zu schützen, die im Osten Landtagswahlen gewinnt und im bundesweiten Trend seit Monaten auf Platz 2 liegt. Die größte deutsche Tageszeitung schreibt etwa: „Tausende Chaoten auf dem Weg nach Riesa!“

Doch anstatt solche Zustände anzuprangern, die dazu geeignet erscheinen, urdemokratische Prozesse in ihren Grundfesten zu erschüttern, fabulieren Medien und Politik lieber über vermeintliche Desinformationskampagnen und Wahlbeeinflussung durch ausländische Akteure. So zum Beispiel mit Blick auf das jüngste Gespräch auf X zwischen Tech-Milliardär Elon Musk und AfD-Chefin Alice Weidel, der designierten Kanzlerkandidatin ihrer Partei.

Dazu passt, dass die AfD jüngst eine Kleine Anfrage zur „Strategischen Kommunikation des Auswärtigen Amts und Förderung des Deutschlandbildes im Ausland“ an die Bundesregierung eingebracht hat. Die Antwort liegt reitschuster.de exklusiv vor und gleicht einem Offenbarungseid – und zeigt, wie es Rot-Grün mit der Wahrung deutscher Interessen hält.

Inhaltlich geht es in der Kleinen Anfrage vor allem um die Förderung verschiedener NGOs durch die Bundesregierung, die sich eigenem Bekunden zufolge die Bekämpfung von Desinformationen und den Schutz der freien Meinungsäußerung bzw. der freien politischen Willensbildung auf die Fahnen geschrieben haben.

Wie das aber in der Praxis aussieht, machen die Fragesteller um Matthias Moosdorf, außenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Bundestag, schon in ihrer Vorbemerkung deutlich. Die AfD kritisiert darin die Förderung ideologisch einschlägig eingefärbter Projekte wie etwa den „Umwelt-Journalismus“ oder das „Climate Journalismus Lab“ mit 540.000 Euro im Jahr 2023 und verknüpft dies mit der Feststellung: „Aus Sicht der Fragesteller hat die Förderung solcher spezifischen politischen Agenden wenig mit freier Meinungsbildung zu tun. Vielmehr könnte unabhängiger Journalismus in den Dienst politischer Narrative gestellt und politisch instrumentalisiert werden.“

Bemerkenswert ist, dass die Bundesregierung diese durchaus berechtigt erscheinende Sorge in ihrer Entgegnung mit keiner Silbe würdigt. Ganz ähnlich verhält es sich bei dem Hinweis auf ein durch die Bundesregierung mit 340.000 Euro gefördertes Web-Tool namens „DisinfoRadar“, das „neue taktische Trends von ‚Desinformationsakteuren‘ identifizieren können“ soll. Der AfD stelle sich hierbei die Frage, „wie sichergestellt werden kann, dass ein solches Monitoring nicht zu Einschränkungen oder Diffamierungen legitimer Meinungsäußerungen führt“.

Auch hier bliebt die Antwort bestenfalls im Ungefähren und begnügt sich mit einer sehr technisch klingenden Definition: „Der Begriff ‚Desinformation‘ bezeichnet nachweislich falsche oder irreführende Informationen, die mit dem Ziel der vorsätzlichen Beeinflussung oder Täuschung der Öffentlichkeit verbreitet werden und gegebenenfalls die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich stören können.“ Das mag zwar richtig sein, lässt aber vollkommen offen, wer oder was darüber befindet, was „nachweislich falsch oder irreführend“ ist oder welche Informationen „die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich stören können“.

Und um eben diesen Punkt geht es dann auch bei einer der zentralen Fragestellungen der AfD. Mit Blick auf den Wahlsieg von Donald Trump wollten Moosdorf und Kollegen wissen: „Waren Desinformation und Informationsmanipulation bei den Präsidentschaftswahlen in den USA ein Thema für das Referat 607 [Abteilung „Strategische Kommunikation“ im Auswärtigen Amt], wenn nein, warum und wenn ja, liegt ein Analysebericht oder eine ähnliche Form vor, wenn ja, wo ist dieser einzusehen?“

Die Antwort hat es in sich: „Der fragliche Bericht enthält unter anderem Analysen zur Wahl in den Vereinigten Staaten. Eine Veröffentlichung würde nicht nur durch die US-Regierung als unangemessen empfunden, sie könnte auch die Beziehung zu Dritten Staaten belasten. Dadurch würde die Bundesregierung in der Wahrnehmung ihrer außenpolitischen Verantwortung beeinträchtigt.“ Mit der entsprechenden Analyse beauftragte die Bundesregierung das Beratungsnetzwerk „polisphere“, dessen Aufgabe es sein soll, „Desinformation und Informationsmanipulation im Kontext von Wahlen im Ausland zu untersuchen“.

Moosdorf kommentiert diesen Vorgang gegenüber reitschuster.de so: „Die Bundesregierung hält eine Studie zur vorgeblichen Einflussnahme ausländischer Mächte auf die US-Präsidentschaftswahl geheim, weil eine Veröffentlichung `die US-Regierung als unangemessen` empfinden dürfte, zudem würde eine Veröffentlichung die `Beziehungen zu Dritten Staaten` belasten.

Der Ersteller dieser Studie, die NGO polisphere, hat es jedoch in sich. Nicht nur war der Geschäftsführer von polisphere, Herr [Philipp] Sälhoff, früher beim Progressiven Zentrum, einer regierungsnahen NGO und Mitglied der Grünen Akademie der Heinrich-Böll-Stiftung, er leitete auch die #bewegungjetzt-Kampagne zur Bundestagswahl 2013, betätigte sich also als Klimalobbyist. Er war zudem als Mitarbeiter im Büro von Krista Sager (Bündnis 90/Die Grünen) tätig. Zu sagen, er wäre Grünen-nah wäre also eine Untertreibung.

Und natürlich hat nach Sälhoffs Ansicht Trump nur gewonnen, weil die bösen Russen Informationen ’anti-demokratisch‘ und ’anti-Harris‘ umgeschrieben hätten. Es braucht nicht viel Fantasie, um sich auszumalen, wie die Studie seiner NGO zu der US-Wahl ausgefallen ist. Die Russen waren es! Dass es die freie Wahl der Amerikaner war und sich bereits 2016 Spekulationen über eine russische Manipulation der Präsidentschaftswahl als Fake herausgestellt haben, kümmert Sälhoff und seine Grünen-hörige NGO nicht.“

Es spricht für sich, dass unsere Politiker immer dann ein Problem mit vermeintlicher Wahlbeeinflussung durch sogenannte „Desinformationsakteure“ haben, wenn die Unterstützung den aus ihrer Sicht „Falschen“ gilt, sei es nun die AfD in Deutschland oder Donald Trump in den USA. Man erinnert sich noch sehr gut daran, wie Vertreter der Bundesregierung – aber auch anderer Parteien – nicht müde wurden, bei der zurückliegenden Präsidentschaftswahl, die Werbetrommel für Emmanuel Macron zu rühren. Von einer Einmischung von außen oder gar einer Manipulation der freien politischen Willensbildung der Franzosen war damals freilich nirgends die Rede.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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