Während die Bundesregierung immer noch im Krisenmodus agiert und man den Eindruck hat, Corona sei immer noch eine der größten Herausforderungen für unser Land, zeigt ein Blick über die Grenze, wie sehr wir uns in Deutschland in ein Corona-Parallel-Universum abgekapselt haben. Ein Beispiel ist Dänemark. Bei unserem nördlichen Nachbarn ist etwa die Impfung für Kinder kein Thema mehr. Und ganz anders als Lauterbach &. Co. fürchtet die Regierung in Kopenhagen keine Verhältnisse wie im vergangenen Jahr – und ebenso wenig haben die Bürger solche Ängste. Ganz im Gegensatz zu Deutschland, wo das Schüren von Angst geradezu ein Volkssport zu sein scheint.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass es wieder zum Lockdown kommt“ – mit dieser Einschätzung zitiert die „Welt“ den Professor Ole F. Olesen vom Institut für Public Health der Universität Kopenhagen: „Ich glaube noch nicht einmal, dass es wieder eine Maskenpflicht geben wird. Vielleicht gibt es Kampagnen und Empfehlungen, freiwillig eine Maske zu tragen.“
Olesen hat das getan, was in Deutschland immer noch als Gotteslästerung gilt: Als einer der ersten Experten hat er schon Anfang des Jahres dazu aufgerufen, mit Corona künftig wie mit der Grippe umzugehen, unter anderem wegen der Omikron-Variante und den damit verbundenen milderen Krankheitsverläufen, wie es in dem Artikel in der „Welt“ heißt, der leider hinter einer Zahlschranke versteckt ist. Es könnte ja auch den einen oder anderen Leser dahingehend beunruhigen, dass er seine Angst mindert.
Keine Kinderimpfungen mehr
Die dänischen Behörden scheinen sich eher an ruhigen Stimmen wie der von Olesen zu orientieren als an Panikmachern wie Karl Lauterbach. Schon im Juli haben sie aufgehört, Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren eine Erstimpfung anzubieten, wie die „Welt“ schreibt: „Ab dem 1. September fällt auch die Zweitimpfung weg. ‘Dahinter steckt die Einschätzung, dass das Risiko, ernsthaft zu erkranken, in dieser Altersgruppe sehr gering ist‘, erklärt Olesen.“
Solche bedächtigen Stimmen sind in Deutschland kaum vorstellbar. Wer sich so äußert, muss hierzulande immer noch mit dem Bannstrahl der Corona-Hardliner in Medien und in der Politik rechnen. Die Impfung bringe zwar „vielleicht ein bisschen mehr Sicherheit“, so Olsen zur „Welt“ – auch diese Aussage für deutsche Verhältnisse geradezu ketzerisch. Aber es gebe „wenig Grund, bei milden Krankheitsverläufen Ressourcen für die Impfung von Kindern aufzuwenden“, so der Professor zu dem Blatt: „’Auch, weil die Impfung zwar vor schwerer Krankheit, aber nicht vor Ansteckungen schützt.‘ Deshalb könnten Kinder das Virus trotzdem weiter zu besonders gefährdeten Menschen, etwa Großeltern, tragen.“
Doch der schwere Tobak für Anhänger der harten deutschen Corona-Politik geht noch weiter. „Wenn es darum ging, zwischen dem Risiko einer Ansteckung und den möglichen psychischen Folgen einer Isolation von Kindern abzuwägen, war die dänische Regierung schon relativ früh in der Pandemie eher geneigt, Infektionen zuzulassen“, schreibt die „Welt“: „Außerdem sollte die rasche Öffnung von Kitas nach Beginn der Pandemie berufstätige Eltern entlasten. Inzwischen ist in so gut wie allen Krippen und Kindergärten wieder Normalität eingekehrt.“
Unaufgeregter Umgang
Die Regierung in Kopenhagen kündigte zwar an, schnell und effektiv zu reagieren, wenn die Infektionszahlen steigen sollten. „Doch vor allem setzt Kopenhagen auf das gegenseitige Vertrauen zwischen Bürgern und Behörden“, schreibt die „Welt“: „Das Virus spielt im politischen Diskurs keine Rolle mehr – genauso wenig in privaten Unterhaltungen.“ Als einen Grund dafür nennt das Blatt den „vergleichsweise unaufgeregten Umgang der Medien mit der Pandemie“. Diese habe „wohl auch dazu beigetragen, dass die meisten Däninnen und Dänen in den vergangenen Jahren entspannt geblieben sind.“
Was für ein Kontrast zur Bundesrepublik!
Und was für ein Beweis dafür, dass es eben auch anders geht.
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Text: br