Die hier beschriebene Szene im Original sowie ein Satire-Video von mir zum Thema finden Sie über diesen Link.
Das Leben spielt manchmal die seltsamsten Streiche. Ein prominenter russischer Oppositioneller empörte sich vor einigen Jahren im Gespräch mit mir, dass die russische Propaganda völlig durchdrehe. „Noch schlimmer als sonst“, fragte ich zurück? „Komplett abartig und völlig absurd“, meinte er, und erzählte, die russischen Staatssender würden verbreiten, dass sich in Deutschland ein männlicher Offizier in eine Frau habe umoperieren lassen, jetzt als Frau ein Kommando übernommen habe und im deutschen Fernsehen gezeigt worden sei, wie der Offizier bei einer „Mann-Abschieds-Feier“ einen symbolischen, gewaltigen Penis zerschlug und durch eine gigantische symbolische Vagina durch eine Tür schritt; in dem Film sei die Kommandeurin sogar in Unterwäsche gezeigt worden. „Wer soll so was glauben?“, fragte mich der russische Bekannte empört. Ich musste ihm eröffnen, dass es sich nicht um „Fakes“ handelt. Sondern um Realität. Und es die Sendung wirklich gab, sogar im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (anzusehen hier). Erst als ich ihm den Film vorspielte, glaubte mir mein russischer Bekannter.
Ich bin in der Bundeswehr bestens vernetzt und weiß, welche Empörung der Film dort auslöste. Der Tenor, den ich viele Male hörte: „Jeder soll in seinem Privatleben machen, was er will, wir sind da völlig tolerant, aber wir wollen nicht, dass das Sexualleben von Soldaten, umso mehr von Offizieren, an die Öffentlichkeit gezerrt wird, mit intimsten Details, und dies in einer Art geschieht, die belehrend wirkt.“ Tatsächlich erinnert der Beitrag an Propaganda. Ich kenne die Einheit, in der die Betroffene das Kommando hatte, und weiß, dass die Reaktionen zu einer ganz großen Zahl genau die gegenteiligen von denen waren, die im Film dargestellt werden. Dies wird komplett ausgeblendet.
Die Transgender-Kommandeurin war gestern Thema auf der Bundespressekonferenz. Angesprochen hat sie dort der Kollege von der Jungen Freiheit. Hier seine Frage im Wortlaut:
VOLLRADT: Meine Frage geht an das BMVg. Sie bezieht sich auf den Fall der Frau Oberstleutnant B., die als Transgender eine gewisse Prominenz erzielte und in einem öffentlich zugänglichen YouTube-Podcast unter anderem sagte, ich zitiere wörtlich: „Ich lasse mich gern vögeln in Darkrooms. Ich bin in einem Kollektiv. Wir machen unsere eigenen sexpositiven Partys. Es ist geil.“
Auf unsere Anfrage, inwieweit dies mit § 17 des Soldatengesetzes, wonach das Verhalten eines Soldaten auch außerhalb des Dienstes das Ansehen der Bundeswehr nicht ernsthaft beeinträchtigen darf, vereinbar ist, teilten Sie mit, Sie könnten dies aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht kommentieren.
Im Unterschied dazu haben Sie im vergangenen Jahr im Falle eines anderen Offiziers, der als Referent bei Ihnen im Hause tätig war und auf Instagram ein falsches Gefällt-mir geklickt hat, hier in der Pressekonferenz sowie via Twitter die Vorwürfe gegen den Soldaten aufgegriffen und mitgeteilt, man werde das umgehend sorgfältig prüfen und habe sofort Ermittlungen eingeleitet.
Ich frage also: Wie begründen Sie diese Ungleichbehandlung? Wieso gilt für den einen Offizier, der sogar prominent in der Öffentlichkeit steht, der Persönlichkeitsschutz und für den anderen nicht?
RUOTSI (Sprecherin Verteidigungsministerium): Das trifft sich gut, dass Sie mir die Frage stellen. Denn ich habe Ihnen auf beide Anfragen geantwortet, und es gilt nach wie vor der Persönlichkeitsschutz. Ich sehe überhaupt keine Ungleichbehandlung. Ich werde zu beiden keine Stellung nehmen. Was ich Ihnen aber grundsätzlich sagen kann, ist, dass, wenn wir den Eindruck bekommen oder es Meldungen gibt, dass etwas unrechtmäßig läuft, wir uns das dann selbstverständlich sehr genau anschauen, und darüber hinaus kommentiere ich beide Fälle nicht.
ZUSATZ VOLLRADT: Aber noch einmal die Frage: Sie haben aber in dem vorigen Fall diesen Fall öffentlich durchaus kommentiert, und er war einer konkreten Person zuzuordnen.
RUOTSI: Das teile ich nicht. Ich habe gar nichts kommentiert. Das sind Persönlichkeitsschutzrechte, und alle werden gleichbehandelt, und das gilt in beiden Fällen so, und es gibt, wie gesagt, inhaltlich zu beiden Fällen nichts zu ergänzen.
ZUSATZ VOLLRADT: Inhaltlich nicht, aber Herr Thiels hat damals hier in der BPK dazu Stellung genommen.
RUOTSI: Ich habe meinen Ausführungen nichts hinzuzufügen.
Daraufhin hakte noch der Kollege von nd/Der Tag nach, dem früheren SED-Zentralorgan „Neues Deutschland“:
LÜCKING: Wäre in dieser Hinsicht nicht eine Differenzierung notwendig? Der angesprochene Fall von damals hatte ja dienstliche Inhalte. Der jetzt angesprochene Fall hat ja rein private Inhalte. Wäre es nicht an der Zeit, die Social-Media-Regeln der Bundeswehr diesbezüglich noch einmal deutlich zu überarbeiten?
RUOTSI: Vielen Dank, Herr Lücking. Sie haben, denke ich, verfolgt, dass die Social-Media-Regeln angepasst wurden. Das ist ja auch schon, ich weiß nicht, zwei Jahre her. Das wird kontinuierlich weitergeprüft, das, was das Thema „Social-Media-Regeln“ angeht.
Was eine Differenzierung angeht, so teile ich das nicht. Es ist eine sehr klare gesetzliche Vorgabe. Das hat auch nichts damit zu tun, dass wir uns sperren würden, irgendetwas zu sagen. Wir dürfen es schlichtweg nicht aus rechtlicher Sicht, und dem kommen wir selbstverständlich nach, und wenn Sie unterscheiden in privat und in so sage ich mal dienstlich, dann tun wir das selbstverständlich auch. Zu beiden Fällen kann ich Ihnen nicht mehr sagen als das, was ich gerade getan habe.
Sehen Sie sich hier die beschriebene Stelle im Video an.
Sehen Sie auch meinen aktuellen Video-Kommentar von der Bundespressekonferenz zu den Corona-Themen im zensurfreien Internet auf Rumble an. Die gesamte Bundespressekonferenz vom Mittwoch finden Sie hier.
Bild: Boris Reitschuster
Text: br
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