„Grünes Wirtschaftswunder“ vs. Realität: Pleitewelle überrollt Deutschland Deindustrialisierung in Zahlen

Von Kai Rebmann

Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, so lautet die offizielle Berufsbezeichnung von Robert Habeck (Grüne). Dabei klingt zumindest der erste Teil wie eine Anmaßung. Denn wer Habeck in den vergangenen zwei Jahren über Wirtschaft hat reden hören, wird sich mehr als einmal gedacht haben: Schuster – oder besser gesagt, Kinderbuchautor – bleib bei deinen Leisten!

Wie sehr der Vizekanzler mit der Realität fremdelt, stellte Robert Habeck zuletzt bei Anne Will unter Beweis, als er seine ideologische Brille einen kurzen Moment lang abnehmen musste: „Wir sind umzingelt von Wirklichkeit“, so die scheinbar urplötzliche Erkenntnis.

Anstatt der dringend benötigten Impulse für Wachstum – Deutschland ist im Jahr 2023 die einzige große Industrienation mit einer Schrumpf-Wirtschaft (minus 0,4 Prozent) – rechnen die hiesigen Firmen und Konzerne nahezu ständig mit neuen Knüppeln, die ihnen aus dem Wirtschaftsministerium zwischen die Beine geworfen werden.

Und nein, hierbei handelt es sich nicht um tumbes Bashing gegen Robert Habeck zum Jahresausklang. Das Versagen des gefallenen Grünen-Stars lässt sich in schlichten, nüchternen Zahlen ausdrücken – und die sprechen branchenübergreifend eine sehr klare Sprache.

Böses Erwachen: E-Mobilität auf dem Rückzug

In der Autobranche sieht die von Habeck beklagte Wirklichkeit zum Beispiel so aus: Deutschland setzt sich maßgeblich für die Transformation weg vom Verbrenner hin zur E-Mobilität ein und macht sich und seine Hersteller so selbst vom Weltmarktführer zum globalen Nachzügler. Das ist in etwa so, als wollten Österreich oder die Schweiz das Skifahren in den Alpen verbieten lassen.

Und so sehen die Folgen aus: Aufgrund der „deutlichen Abnahme der Nachfrage“ gab VW Anfang Dezember bekannt, die Produktion der E-Modelle ID.3 und Born (Cupra) vorerst zu stoppen. Von der Maßnahme betroffen seien die Werke in Dresden und Zwickau, wie es weiter hieß. Als unmittelbare Folge steht der Abbau von 500 befristeten Arbeitsplätzen zum Jahresende.

Wohlgemerkt: Die Ankündigung kam noch vor dem über Nacht von Habeck beschlossenen Aus für die E-Auto-Prämie. Vom Domino-Effekt betroffen ist darüber hinaus auch die Belegschaft des Zulieferers CATL. Der in Erfurt ansässige Batteriezellen-Hersteller muss infolge des Stopps bei seinem Großkunden VW ebenfalls per sofort die Produktion drosseln und seine Mitarbeiter in den Zwangsurlaub schicken.

Die Krise trifft aber nicht nur die Großkopferten. Am 23. November 2023 wurde der Elektroroller-Hersteller UNU beim Amtsgericht Berlin Charlottenburg vorstellig, um die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu beantragen. Zu den Gründen teilt das Unternehmen mit: „Die aktuelle Inflation und die Zurückhaltung vieler Kunden hat den Markt für Roller in den Kernmärkten des Unternehmens um über 50 Prozent einbrechen lassen.“ Dieser Rückgang in Kombination mit gestiegenen Material- und Logistikkosten habe das eigene Geschäftsmodell stark gefährdet, wie UNU weiter ausführt.

Traditionsmarken kehren Deutschland den Rücken

Weniger zu tun gibt es offenbar auch bei Miele (Haushaltsgeräte) und s.Oliver (Mode). Der Waschmaschinen-Hersteller kündigte als Folge der lahmenden Konjunktur und des damit verbundenen Rückgangs der Nachfrage die Umstellung vom Drei- in einen Zwei-Schicht-Betrieb am Hauptsitz in Gütersloh an. Rund 1.300 Mitarbeiter sind von dieser Maßnahme betroffen.

Im fränkischen Rottendorf hat die Konzernspitze von s.Oliver zwar eine Sprachregelung gefunden, in der wirtschaftliche Probleme als Grund für unpopuläre Maßnahmen vermieden werden, 100 Stellen sollen aber dennoch gestrichen werden. Offizielle Begründung: „Verbesserung von Strukturen und Prozessen im gesamten Unternehmen“.

Besonders Konzerne aus energieintensiven Branchen denken inzwischen nicht mehr nur über die Abwanderung aus Deutschland nach, sondern machen längst Nägel mit Köpfen. Bei den Reifenherstellern Michelin und Goodyear stehen deshalb in Deutschland rund 2.500 Jobs auf der Streichliste.

Michelin will gemäß eigener Ankündigung im kommenden Jahr die Standorte in Homburg, Karlsruhe und Trier schließen, weshalb sich mehr als 1.500 Mitarbeiter demnächst eine neue Arbeit suchen müssen. Als möglicher Alternativstandort für die Produktion wurde unter anderem Polen genannt.

Bei Goodyear stehen das Werk in Fulda sowie rund 1.050 Mitarbeiter vor dem Aus. Ob die dort bisher produzierten Fulda-Reifen künftig im Ausland hergestellt werden, steht derweil noch in den Sternen. Darüber hinaus hat Goodyear die Stilllegung der Betriebsstätte in Fürstenwalde (Brandenburg) bis zum Jahr 2027 angekündigt.

‚Made in Germany‘ als Auslaufmodell?

Die hohen Energiekosten sind auch beim Helm-Hersteller Uvex ein bestimmendes Thema – und einer der Gründe für das Aus am Traditionsstandort in Obernzell bei Passau. In Kombination mit ebenfalls stetig steigenden Lohn- und Materialkosten sei der Betrieb defizitär, wie das betroffene Tochterunternehmen B-S-A im November mitteilte. Als Folge steht die Stilllegung der Produktion in Deutschland, knapp 200 Mitarbeiter stehen demnächst auf der Straße.

Ähnliche Situation beim inzwischen insolventen Keramik-Hersteller Römertopf, auch im Westerwald hat „Made in Germany“ ausgedient. Ein Investor will die kränkelnde Traditionsmarke zwar retten – was aber nicht für die 36 Arbeitsplätze am bisherigen Standort in Ransbach-Baumbach gelten soll. Vielmehr soll auch hier die Produktion ins Ausland verlagert werden, wobei das genaue Ziel noch offen ist.

Traurige Bilanz

Das Statistische Bundesamt berichtet in einer Pressemitteilung vom 6. Dezember für den Oktober 2023 über einen Rückgang der Auftragslage für die deutsche Industrie in Höhe von 7,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders prekär ist die Lage demnach im Maschinenbau, wo die Nachfrage „saison- und kalenderbereinigt“ um 13,5 Prozent regelrecht eingebrochen ist.

Noch deutlich alarmierender lesen sich jedoch die von der Wirtschaftsauskunftei Creditreform am 4. Dezember veröffentlichten Zahlen. Demnach haben im Jahr 2023 „hohe Kostenbelastungen und die Rezession das Insolvenzgeschehen in Deutschland befeuert“. In konkreten Zahlen bedeutet das eine Zunahme um knapp ein Viertel (23,5 Prozent) gegenüber dem Vorjahr, 18.100 Anträge stehen 14.660 Anträgen im Jahr 2022 gegenüber.

„Immer mehr Firmen brechen unter den Dauerbelastungen der hohen Energiepreise und der Zinswende zusammen“, wie die Wirtschaftsforscher erklären. Ludwig Hantzsch sieht auch für die nahe Zukunft wenig Grund für Optimismus: „Die Zahl der Insolvenzen wird bei diesen schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch in den kommenden Monaten deutlich ansteigen.“

Der Creditreform-Experte sieht die Sondereffekte der Corona-Zeit zunehmend verpuffen und stellt insbesondere Robert Habeck ein vernichtendes Zeugnis aus: „Im Vergleich zu 2019 haben sich die Rahmenbedingungen für die Unternehmen signifikant verschlechtert und der wirtschaftspolitische Schlingerkurs verunsichert zusätzlich.“

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

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