„Verpiss dich, du Nazi“ – wie geschürter Hass unsere Gesellschaft zerfrisst Schweigemarsch in Berlin unter Beschuss

Die gute Nachricht vorneweg: Es blieb alles gewaltfrei auf dem Schweigemarsch der Corona-Maßnahmen-Kritiker gestern in Berlin. Im ersten Moment hatte ich hier das Wort „friedlich“ stehen. Doch ich habe es dann gestrichen. Denn friedlich ist etwas anderes. Faktisch war es kalter Krieg, der gestern in der Hauptstadt herrschte. Kalter Krieg, weil Teile der Gesellschaft durch ein mediales und auch politisches Dauerfeuer massiv gegen einen anderen Teil der Gesellschaft aufgehetzt werden. So wurde der Marsch in den Augen vieler seiner Teilnehmer zu einer Art Spießrutenlauf – weil sie fast schon auf Schritt und Tritt von Gegendemonstranten verbal attackiert und diffamiert wurden. Nur der Polizei – die gestern vorbildlich agierte – war es zu verdanken, dass die Eskalationen verbal blieben.

Demonstrationen müssen in einer Demokratie die normalste Sache der Welt sein. Dass Menschen friedlich auf die Straße gehen können, um ihre Meinung kundzutun, ist einer der Grundpfeiler einer freien Gesellschaft. Dazu gehört auch, dass andere Menschen eine abweichende Meinung kundtun können – also eine Gegendemonstration veranstalten. Beides ist in Deutschland im Jahr 2021 möglich. Dass diese Gegendemonstrationen voller Hass sind, ja übergriffig, widerspricht zutiefst dem Grundgedanken einer freien Gesellschaft. Wenn dieser Hass von oben geschürt wird, von Politik und Medien, haben wir es mit einem politischen Zwitterwesen zu tun: In dem formal die Grundprinzipien der Demokratie aufrecht erhalten werden – faktisch aber gezielt untergraben. Lange kann das nicht gutgehen. Im konkreten Fall wurden schon vorab Flugblätter verteilt, die aufhetzten:


Die Veranstalter erklärten, ihnen sei von den hier erwähnten Politikern überhaupt nichts bekannt, die Vorwürfe seien für sie in keiner Weise nachvollziehbar. Sie hätten extra jede Art von Plakaten, Fahnen etc. auf der Demonstration verboten, um politisch neutral zu bleiben und nicht instrumentalisiert zu werden.

In einer funktionierenden freien Gesellschaft müssten sich heute die Politiker hinstellen, allen voran der Bundespräsident, und sagen, dass sie solchen Hass und solche Hetze verurteilen. Frei nach Voltaire (obwohl das Zitat ihm nur zugeschrieben wird): „Ich teile Ihre Meinung nicht, aber ich würde mein Leben dafür einsetzen, dass Sie sie äußern dürfen“. Bei uns wird die gegenteilige Meinung geschürt: „Ich teile Ihre Meinung nicht und ich tue alles, dass Sie sie nicht äußern können!“

 

Auch ich wurde wieder, wie inzwischen fast bei jeder Kundgebung, massiv attackiert – als „Arschloch“, „Nazi“ und „Wichser“. Teilweise vor den Augen der Polizei. Stellen Sie sich vor, das wäre Kollegen von ARD und ZDF passiert – Sie würden heute in den großen Nachrichten sehr viel darüber lesen. Trotz der Anfeindungen habe ich das Gespräch mit den Gegendemonstranten gesucht. In nur vier Fällen war überhaupt die Anbahnung eines Dialogs möglich – in drei endete dieser nach kurzer Zeit in Beschimpfungen, bevor ich auch nur anfangen konnte, auf die Vorwürfe einzugehen. Nur in einem einzigen Fall kam ein Dialog zustande. Der dazu führte, dass der Mann, der mich kurz zuvor noch beschimpfte, verwundert feststellen musste, dass unsere Ansichten gar nicht so weit auseinander liegen (anzusehen in meinem Video von der Kundgebung hier).

Von Seiten der rund 1000 Schweigemarsch-Teilnehmer habe ich nur eine Szene beobachtet, in der jemand verbal mit Aggression auf die Attacken reagierte. Darüber hinaus eine Szene, in der einer auf „Haut ab“ mit „Haut selber ab“ antwortete – was ich allerdings nicht als Aggression sehe. In vielen Fällen reagierten Teilnehmer mit Winken oder dem Zeigen von zu Herzen geformten Händen auf die Anfeindungen. Zwei Schweigemarsch-Teilnehmer, mit denen ich mich unterhielt, bezeichneten sich selbst als „radikal links“ bzw. „früher immer Antifa-nah“. Der eine klagte darüber, wie die Gesellschaft durch die Instrumentalisierung von „Nazi“-Vorwürfen gespalten werde. Der andere bezeichnete seinerseits die heutigen Antifaschisten als Faschisten (hier im Video anzusehen). Eine der Demonstrantinnen erzählte, sie sei gerade erst aus der Partei „Die Grünen“ ausgetreten.

All das macht mir Angst, weil es ein Ausmaß einer Spaltung aufzeigt, die höchst gefährlich ist – wie die Geschichte zeigt. Wir alle wissen, wohin eine so massive Spaltung in Deutschland früher schon geführt hat. Reaktionen lösen Gegenreaktionen aus, Prozesse geraten leicht außer Kontrolle. Die Spaltung, die Medien und Politik zur Machtsicherung schüren, und die sie verleugnen (WDR-Chef Buhrow sagte, den Öffentlich-Rechtlichen sei es gelungen, eine Spaltung zu verhindern), ist Gift für Demokratie und Freiheit.

Der bewegendste Moment an diesem aufwühlenden Samstag war für mich das Gespräch mit dem Gegendemonstranten, das in weitgehendem Konsens endete. Das zeigt: Die Spaltung ist geschürt, die Gegensätze wären gar nicht so groß, wenn man versöhnen würde statt spalten. Und ja: Es wird auch von der anderen Seite gespalten, auch von Kritikern der Maßnahmen. Aber von denen sitzt niemand in Schloss Bellevue oder im Kanzleramt und auch so gut wie niemand in den großen Medien. Aber das sind die Schalthebel der Gesellschaft und dort hat man eine besondere Verantwortung.

Ich sehe diejenigen, die mich gestern diffamiert haben, in erster Linie als Opfer: Opfer von geistiger Brandstiftung, die heute im „polit-medialen Komplex“ (Alexander Fritsch) fast schon zur Norm geworden ist. So wenig ich an Verschwörungen glaube (klassische, denn jede Kritik an der Regierung wird heute als „Verschwörungstheorie“ verunglimpft): Fakt ist, dass wir gerade eine dramatische Entwicklung erleben, die an die Grundfesten unserer Freiheit und Demokratie geht. Tag für Tag, Schritt für Schritt wird das Fundament unserer Gesellschaft angegraben. Zynischerweise, wie man es aus dem Kommunismus kennt, genau unter dem Deckmantel der „Demokratie-Verteidigung“. Sie schrecken dabei vor nichts zurück – nicht mal davor, etwa im Falle der schrecklichen Tragödie von Hanau, die Tat eines psychisch schwer Kranken zur politischen Tat umzudeuten.

Viele von denjenigen, die den Kampf gegen Hass und Hetze wie eine Monstranz vor sich hertragen, schüren auf eine subtile, infame Weise genau diesen Hass und diese Hetze. Faktisch hat die Regierung unter Angela Merkel ein von ihr gehätscheltes und teilweise im Rahmen des angeblichen „Kampfs gegen Rechts“ finanziertes Milieu bzw. einen aggressiven Mob geschaffen, die Andersdenkende terrorisieren. Was in autoritären Staaten die Geheimdienste machen, geschieht in Deutschland 2021 durch eine Art „Outsourcing“: Einschüchterung und Mobbing von Regierungskritikern. In der DDR nannte man es Zersetzung, es wurde bei der Stasi gelehrt. Es mag sprachlich paradox klingen, doch es ist existentiell: Die Erfahrung von diesem Schweigemarsch zeigt, dass Schweigen über diese Entwicklungen heute unterlassene Hilfeleistung an Demokratie und Meinungsfreiheit ist.


Kommentar von meinem Autor Sönke Paulsen: Also seit ich Berlin kenne (1980) gibt es hier eine ausgeprägte Hasskultur. Jeder hasst irgendwas und die Linken hassen natürlich alles, was sie nicht selbst sind. Die Autonomen in Kreuzberg haben den Stadtteil (SO36) mehrfach in Schutt und Asche gelegt und hassen natürlich die Polizei, die sie davon abhalten will. Sie steckten Feuerwehrautos an, die zum Löschen kamen, haben geplündert und geprügelt. Sie sind extra wegen dieser Neigung aus Westdeutschland nach Berlin gekommen und tun es noch immer. Das ist ihr Lebens-Elixier: Hassen. Wer also als Nicht-Linker durch diese Stadt zieht (es sei denn man demonstriert in Zehlendorf) muss mit diesen Hass-Kranken rechnen. Die Tatsache, dass die jetzt politisch en Vogue sind, hat viel mit dem Zerfall der SPD zu tun, die auch viele Unterstützer an die AfD verloren hat. Es hat auch viel damit zu tun, dass diese Gesellschaft auseinandergefallen ist und es keine breite Front der Normalen mehr gibt, die sich gegen diese Leute wehren. Es hat aber auch viel mit einer allgemeinen Ohnmacht der Bevölkerung gegenüber der Politik zu tun, die ebenfalls schaltet und waltet, wie sie will (Beispiel Merkel). Die Fliehkräfte dieser Gesellschaft sind immens. Kein gutes Zeichen.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

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Bild: Boris Reitschuster
Text: br


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