Freiheitsstrafen für Maskenbefreiungs-Atteste? Strafbefehl gegen Ärztin

Ein Gastbeitrag von Ekaterina Quehl

Als reitschuster.de die Nachricht über Razzien in Arztpraxen erreichte, weil Ärzte Befreiungs-Atteste von der Masken-Pflicht erstellt haben, dachte ich, schlimmer kann es mit den aktuellen Entwicklungen in Deutschland eigentlich nicht mehr werden.

Und jetzt das.

Einer Offenburger Ärztin droht im schlimmsten Fall eine Gefängnisstrafe, weil sie im Juni und Juli Masken-Befreiungsatteste ohne körperliche Untersuchung ausgestellt hat. Laut Ärzteblatt wird der Medizinerin vorgeworfen, fünf Masken-Befreiungen ohne medizinische Indikation ausgestellt und diese an Patienten per Post geschickt zu haben. „Bei einer Verurteilung erwarte die Frau eine Geldstrafe oder Haft von bis zu zwei Jahren“, schrieb das Ärzteblatt. Laut der Badischen Zeitung bekam die Frau einen Strafbefehl über 150 Tagessätze wegen „Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse“. Demnach muss sie entweder 22.500 Euro Strafe bezahlen oder fünf Monate in Haft. Sie will das nicht hinnehmen: „Ich werde kämpfen bis zum Letzten“, sagte sie. Wenn es nun zu einer Verhandlung kommt, ist aber erneut auch das Risiko einer Haftstrafe nicht ausgeschlossen. Auch anderen Ärzten könnten diese drohen.

Dabei erinnerte ich mich sofort an die Regelung, die für Arztpraxen bereits im Frühling deutschlandweit eingeführt wurde, nach der Menschen mit Erkältungs-Symptomen per Telefon eine Krankschreibung bekommen durften. Nach der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), des höchsten Beschlussgremiums der gemeinsamen Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, wurde diese Regelung Ende Mai aufgehoben, aber ab dem 15. Oktober wieder eingeführt. „Die Möglichkeit der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nach telefonischer Anamnese soll maßgeblich dazu beitragen, leichte und schwere Krankheitsfälle voneinander abzugrenzen und Infektionsketten zu vermeiden.“, so der G-BA.

Ich frage mich, welche Logik hinter solchen Regelungen stehen soll, bei der Ärzte für telefonische Anamnesen in einem Fall ins Gefängnis kommen können und in einem anderen – durch eine Richtlinie geschützt werden. Kann ein Arzt sicher sein, dass ein Patient seine Erkältung am Telefon nicht vortäuscht? Ist eine solche Wahrscheinlichkeit für die Feststellung einer Erkältung nicht relevant?

Stadtanzeiger-ortenau.de berichtet, dass bei der Ärtzin bereits im September eine Durchsuchung stattfand und dabei umfangreiches Beweismaterial gesichert wurde. „Ebenfalls waren im September die Offenburger Praxisräume des Zahnmediziners Fritz Düker durchsucht worden“, so der Stadtanzeiger.

Bemerkenswert bei der Geschichte ist, dass die Staatsanwaltschaft auf entsprechende Hinweise hin Ermittlungen eingeleitet hat. Offenbar waren die beiden Ärzte schon im Juli aufgefallen, als Reporter von Report Mainz bei einer verdeckten Recherche sich als Patienten ausgegeben und von mehreren Ärzten ein Maskenbefreiungs-Attest erhalten haben, weil sie den Ärzten erzählt haben, keine Maske tragen zu wollen.

„Beim ersten Besuch in der Praxis haben wir uns als normale Patienten ausgegeben. Mit dem Attest gehen wir noch einmal zurück und bitten den Zahnarzt um ein Interview.“, so im Report Mainz am 07.07.2020. Reporter werden auf das Portal „Ärzte für Aufklärung“ aufmerksam – eine interdisziplinäre Arbeitsgemeinschaft von Ärzten und Wissenschaftlern, die Einschränkungsmaßnahmen der Regierung kritisch hinterfragen. „Wir schreiben mehr als 40 von ihnen per E-Mail an und bitten um ein Attest gegen die Masken-Pflicht. Wir geben bewusst keine medizinischen Gründe an, sondern schreiben, dass die Maske unser Freiheitsrecht einschränke, wir Corona für Irrsinn hielten“. Auf die E-Mail-Anfrage reagiert mehr als die Hälfte der Ärzte. Die Reporter fahren zu den Medizinern, bekommen von ihnen Masken-Befreiungsatteste und konfrontieren sie dann damit. Schließlich gehen sie zu der zuständigen Landesärztekammer sowie zu einem Medizinrechtler, schildern den Sachverhalt und machen daraus eine Reportage, die deutschlandweit ausgestrahlt wird.

Eine derartige Aktion könnte aus einer Diktatur stammen. Ich recherchiere als Journalist nach Initiativen, die die Angemessenheit der Maßnahmen der Regierung kritisch hinterfragen, trickse, gebe mich als Verbündeter aus, provoziere die Initiatoren zur Verletzung der Regeln und mache das Ganze dann publik. Ich kenne mich im Strafrecht nicht aus, und möglicherweise haben Ärzte geltende Regeln verletzt, auch wenn diese absurd und unlogisch scheinen. Dass aber aus einer derartigen journalistischen „Leistung“ heraus staatsanwaltliche Ermittlungen bei mehreren Ärzten eingeleitet werden und einer Ärztin bis zu zwei Jahre Haftstrafe drohen, finde ich ethisch nicht vertretbar. Warum geben sich diese Journalisten nicht als Drogenabhängige aus und gehen in den Görlitzer Park?

Als Machtinstrument bei der Denunziation und Diffamierung der Kritiker der Regierungsmaßnahmen bei der Corona-Pandemie ist die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien wirklich unschlagbar geworden. Zynisch ist nur, dass Kritiker dafür auch selbst bezahlen müssen. Mit Steuergeldern. Und möglicherweise nun auch mit ihrer Freiheit.

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Ekaterina Quehl ist gebürtige St. Petersburgerin, russische Jüdin, und lebt seit über 15 Jahren in Berlin. Pioniergruß, Schuluniform und Samisdat-Bücher gehörten zu ihrem Leben wie Perestroika und Lebensmittelmarken. Ihre Affinität zur deutschen Sprache hat sie bereits als Schulkind entwickelt. Aus dieser heraus weigert sie sich hartnäckig, zu gendern. Mit 27 kam sie nach einem abgeschlossenen Informatik-Studium aus privaten Gründen nach Berlin und arbeitete nach ihrem zweiten Studienabschluss viele Jahre als Übersetzerin, aber auch als Grafik-Designerin. Mittlerweile arbeitet sie für reitschuster.de und studiert nebenberuflich Design und Journalismus.


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Bild: Andrey_Popov/Shutterstock
Text: Ekaterina Quehl


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