Wer erklärt Habeck den Unterschied zwischen Transformation und Wachstum? „Grünes Wirtschaftswunder“ im Realitäts-Check

Von Kai Rebmann

Wenn es um das angebliche „Grüne Wirtschaftswunder“ geht, ist der zuständige Ampel-Minister Robert Habeck selten um wohlklingende Wortschöpfungen verlegen. Ob es nun eine „transformative Angebotspolitik“ oder die „Klimaschutzverträge“ sind, gemeint ist in beiden Fällen immer dasselbe: milliardenschwere Subventionen für energieintensive Unternehmen, um diese zum möglichst CO₂-neutralen Umbau ihrer Produktionskapazitäten zu bewegen.

Die Realität im September 2024 ist freilich eine andere. Große Unternehmen und Konzerne streichen Jobs im großen Stil zusammen oder kehren dem Industriestandort Deutschland gleich ganz den Rücken. Die Begründungen für diese oft weitreichenden Entscheidungen hören sich immer gleich an: zu hohe Steuern, zu viel Bürokratie und vor allem horrende Strompreise. Letztere machen ein Überleben in Deutschland gerade für Betriebe aus energieintensiven Branchen schwer bis teilweise unmöglich.

Dabei behauptete Habeck im März 2024 bei der Vorstellung der „Klimaschutzverträge“ noch: „Heute ist ein guter Tag für den Industriestandort Deutschland, den Klimaschutz und nachhaltige Arbeitsplätze in diesem Land.“ Es gehe der Ampel bei dem aus Steuergeldern finanzierten Milliarden-Projekt um „moderne, klimafreundliche Industrieanlagen von morgen“, so der Bundeswirtschaftsminister im Frühjahr.

Nur ein halbes Jahr später ist von so viel ideologischem Wunschdenken praktisch nichts mehr übrig – ganz im Gegenteil. Selbst schon sicher geglaubte Investitionen in den Industriestandort Deutschland und die damit einhergehende Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen stehen auf der Kippe oder wurden zumindest auf unbestimmte Zeit verschoben.

Fördergelder werden nicht abgerufen

Wie fehlgeleitet die von Habeck ausgeheckten Ansätze sind, zeigt das Beispiel der „transformativen Angebotspolitik“, ein im Frühjahr 2023 aufgelegtes Förderprogramm zum klimaneutralen Umbau der hiesigen Industrie. Mehrere Schwergewichte haben ursprünglich geplante Investitionen in Deutschland verschoben oder ganz abgesagt – und das trotz in Aussicht gestellter Subventionen im teilweise zweistelligen Milliardenbereich.

Der Halbleiterhersteller Intel hat ein 30-Milliarden-Projekt in Magdeburg auf die lange Bank geschoben, obwohl rund ein Drittel der Summe aus der Staatskasse hätte fließen sollen. Thyssenkrupp denkt aktuell laut über einen Abschied aus dem Ruhrgebiet nach, da die zwei Milliarden Euro aus dem Habeck-Topf bei weitem nicht ausreichen, um sich innerhalb der nächsten 15 bis 20 Jahre klimaneutral aufzustellen. Ähnliche Meldungen kamen zuletzt aus den Konzernzentralen von Unternehmen wie Northvolt (Batterien), Wolfspeed (Chipherstellung) oder Arcelor Mittal (Stahl).

Einem Bericht von „Table.Media“ zufolge sollen sich die aus dem Bundeshaushalt in Aussicht gestellten Subventionen für die „transformative Angebotspolitik“ auf insgesamt 24 Milliarden Euro belaufen. Am (Steuer)Geld scheint das Zögern und Zaudern der Industrie also nicht zu scheitern, ganz offensichtlich gibt es andere Gründe für die Skepsis – für die die Grünen aber einmal mehr eine ganz eigene Erklärung gefunden haben.

Felix Banaszak, Mitglied des Wirtschafts- und Haushaltsausschusses im Bundestag, wirbt um Geduld für die Politik seines Parteifreundes und setzt die grüne Transformation mit nichts weniger als der industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts gleich. So ein Wandel habe es in sich und es sei normal, „dass damit an manchen Stellen auch Rückschläge verbunden sind.“

Grüne Transformationspolitik torpediert Wirtschaftswachstum

Wenig bis gar nichts kann Jens Spahn (CDU) mit dem Begriff der „transformativen Angebotspolitik“ anfangen. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister bezweifelt vielmehr, ob der grüne Wirtschaftsminister und dessen Chef überhaupt wissen, wovon sie in diesem Zusammenhang reden: „Der Scholz-Habeck-Irrglaube ist, dass durch Transformation Wachstum entsteht.“

Spahn sieht es spätestens im September 2024 als erwiesen an, dass dies nicht der Fall ist: „Umgekehrt wird ein Schuh draus: Wachstum ist die Voraussetzung, um in Klimaschutz investieren zu können.“ Anstatt einzelne Unternehmen mit Milliarden zu subventionieren, sieht Spahn dieses Geld in Maßnahmen besser und sinnvoller investiert, die dabei helfen würden, die Strompreise in Deutschland zu senken.

Fakt ist in jedem Fall, dass sich Deutschland europaweit mit die höchsten Strompreise leistet und diese in energieintensiven Branchen wie Papier, Glas, Chemie oder Stahl längst zu einem gewichten Standortnachteil geworden sind. Auch Förderprojekte wie Habecks „Klimaschutzverträge“ oder eine „transformative Angebotspolitik“ sucht man in allen anderen Mitgliedsstaaten der EU vergeblich. Robert Habeck gleicht also jenem Mann, der auf der Autobahn die falsche Auffahrt erwischt hat und sich jetzt wundert, wo denn die ganzen Geisterfahrer herkommen.

„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“

sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Bei uns ist es wohl eher ein guter Anwalt – und der kostet Geld. Augsburgs CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber hat mich gerade angezeigt, weil ich es gewagt habe, ihre Amtsführung zu kritisieren. Es geht um mehr als nur diesen Fall. Es geht um das Recht, Kritik an den Mächtigen zu üben, ohne kriminalisiert zu werden. Helfen Sie mir, dieses wichtige Recht zu verteidigen! Jeder Beitrag – ob groß oder klein – macht einen Unterschied. Zusammen können wir dafür sorgen, dass unabhängiger Journalismus stark bleibt und nicht verstummt. Unterstützen Sie meine Arbeit:

1000 Dank!

Aktuell sind (wieder) Zuwendungen via Kreditkarte, Apple Pay etc. möglich – trotz der Paypal-Sperre:

Über diesen Link

Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501

BITCOIN Empfängerschlüssel auf Anfrage

Diejenigen, die sdeeldbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut.

Meine neuesten Videos und Livestreams

Manipulationen zahlen sich aus: SPD wächst in Brandenburg stark. CDU sichert Weiterbestand der Ampel

Die Deutschen wollen es offenbar nicht anders: „Weiter so“ als großes Signal der Landtagswahlen

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben immer die Meinung des Autors wieder, nicht meine. Ich schätze meine Leser als erwachsene Menschen und will ihnen unterschiedliche Blickwinkel bieten, damit sie sich selbst eine Meinung bilden können.

Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: penofoto/Shutterstock

Bitte beachten Sie die aktualisierten Kommentar-Regeln – nachzulesen hier. Insbesondere bitte ich darum, sachlich und zum jeweiligen Thema zu schreiben, und die Kommentarfunktion nicht für Pöbeleien gegen die Kommentar-Regeln zu missbrauchen. Solche Kommentare müssen wir leider löschen – um die Kommentarfunktion für die 99,9 Prozent konstruktiven Kommentatoren offen zu halten.

Mehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de