Vor 150 Jahren: Bismarck schafft die Einheit der Nation Ohne Patriotismus funktioniert ein Land nicht

Ein Gastbeitrag von Dr. Manfred Schwarz

Vor 150 Jahren, am 18. Januar 1871, gelang es Fürst Otto von Bismarck, das deutsche Kaiserreich zu gründen. Vielen – besonders links positionierten – Menschen heute gilt dieses Deutschland von damals als Ausgeburt des Chauvinismus und als Vorstufe des Nationalsozialismus. Sehr viele andere meinen, Bismarck sei der ganz große Wurf gelungen: nämlich die „Einheit der Nation“ und die „Gründung eines der modernsten Staaten der Welt“ (Dieter Stein).

Vom patriotischen Willy Brandt zum anti-patriotischen Frank-Walter Steinmeier

Das heutige Deutschland tut sich sehr schwer, der Gründung des Deutschen Reiches vor 150 Jahren angemessen zu gedenken. Bundeskanzler Willy Brandt (SPD) würdigte 1971 den Reichskanzler noch als einen „der größten Staatsmänner unseres Volkes“. Und die heute hier Herrschenden? Bei fast allen herrscht dröhnenden Schweigen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, ein heutiger Sozialdemokrat, verstieg sich – ganz auf der Höhe des „progressiven Zeitgeistes“ – zu einer besonders steilen These: „Nach einer nationalen Feier der Reichsgründung verlangt, so mein Eindruck, heute niemand.“ Steinmeier, scheint es, schämt sich eher der Reichsgründung von 1871.

Das heutige Staatsoberhaupt meint sogar, „zum guten Teil“ habe der Nationalsozialismus seine „Wurzeln auch im Kaiserreich“ gehabt. So denkt die heutige „politische Elite“.

BVG: Die BR Deutschland ist „rechtsidentisch“ mit dem Bismarckreich

Vor allem dem damaligen preußischen Ministerpräsidenten Otto von Bismarck ist es zu danken, dass der deutsche Nationalstaat gegründet wurde. Aus staatsrechtlicher Sicht ist die heutige Bundesrepublik Deutschland mit dem Bismarckreich „rechtsidentisch“, wie es das Bundesverfassungsgericht höchstrichterlich schon mehrmals festgesellt hat.

Insofern ist es hoch befremdlich, wenn revolutionäre Geister heute – nicht zuletzt aus den Reihen der linksextremistischen „Antifa“ – Bismarck-Denkmaler provozierend beschmutzen oder gar gleich ganz schleifen wollen. In Hamburg-Eimsbüttel haben linke Aktivisten sogar die „Bismarckstraße“ umbenannt. Ausgerechnet „Black-Lives-Matter-Straße“ soll der neue Name lauten.

Lange Zeit: Ein Riesen-Aufschwung

Das Kaiserreich – besonders unter Otto von Bismarck – konnte nach seiner Gründung einen weltweit einzigartigen Aufschwung verzeichnen. Wirtschaftlich, technisch, wissenschaftlich, kulturell und militärisch erlebte die konstitutionelle Monarchie damals über Jahrzehnte eine Blüte, die wohl selbst die Gründungsväter des Reiches anfänglich kaum für möglich gehalten hätten.

Die deutsche Sprache war eine Weltsprache, die meisten wissenschaftlichen Veröffentlichungen weltweit wurden auf Deutsch gedruckt. Die deutsche Sozialgesetzgebung war lange international ein Vorbild. Der Reichstag hat im Verlauf der Geschichte bis 1918 immer mehr an Macht und Einfluss gewonnen. Bis zum 1. Weltkrieg konnte das Parlament als ein echter Gegenspieler und Kontrolleur der Exekutive angesehen werden. Grundlage des parlamentarischen Selbstverständnisses war die nationale Identität.

Die heutige Mehrheit im Bundestag – gebildet durch die Koalitionsfraktionen – ist dagegen ein lupenreines Stützorgan der Bundesregierung, das nicht kontrolliert, sondern mit allen Mitteln und stets versucht, der Regierung fast unterwürfig zur Seite zu stehen und alle Angriffe resolut abzuwehren, die von der Opposition kommen. Sofern eine echte Opposition überhaupt noch vorhanden ist.

Fehlentwicklungen hat es auch in anderen Staaten gegeben

Natürlich gab es auch im Kaiserreich – insbesondere nach dem Rücktritt Otto von Bismarcks im Jahr 1890 – große Fehlentwicklungen. Aber die hat es in anderen europäischen Ländern auch gegeben. Der Professor für Neueste Geschichte Rainer F. Schmidt stellt dazu fest: „Selbst der viel geschmähte Kolonialismus lag im Trend der Zeit.“

Alle führenden Nationen damals „griffen nach Übersee aus und huldigten einem missionarischen Rassenstolz“. Frankreich habe „das Zwanzigfache, England das Neunzigfache an Kolonien im Vergleich zum Mutterland“ besessen. Ähnliches galt für Russland, Holland und Belgien.

Der Beginn des Weltkrieges von 1914 war der Anfang vom Ende dieses Kaiserreiches. Die immer wieder aufgestellte Behauptung, das Deutsche Reich habe diesen Krieg initiiert, ist freilich ein Märchen.

Auch angesehene Historiker aus dem Ausland – wie Christopher Clark – sagen heute: Der Weltkrieg ist durch die schweren Auseinandersetzungen zwischen Serben und Österreichern vom Zaun gebrochen worden. Die damaligen Weltmächte – und zwar alle –, die in Europa den Ton angaben, sind blind in den Weltkrieg hineingestolpert. Die Regierungen wurden dilettantisch geführt. Die hohe diplomatische Kunst eines von Bismarck war auch in Deutschland längst in Vergessenheit geraten.

Nationale Identität: Grundlage für ein Parlament

Nach der Weimarer Republik folgte die unselige Diktatur der Nationalsozialisten. Am Ende des verheerenden 2. Weltkrieges, den das NS-Reich verschuldete, war Deutschland total zusammengebrochen.

Im Nachkriegs-Deutschland galt es zumindest im damaligen Westdeutschland, einen neuen – einen demokratischen – Staat aufzubauen. In jenen Jahren nach dem Weltkrieg war völlig unstrittig, dass sich die neue Bundesrepublik Deutschland „in einer staatlichen Kontinuität sah“ (Dieter Stein). Dieses historisch fundierte Staatsdenken wurde auch dadurch deutlich, dass die Gründungsväter der Bundesrepublik als politische Symbole zum Beispiel den „Schwarzen Adler“ und das „Eiserne Kreuz“ wählten.

Auch für diese Zeit gilt das, was die Historikerin Hedwig Richter (“Demokratie – eine deutsche Affäre“) formuliert hat: Ohne nationale Identität wäre ein damals mächtiger Bundestag gar nicht erst entstanden.

Die Vorstellung, die heute in den meisten Medien des Mainstreams sorgfältig gepflegt wird, heutzutage befänden sich die Bürger hierzulande in einer „postnationalen“ Phase, wird auch durch die neuesten Entwicklungen in Europa und Deutschland deutlich widerlegt. Natürlich war es richtig, nach den beiden Weltkriegen in Europa eine dichte politische, kulturelle und wirtschaftliche Kooperation aufzubauen.

Ohne Patriotismus funktioniert ein Land nicht

Aber wer heute sagt, eine angebliche „europäische Identität“ könne die „nationale Identität“ ersetzen, ist weit weg von den gesellschaftlichen Realitäten. Die Hilflosigkeit der riesigen, aufgeblähten Europäischen Union – mit inzwischen 27 Ländern – angesichts der nicht enden wollenden Massenzuwanderung aus dem Ausland spricht zum Beispiel Bände.

Dass jetzt die Europäische Kommission im Zeichen der Corona-Krise nicht einmal in der Lage ist, auch nur annähernd die Menge von Impfmitteln zur Verfügung zu stellen, die die EU-Führung selbst als notwendig erachtete, unterstreicht nochmals die Ohnmächtigkeit des EU-Monstrums.

Staaten wie die politisch autonomen USA, Großbritannien und sogar das kleine Israel zeigen, wie auf der Basis eines funktionierenden Nationalstaates die Riesen-Probleme erfolgreich in Angriff genommen werden können, die den zentralistisch geführten EU-Riesen wiederum ins Wanken bringen.

In schweren Zeiten hofft niemand auf die EU

Im Zeichen einer großen Krise setzen die Menschen in Europa ihre Hoffnung nicht auf die offensichtlich unfähigen Apparatschiks im Brüsseler Zentral-Apparat. Instinktiv spüren die Bürger hierzulande, dass sie in schweren Zeiten verloren sind, wenn sie auf effektive Hilfe der fernen und unfähigen EU-Bürokratie hoffen. Zur Verantwortung ziehen können die Menschen in Europa, das nicht zu verwechseln ist mit der EU, ohnehin nur ihre nationalen Regierungen.

Gerade in der Zeit existenzbedrohender Krisen zeigt sich, dass ein Land ohne nationale Identität – und ohne einen gesunden Patriotismus – auf Dauer gar nicht funktionieren kann. Dabei ist Patriotismus, der in den USA, Großbritannien, Russland oder Frankreich ganz selbstverständlich ist, etwas ganz anderes als der gefährliche Nationalismus, der das eigene Land höher stellt als andere Staaten.

Ein Patriot identifiziert sich mit seinem eigenen Nationalstaat und will auch etwas tun für seine Nation. Ein demokratischer Patriot ist bereit, anderen Ländern, die in Not geraten sind, zu helfen. Dabei dürfen allerdings die Grundinteressen der eigenen Nation nicht untergraben werden.

Gastbeiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

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Dr. Manfred Schwarz (Politologe): Zivillehrer an der Hamburger Landespolizeischule, dann etliche Jahre Berufsschullehrer und Dozent in der staatlichen Lehrerfortbildung (Bereich: Politik); jeweils acht Jahre Medienreferent in der Hamburger Senatsverwaltung und (nebenamtlich) Vizepräsident des nationalen Radsportverbandes BDR (verantwortlich für die bundesweite Medienarbeit / Herausgeber einer Internet-Radsportzeitung). CDU-Mitglied, sechs Jahre Mitglied des Hamburger CDU-Landesvorstands. Heute Autor für verschiedene Internetportale mit den Schwerpunkt-Themen Politik und Medien.

Bild: hurricanehank/Shutterstock
Text: Gast 

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