Der Gerichtsentscheid sorgte bundesweit für Schlagzeilen, zumindest bei den Medien, die nicht stramm auf Regierungskurs sind: Eine Familienrichterin vom Amtsgericht Weilheim hatte ein Schulkind von der Maskenpflicht befreit. Im konkreten Fall war ein Kind an einer Realschule im oberbayrischen Schlehdorf wiederholt aus dem Unterricht nach Hause geschickt worden, weil es mit der Maske an Kopfschmerzen und Übelkeit litt. Das Kind hatte bereits seit Oktober 2020 ein Attest. Dieses wurde allerdings von der Schulleitung nicht anerkannt, wie der Münchner Merkur berichtet: Deshalb zogen die Eltern vor Gericht. Dort entschied die Familienrichterin, „das Kindeswohl“ sei „im konkreten Fall gefährdet“.
Die Richterin kam zu der Entscheidung, dass die Schulleitung dem Kind auf dem Schulgelände nicht mehr das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung vorschreiben dürfe, wie es in dem Bericht heißt: „Zudem hatte das Gericht entschieden, dass das Kind nun wegen des Urteils nicht in der Klasse isoliert werden dürfe.“ Grundsätzlich wurde durch die Gerichtsentscheidung demnach aber nicht die entsprechende Verordnung gekippt. Für eine solche rechtliche Überprüfung wäre nämlich nicht das Familien- bzw. das Amtsgericht zuständig, sondern die Verwaltungsgerichte.
Die Staatsanwaltschaft München prüft nun mehrere Anzeigen wegen Rechtsbeugung gegen die Weilheimer Richterin. „Wir haben Vorermittlungen eingeleitet, weil es mehrere Anzeigen gab“, sagte eine Sprecherin laut Münchner Merkur: „Ob diese Vorermittlungen in ein offizielles Ermittlungsverfahren übergehen oder eingestellt werden, sei noch nicht entschieden.“ Sowohl die Schulleitung als auch das Kultusministerium in München hatten unterstrichen, das Urteil sei eine „Einzelfallentscheidung“, so das Blatt. Der Beschluss habe keine Auswirkungen auf Infektionsschutzmaßnahmen an den bayrischen Schulen. Die Regelungen seien auch vom Verwaltungsgerichtshof als rechtmäßig eingestuft worden.
In Weimar im rot-rot-grün regierten Thüringen initiierte die Staatsanwaltschaft, die einem grünen Justizminister untersteht, vergangene Woche eine Durchsuchungsaktion bei einem Richter, der wie seine Kollegin in Weilheim entschieden hatte. Es bestehe ein Anfangsverdacht, dass sich der Richter einer Beugung des Rechts schuldig gemacht habe, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Das Handy des Richters wurde beschlagnahmt. Die Anklagebehörde sprach von „Anhaltspunkten dafür, dass der Beschuldigte willkürlich seine Zuständigkeit angenommen hat, obwohl es sich um eine verwaltungsrechtliche Angelegenheit handelte, für die ausschließlich der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist“.
Laut dem Anwalt des Richters Gerhard Strate wirft die Staatsanwaltschaft dem Richter vor, gegen Paragraf 1666 („Gerichtliche Maßnahmen bei Gefährdung des Kindeswohls“) des Bürgerlichen Gesetzbuchs verstoßen zu haben. Die Vorschriften in Absatz 4 dort besagen aber, dass ein Familiengericht auch bevollmächtigt ist, „auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten“ zur Abwendung von Gefahren für Kinder zu treffen. Richter Dettmar sei davon ausgegangen, dass mit „Dritten“ auch öffentliche Institutionen wie Schulen gemeint seien. Dies sei eine „absolut vertretbare Position““, so der Anwalt.
Bild: Shutterstock
Text: red
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