Corona-Impfung hui, Grippeschutz-Impfung pfui Die seltsamen Methoden eines Gesundheitsdienstleisters

Von Kai Rebmann

Alljährlich im Oktober beginnt in Deutschland die Saison der Grippe-Impfungen. Doch im Herbst 2022 droht auch der bewährte Piks gegen die Influenza seine Unschuld zu verlieren. In letzter Zeit häufen sich Berichte, wonach Patienten, die bei ihrem Hausarzt eigentlich nur ihren Grippeschutz auffrischen lassen wollen, mit dem „Angebot“ einer (weiteren) Impfung mit den „angepassten“ mRNA-Produkten geradezu bedrängt werden. Auch auf reitschuster.de musste bereits über derartige Fälle berichtet werden, die dazu geeignet sind, das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient nachhaltig zu beeinträchtigen.

Nach diesem Strickmuster verfährt nun offenbar auch eine Betriebsärztin, die im Auftrag des bundesweit tätigen und in Bonn ansässigen Gesundheitsdienstleisters BAD GmbH die Belegschaft einer Firma in Sachsen impfen soll. In einem Rundschreiben an die Mitarbeiter heißt es: „Im Zusammenhang mit der Grippeschutzimpfung am 14.11.22 könnten sich noch 5 Interessierte hier im Hause ab 12 Uhr durch unsere Betriebsärztin eine Booster-Impfung ‚abholen‘.“ Der geneigte Leser dieser Zeilen würde nun wohl – völlig zu Recht – davon ausgehen, dass die Impfung gegen Influenza im Vordergrund steht. Dem ist aber mitnichten so.

Zu den Bedingungen für die Teilnahme an der Aktion wird erläutert: „Die Mitarbeitenden müssen entweder einverstanden sein, dass Grippeschutz und Booster gleichzeitig geimpft wird (Grippe linker Arm, Covid rechter Arm) oder wir impfen nur Covid und der Grippeschutz muss dann über den Hausarzt eingeholt werden.“ Wie bitte? Man mag seinen Augen nicht trauen und hoffen, sich verlesen zu haben. Eine Erklärung dafür, warum eine alleinige Grippeschutzimpfung, um die es ja angeblich gehen soll, nicht angeboten wird, bleiben die Unterzeichner des Schreibens ihren Mitarbeitern schuldig.

Medizinisch vollständige Impfung erst ab der vierten Dosis?

Die impfende Betriebsärztin Frau Dr. K. gibt einen „ergänzenden Überblick“, wem die Sächsische Impfkommission (SIKO) eine vierte Impfung empfiehlt. Der Medizinerin zufolge sollen das alle Gesunden ab 12 Jahren sein sowie Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen. Genannt werden an dieser Stelle unter anderem deutliches Übergewicht, Diabetes, angeborene oder erworbene Immunschwächen sowie Krebserkrankungen. Dazu heißt es in dem Rundbrief: „Mit solchen Vorerkrankungen und im Alter von über 70 kann man davon ausgehen, dass das Immunsystem etwas verlangsamt arbeitet, weshalb Sie medizinisch überhaupt erst vollständig geimpft sind, wenn Sie eine vierte Dosis bekommen haben.“

Galt man vor Karl Lauterbach bis zum 30. September 2022 noch mit zwei Einzelimpfungen als „vollständig geimpft“, so ist dies seit dem 1. Oktober nurmehr bei drei Einzelimpfungen der Fall. Zwei Pikse reichen dann nur noch, wenn zusätzlich eine bereits durchgemachte Infektion nachgewiesen werden kann. Und jetzt wird den Leuten erzählt, dass sie unter den oben genannten Voraussetzungen aus medizinischer Sicht erst ab dem vierten Stich „vollständig geimpft“ sein sollen? All jene, die solche Schreiben an ihre Mitarbeiter verschicken, seien an dieser Stelle daran erinnert, dass Arbeitgeber in Deutschland ihren Angestellten gegenüber auch so etwas wie eine Fürsorgepflicht haben.

Impfungen nach dem ‚Windhundprinzip‘

Gegen Ende des Schreibens wird darauf hingewiesen, dass der Booster nach dem sogenannten „Windhundprinzip“ verabreicht wird. Laut einer bekannten Online-Enzyklopädie handelt es sich dabei um ein Verfahren, „bei dem der Zugang zu einer nur begrenzt vorhandenen Ressource von der ressourcenverwaltenden Stelle nur nach der zeitlichen Reihenfolge der Bedarfsanmeldungen, nicht jedoch nach anderen Kriterien freigegeben wird.“ Nun sind die mRNA-Produkte sicherlich vieles, aber keinesfalls eine nur „begrenzt vorhandene Ressource“, jedenfalls nicht in Deutschland. Ein Anruf im Bundesgesundheitsministerium reicht und Karl Lauterbach kann ganze Tanklastzüge mit dem Zeug auf die Reise schicken. Bei den Mitarbeitern soll offenbar der Eindruck erweckt werden, es handele sich hier um eine „einmalige Chance“ sich mit einem mRNA-Impfstoff beglücken zu lassen.

Und weil die Geschäftsführung dieses sächsischen Unternehmens für ihre Belegschaft nur das wirklich Beste vom Allerbesten will, heißt es in dem Schreiben weiter: „Impfstoffe, die an die Omikron Subvarianten BA.4 und BA.5 angepasst sind, haben die Präferenz vor Impfstoffen, die an die Omikron Subvariante BA.1 angepasst sind. Nicht angepasste Impfstoffe sollten bei der vierten Impfung nur in Betracht gezogen werden, wenn keine anderen Impfstoffe verfügbar sind.“ Nicht einmal mehr Karl Lauterbach geht bei den „Ur-Impfstoffen“ von einer relevanten Wirksamkeit aus. Daher ließe sich erneut die Frage stellen, wie es mit der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und der Medizinethik der impfenden Ärztin zusammengeht, dass die Verabreichung eines offensichtlich nicht wirkungsvollen Impfstoffes überhaupt „in Betracht gezogen werden“ kann.

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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.

Bild: nitpicker/Shutterstock

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