30 Jahre nach dem Untergang der linksextremen Diktatur in Deutschland ist die Bundesrepublik weit fortgeschritten auf dem Weg in den Erziehungsstaat. Der seinen Bürgern nicht nur die richtige Haltung quasi amtlich verordnet, sondern auch wie sonst nur Eltern ihren Kindern vorschreibt, wie sie sich zu verhalten haben. Die Corona-Zeit war nur die Spitze dieses Eisbergs, den eine ideologische Politik aufgestaut hat (siehe dazu auch mein aktuelles Wochenbriefing hier). So dumm es wäre, die aktuellen Zustände mit der DDR gleichzusetzen – so verantwortungslos wäre es, gewisse Parallelen und vor allem ähnliche Denkweisen bei den Regierenden ebenso wie in den Medien nicht festzustellen: Sie verstehen sich weniger als Angestellte der Bürger denn als deren Erzieher. Dieser Anspruch quillt vielen aus allen Poren.
Und für diese Volkserzieher in Regierungssesseln, Parlamenten, Behörden, Verbänden und Redaktionsstuben ist nun nach dem Klimawechsel ausgerechnet der Ukraine-Krieg ein Anlass, wieder fest nach dem Rohrstock zu greifen, mit dem sie den bösen Pöbel endlich zum verantwortungsbewussten Kollektiv erziehen möchten. Jüngstes Beispiel: Der neue Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. Er fordert jetzt Unternehmen und Bürger auf, ihren Gasverbrauch zu senken. Sonst seien Einschränkungen möglich, sagte Müller dem Zentralorgan von Rotgrünlila, der „Zeit“. „Auf die Frage, ob Saunen und große Single-Wohnungen künftig noch ständig beheizt werden könnten, sagte er: ‘Nein, ich glaube, dass das in einer Gasnotlage auf gar keinen Fall mehr zu rechtfertigen wäre.‘ Der private Verbrauch sei noch zu hoch, hier spiegele sich die Krise noch nicht wider.“
Sollte der Krieg in der Ukraine weiter eskalieren und die Bundesregierung die Alarmstufe ausrufen, dann wäre die Zeit gekommen, den Verbrauch einzelner Privatpersonen zu beschränken, so zitiert die Stuttgarter Zeitung den Behördenchef. „Es gibt drei Parameter, die eine Gasnotlage abwenden können: wenn es uns gelingt, den Verbrauch runterzubringen. Wenn es uns gelingt, mehr Gas zu bekommen. Und wenn es uns gelingt, zwischendurch die Speicher zu füllen.“ Im Notfall, so Müller, würde das Gas aktuell bis zum Spätsommer oder Frühherbst reichen.
Europäische Regelungen sehen vor, dass private Haushalte ebenso wie Krankenhäuser und Fernwärmeversorgungs-Gaskraftwerke besonders geschützt seien. Müller scheint das nicht zu behagen: „Richtig ist aber, dass der uneingeschränkte Schutz für private Verbraucher sehr schwer vermittelbar ist“, so Müller. Kommt so ein Schutz in seinen Augen dem Erziehungsauftrag in die Quere? Könnte er dabei hinderlich sein, die Bürger zu gängeln und ihnen Verzicht aufzuerlegen?
Dieser Verdacht liegt zumindest nahe, da Müller quasi zur privilegierten Kaste in der Erziehungsrepublik Deutschland gehört. Bevor er nach oben stolperte, an die Spitze der Bundesnetzagentur, machte er die übliche Parteikarriere: 1998 wurde er für die Grünen in den Bundestag gewählt; von 2000 bis 2005 war er Umwelt- und Landwirtschaftsminister von Schleswig-Holstein – ein Posten, den er nach dem Debakel von Heide Simonis verlor, deren Wiederwahl im Parlament trotz Mehrheit der Sitze scheiterte. Von 1. Mai 2014 bis Februar 2022 ging es für Müller dann weiter als Geschäftsführer und Repräsentant des Bundesverbandes der Verbraucherzentrale.
„Der neue Chef der Bundesnetzagentur entscheidet, wer künftig Strom bekommt“, schreibt das Manager Magazin: „Er scheue keine Konflikte“: Wohin die Reise gehen könnte, macht er immer wieder deutlich. „Die Frage, ob man tatsächlich noch siebenmal die Woche warm duschen müsste – mit einer Gasheizung –, die müsste man sich dann noch mal neu stellen“ – wie schön, dass ein Behördenchef nun entscheiden will, wie oft jeder duschen kann. Tatsächlich macht es Sinn, dass bei einem möglichen Energienotstand entschieden werden muss, wie die rare Energie verteilt wird. Aber ist diese Macht bei einem grünen Apparatschik wie Müller aber in guten Händen? Allein schon seine jetzigen Aussagen legen nahe, dass es eben nicht nur um Energieverteilung geht – sondern auch um Volkserziehung.
Vielleicht sollten Sie sich künftig jedes Mal, bevor Sie die Heizung höher drehen, in die Dusche gehen (von einem Vollbad traue ich mich gar nicht zu schreiben) oder gar in die Sauna wollen, an Herrn Müller von den Grünen in der Bundesnetzagentur wenden und um Erlaubnis fragen?
Man verzeihe mir meinen bissigen Galgenhumor in diesem Fall – aber wenn der Staat bzw. seine Apparatschiks sich als Erzieher sehen und nicht als Dienstleister, hört für mich der Spaß auf.
Die Corona-Maßnahmen haben unzählige Menschen extrem hart getroffen. Sie haben viele Existenzen gefährdet und vernichtet. Ich möchte Menschen, die betroffen sind, helfen – und veröffentliche deshalb auf meiner Seite Reklame von ihnen. Mit der Bitte an meine Leser, sie wohlwollend zu betrachten.
Bild: Verbraucherzentrale Bundesverband/CC BY 2.0 / ShutterstockText: br
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