Von reitschuster.de
Die FDP lässt kaum einen Anlass aus, um sich brav im Sinne von Rot-Grün als engagierte Kraft im sogenannten „Kampf gegen rechts“ zu positionieren. Dabei tritt sie regelmäßig als Verteidigerin demokratischer Werte auf und zeigt das, was man in der DDR eine „feste Position im Klassenkampf“ nannte und was heute eine Wiederauferstehung im Begriff „klare Haltung gegen Rechtsextremismus“ fand. Ein Blick in die Geschichte der Partei offenbart dabei einen auffälligen Widerspruch: In den 1950er Jahren forderte dieselbe FDP einen „Schlussstrich“ unter die Entnazifizierung – wie das oben abgebildete Wahlplakat aus dem Jahr 1949 zeigt. Was damals als Notwendigkeit für den gesellschaftlichen Frieden verkauft wurde, würde heute für die Partei unter Christian Lindner wohl einer Ketzerei gleichen.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Entnazifizierung in Deutschland ein zentrales Anliegen der alliierten Besatzungsmächte. Ihr Ziel: Alle, die aktiv beim NS-Regime mitmachten, sollten aus allen öffentlichen Ämtern entfernt und zur Rechenschaft gezogen werden. Doch bereits in den frühen 1950er Jahren wurde dieser Prozess in der Bundesrepublik von einer Mehrheit eher als Belastung empfunden. Die FDP, damals eine noch junge Partei, sprach sich daher für einen „Schlussstrich“ aus. Ein Wahlplakat aus jener Zeit fordert explizit, die Entnazifizierung zu beenden und sich auf die Zukunft zu konzentrieren.
Diese Haltung war nicht untypisch für die damalige Zeit, in der viele Deutsche das Bedürfnis verspürten, die schmerzliche Vergangenheit hinter sich zu lassen und einen Neuanfang zu wagen. Aber sie war eben auch umstritten – und die FDP hatte sich hier besonders exponiert. Kritiker warfen der Partei vor, sie wolle die Aufarbeitung der NS-Verbrechen beenden, bevor es eine echte Auseinandersetzung mit dieser gab. In der Forderung der Liberalen nach einem „Schlussstrich“ sahen viele nicht mehr als einen Versuch, die NS-Verbrechen schlicht unter den Teppich zu kehren.
Heute präsentiert sich die FDP jedoch als entschiedene Gegnerin des Rechtsextremismus. Die Partei beteiligt sich aktiv am „Kampf gegen rechts“, der mittlerweile leider nicht selten in eine pauschale Bekämpfung unliebsamer Meinungen ausgeartet ist. In vielen Fällen werden Personen und Gruppen, die von der Mainstream-Meinung abweichen, vorschnell als „Nazis“ etikettiert, obwohl sie weit von rechtsextremem Gedankengut entfernt sind. Dieser Umstand hat das Konzept des „Kampfs gegen rechts“ problematisch gemacht, denn es trägt dazu bei, die politische Landschaft zu polarisieren und den Diskurs zu vergiften. Interessant und kaum bekannt in diesem Zusammenhang: Der „Kampf gegen rechts“ war einst ein Steckenpferd von KGB und Stasi bei der Bekämpfung von Regimekritikern (siehe hier).
Es ist geradezu ironisch, dass die FDP, die in den 1950er Jahren einen „Schlussstrich“ unter die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit forderte, heute mit Vehemenz gegen vermeintlich rechte Tendenzen kämpft, die oft nichts anderes als legitime oppositionelle Meinungen sind. Der „Kampf gegen rechts“ in seiner gegenwärtigen Form droht, genauso wie zu DDR-Zeiten, zu einem Werkzeug zur Disziplinierung politischer Gegner zu verkommen, anstatt sich auf tatsächliche rechtsextreme Bedrohungen zu konzentrieren.
Dieser Widerspruch in der Geschichte der FDP wirft unangenehme Fragen auf: Wie glaubwürdig ist eine Partei, die früher die Aufarbeitung der NS-Zeit beenden wollte, heute aber als eine der Speerspitzen im Kampf gegen vermeintlichen Rechtsextremismus auftritt? Und was sagt das über den Zustand der politischen Kultur in Deutschland aus, wenn die Definition dessen, was „rechts“ ist, zunehmend erweitert wird, um jede unliebsame Meinung zu diskreditieren?
Die Forderung nach einem „Schlussstrich“ war damals wie heute eine gefährliche Verirrung. Doch während es dafür in den 1950er Jahren eine breite gesellschaftliche Akzeptanz gab, weil viele Deutsche die Vergangenheit hinter sich lassen wollten, sollte die FDP heute eine Kehrtwende hinlegen, nicht weiter vor dem rot-grünen Zeitgeist Männchen machen und ihren Einsatz im vermeintlichen „Kampf gegen rechts“ überdenken – um sicherzustellen, dass sie nicht selbst zur Quelle von Unrecht und Willkür wird.
Es ist Zeit für eine ernsthafte Reflexion innerhalb der Partei darüber, wie man glaubwürdig für Demokratie und gegen Extremismus eintreten kann, ohne dabei den Bogen zu überspannen und ungewollt im Schulterschluss mit Rot-Grün-Woke die demokratische Kultur zu untergraben. Denn wenn der „Kampf gegen rechts“ zur Bekämpfung legitimer oppositioneller Meinungen wird, ist die Grenze zum Missbrauch überschritten – und das sollte eine liberale Partei wie die FDP niemals zulassen.
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