Wie die Bundesregierung in die „Stalin-Schnurrbart-Falle“ tappte Entlarvende Szene auf der Bundespressekonferenz

Was bitte hat die Bundesregierung mit Stalins Schnurrbart zu tun, werden jetzt vor allem diejenigen Leser fragen, die noch nicht so lange auf meiner Seite sind (während sich hoffentlich einige der seit längerem hier Aktiven die Antwort schon vorstellen können). Nein, die Bundesregierung hat nichts mit Stalins Schnurrbart zu tun. Aber sie hat sich auf eine Art und Weise selbst entlarvt, die am deutlichsten wird durch einen russischen Witz, der sich um den Gesichtsbewuchs des Massenmörders dreht. Meinen Lieblingswitz, der in unglaublich vielen Lebenssituationen zur Erklärung beiträgt. Und zur Entlarvung. Insbesondere dann, wenn allzu schnell und übereifrig von Diskriminierung etc. die Rede ist, also die „Cancel-Culture-Keule“ geschwungen wird. Nun also der Witz – meine alteingesessenen Leser mögen mir die Wiederholung verzeihen und einfach weiterblättern bzw. neudeutsch „runterscrollen“.    

Der ebenso legendäre wie berüchtigte Marschall Schukow brummt nach einer Visite bei Stalin „Arsch mit Schnurrbart“ vor sich hin. Stalin-Sekretär Poskrjobyschew, die Inkarnation des Speichelleckers und Denunzianten, schnappt das auf und rennt sofort zu seinem Chef, um zu petzen: „Schukow hat Sie gerade Arsch mit Schnurrbart genannt.“ Stalin lässt sofort Schukow rufen, ist außer sich vor Wut: „Haben Sie gerade ‚Arsch mit Schnurrbart‘ gesagt?“ Der geniale Schukow findet nach einer Schrecksekunde sofort wieder zu sich und entgegnet betont ruhig und gelassen: „Ja, Genosse Stalin. Ich habe selbstverständlich Hitler gemeint.“ Sodann dreht sich Schukow kühl zu Poskrjobyschew um: „Wen haben denn Sie gemeint, Genosse?“

Ich nahm am Mittwoch in einer Frage an Merkels Sprecher Steffen Seibert auf der Bundespressekonferenz den aktuellen „Amnesty-Bericht“ zum Anlass, um nach der Situation in Sachen Meinungsfreiheit in Deutschland zu fragen. Seiberts Antwort war ausweichend: Er kenne den Bericht (noch) nicht und könne sich nicht dazu „verhalten“. Am gleichen Tag schrieb ich eine Mail an das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, dessen Chef Seibert ist:

Und nun legte Seiberts Stellvertreterin, meine ehemalige Focus-Kollegin Ulrike Demmer, am Freitag nach. Und zwar in einem Duktus, mit dem sie offenbar – jedenfalls sehe ich das so – via Framing zumindest beim flüchtigen Zuhörer den Eindruck erwecken konnte (hoffentlich nicht gar wollte), ich hätte falsche Informationen verbreitet: „Ich hätte noch eine Ergänzung zu machen. Herr Reitschuster, der uns ja vielleicht aus der Ferne zuhört, hatte hier in der vergangenen Pressekonferenz aus einem Amnesty-International-Bericht zitiert. Ich stelle noch einmal seine Frage: Amnesty International beklage Zensur, Schikane und Kriminalisierung von Coronamaßnahmenkritikern und warne, dass ein Klima der Angst entsteht. Der Begriff Fake News würde von Politikern missbraucht, um kritische Meinungen zu diskreditieren. Die Frage von Herrn Reitschuster war: Wie sehen Sie die Entwicklung in Deutschland?“

Nun folgt der Schlüsselsatz von Demmer – der in meinen Augen zeigt, dass die Bundesregierung hier voll in die Stalin-Schnurrbart-Falle tappte (obwohl meine Frage überhaupt nicht als Falle gedacht war):

„Weil durch diese Frage ja der Eindruck entstanden sein könnte, dieser Bericht kritisiere auch Deutschland für eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, möchte ich hier doch gerne noch einmal irgendwie zu Protokoll geben:“

Also – warum glaubt die Bundesregierung, bei irgendjemandem könne so ein Eindruck entstanden sein, wenn sie doch gebetsmühlenartig bei jeder sich bietenden Gelegenheit betont, wie wunderbar die Zustände in Deutschland in Sachen Meinungsfreiheit seien? Würde sie an diese eigenen Beteuerungen glauben – wie könnte sie zu dem Schluss kommen, dass hier ein falscher Eindruck entstehen könnte? Und warum sähe sie sich veranlasst, etwas zu Protokoll zu geben?

Weiter führte Demmer – für eben jenes Protokoll – aus:

 

„Deutschland wird in dem Bericht gar nicht erwähnt. Es ist also kein Bericht über die Zustände in Deutschland, sondern der Bericht gibt einen globalen Überblick. Er beklagt tatsächlich, dass es in einigen Ländern, hier werden ausdrücklich China, Thailand, Indonesien, Kuba, Usbekistan, Uganda, Niger, Bahrain, Nicaragua genannt, und das ist nur ein Teil der Auswahl, tatsächlich Aktivitäten von Regierungen gibt, um Berichterstattung und freien Meinungsaustausch zu behindern. Auf die Ergebnisse dieses Berichts blicken wir natürlich sorgenvoll. Aber das kann ich hier noch einmal versichern: In Deutschland gilt das Recht auf freie Meinungsäußerung. Meinungen zu äußern und über sie zu streiten und auch einander zugewandt zuzuhören, zeichnet uns in Deutschland aus, das gilt natürlich auch in Zeiten der Pandemie.“

Mein Autor Sönke Paulsen intervenierte sofort, als er diese Aussage hörte bzw. las: „Deutschland wurde in dem Bericht nicht erwähnt?? Gehört Deutschland nicht mehr zur EU? Die EU wurde erwähnt und es wurde von einigen Ländern der EU gesprochen, von denen nur Spanien exemplifiziert wurde. Die Äußerungen über den Missbrauch der Fake-News-Unterstellungen für unliebsame Fakten kam ganz am Anfang des Berichtes und war global gemeint. Gehört Deutschland auch nicht mehr zur Welt? Wozu gehört Deutschland dann eigentlich? Zum Mond?“

Ist es also die Bundesregierung, die hier beim Versuch, anderen Falsch-Informationen in die Schuhe zu schieben, selbst Falsch-Informationen in die Welt setzt, geschickt so formuliert, dass man formell zwar nichts Falsches sagt, aber bei den meisten Zuhörern und Lesern etwas Falsches hängen bleibt? 

Fragen über Fragen.

Was die Versicherung meiner Ex-Kollegin angeht, in Deutschland gelte das Recht auf freie Meinungsäußerung und „Meinungen zu äußern und über sie zu streiten und auch einander zugewandt zuzuhören, zeichnet uns in Deutschland aus“, so kann ich das offengestanden nur als Hohn auffassen.

Ich als Journalist muss bei jedem Wort auf Youtube ein faktisches Berufsverbot für meine Arbeit als Video-Journalist fürchten. Und ganz, ganz vielen Menschen in diesem Land geht es genauso. Facebook, Twitter und Linkedin zensieren, was das Zeug hält. Angestiftet dazu hat sie Demmers Bundesregierung mit ihrem Netzwerkdurchsetzungsgesetz. Allen kritischen Kollegen und Corona-Maßnahmen-Kritikern, die ich kenne, geht es so wie mir – sie haben ständig das Damokles-Schwert der Zensur über sich. Von Polizeibesuchen zu Hause mitsamt Ausfragen der Nachbarn oder demonstrativem Aufhalten an der Grenze wie in meinem Fall oder Hausdurchsuchungen im Morgengrauen wie bei aufmüpfigen Richtern und Experten bis hin zum Blockieren aller Vermögenswerte wie im Falle des Impf-Experten Prof. Dr. Stefan Hockertz gar nicht zu reden. Und da stellt sich Frau Demmer hin und sagt, Deutschland zeichne das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Zuhören aus?

m-vg

 

Wie kommt es zu solchen Aussagen? Klar, Frau Demmer und Herr Seibert haben völliges Recht auf freie Meinungsäußerungen. Ihnen hören auch viele zu. Aber sehen sie die Missstände nicht? Blicken sie absichtlich weg? Ich halte beides für möglich und erlaube mir keine abschließende Beurteilung. Nur so viel: Frau Demmer, Herr Seibert, wenn es Deutschland auszeichnet, dass man sich über unterschiedliche Meinungen „streitet und auch einander zugewandt zuhört“, dann gehen Sie doch in den Dialog! Reden Sie endlich mit kritischen Journalisten in einem direkten Interview in einer fairen Gesprächssituation und stellen Sie sich der Kritik! Stellen Sie sich dem Dialog mit Kritikern Ihrer Corona-Maßnahmen! Solange Sie das nicht tun, klingen Ihre Worte wie Hohn. Sie können gerne bei mir anfangen – Sie haben meine E-Mail, ich bin zu einem fairen Interview gerne bereit. Ohne Schnitte, ausgestrahlt wie aufgezeichnet. Auch viele Maßnahmen-Gegner haben oft ihre Dialog-Bereitschaft beteuert. Die Antwort ist immer Schweigen. 

Aber wer gute Argumente hat, braucht keine Angst zu haben vor Dialog. 

Ich konnte leider am Freitag auf die Bemerkung von Ulrike Demmer nicht reagieren: Das Online-Tool funktionierte nicht, das Stellen von Fragen war nicht möglich.

Ich bin mir der Gefahr bewusst, dass Beiträge wie dieser Versuche, mich aus der Bundespressekonferenz herauszubekommen, noch befördern könnten. Aber ich will mir keine Selbstzensur auferlegen.  

Mehr zur aktuellen Bundespressekonferenz –  auch mit der oben beschriebenen Szene – in meinem neuen Video-Kommentar aus der Bundespressekonferenz, wie immer neuerdings wegen der Zensur auf Youtube auf Rumble und in Kürze auch auf Odysee.  

 

Die Bundespressekonferenz in voller Länge hier:

YouTube player
Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

 
Bild: Shutterstock
Text: Reitschuster.de

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