Zensiert Berlins rot-rot-grüner Senat Anfragen von Abgeordneten, um Islamisten nicht zu provozieren und knickt vor diesen ein? Dieser Verdacht steht im Raum und wird auch durch die Regierung selbst auf meine Nachfrage hin nicht ausgeräumt.
Kurz zum Hintergrund: Der Abgeordnete Marcel Luthe, bis Oktober in der FDP und seither parteilos, hatte dem Senat eine parlamentarische Anfrage zu zwei Demonstrationen vom 29. und 30.10. gestellt:
„Welche Erkenntnisse liegen dem Berliner Senat zu einer Demonstration am 30.10.2020 am Brandenburger Tor anlässlich des islamistischen Anschlags in Frankreich vor?“ (siehe unten). Darin hat er sich auch gewundert, dass die gegen Corona-Maßnahmen-Kritiker so überaus hart agierende Innenverwaltung bei der Aktion von Islamisten mit Samthandschuhen vorging und diese uniformiert vor dem Brandenburger Tor gewähren liess.
Zwei Fragen beantwortete der Senat dabei für Luthe nicht ausreichend – und löschte sogar zwei Karikaturen des Propheten Mohammed bei seiner Beantwortung aus Luthes Fragen. Laut Luthe ist das nicht nur völlig ungewöhnlich – und die Antwort, die sich auf die Karikaturen beziehen soll, ist damit auch nicht mehr richtig zu verstehen – sondern widerspricht auch Wortlaut und Geist der Verfassung, denn der Abgeordnete fragt und die Regierung antwortet. Dass weder die Frage noch die Antwort geändert werden dürfen, erscheint logisch.
Luthe hakte nach und wiederholte die Anfrage. Und stellte erneut die beiden Fragen:
1.) Ist der Senat der Auffassung, dass die nachstehend wiedergegebene Karikatur der Zeitschrift Jyllands Posten, gegen die demonstriert worden sein soll, selbstverständlich von der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit gedeckt ist? Falls ja, weshalb? Falls nein, weshalb nicht?
2.) Ist der Senat der Auffassung, dass die nachstehend wiedergegebene Karikatur der Zeitschrift Charlie Hebdo, gegen die demonstriert worden sein soll, selbstverständlich von der Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit gedeckt ist? Falls ja, weshalb? Falls nein, weshalb nicht?
3.) Weshalb und auf welcher rechtlichen Grundlage hat der Senat die Darstellung der Karikaturen im Zuge der Beantwortung der vorgenannten parlamentarischen Anfragen gelöscht?
Bislang steht die Antwort noch aus.
Marcel Luthe wundert sich: „Es wirft erhebliche Fragen auf, wenn der Senat hier von sich aus die Karikaturen aus der Frage bei der Beantwortung entfernt. Etwa die Frage, ob man es hier mit freiwilliger Selbstzensur zu tun hat, also mit einem Appeasement gegenüber Extremisten. Auch ist die Frage, wie so ein Verhalten auf radikale Kräfte wirkt. Ob sie es nicht geradezu als Ermutigung sehen und als Signal, dass der Staat vor ihnen zurückweicht und ihre extremistischen Parolen erfolgreich sind.“ Weiter fordert der Abgeordnete: „Entschlossenen Extremisten müssen Demokraten mit derselben Entschlossenheit entgegentreten – und dürfen kein Stück weichen. Gerade ein Berliner Innensenator sollte das nach 2016 beherzigen.“
Ich habe in dieser Sache folgende Presseanfrage an den Innensenator Andreas Geisel (SPD) gestellt:
„1) Trifft es zu, dass die Senatsverwaltung für Inneres und Sport die Parlamentarischen Anfragen Nummer 18/25474 und 18/25475
entgegen der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses und der Verfassung von Berlin verändert hat, indem diese aus den Fragen des Abgeordneten die erläuternden Karikaturen gelöscht hat?
2) Weshalb hat der Innensenator nicht inhaltlich Stellung bezogen?
3) Ist Herr Geisel der Auffassung, dass diese Motive von der Kunst- und Pressefreiheit gedeckt sind oder nicht – und aus welchem Grund?“
Die Antwort seines Pressesprechers:
„Ihre Fragen kann ich zusammenfassend wie folgt beantworten: Sowohl Art. 45 der Verfassung von Berlin als auch § 50 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses regeln das Fragerecht des Abgeordneten. Auf dieser Grundlage hat unser Haus die Anfrage des MdA beantwortet.“
Das ist keine Beantwortung meiner Fragen durch den Innensenator, der früher in der SED war. Sondern die Verweigerung einer Antwort. Und damit einer Demokratie unwürdig.
Text: red