Von Kai Rebmann
Die Gastronomie in Deutschland hatte es in den vergangenen drei Jahren alles andere als leicht. Zahlreiche Betriebe zwischen Füssen und Flensburg haben die Corona-Politik der jeweils amtierenden Bundes- und Landesregierungen nicht überlebt. Zu allem Überfluss steigt den Gastwirten jetzt, wo der Spuk langsam ein Ende zu finden scheint, auch noch das ZDF aufs Dach. Genauer gesagt, das selbsternannte Wissens- und Wirtschaftsmagazin „WISO“.
In einer Folge der ZDFbesseresser wollte der Fernsehkoch Sebastian Lege die vermeintlichen „Tricks der deutschen Restaurants“ aufdecken. Dabei scheiterten die Mainzelmännchen aber schon an elementarem Grundwissen über Kalkulation und Preisgestaltung in der Gastronomie. Wollte es sich ein Wirt einfach machen, so galt früher die Faustregel: „Einkaufspreis mal drei ist gleich Verkaufspreis“.
ZDF-Kalkulation: Umsatz ist gleich Gewinn
Doch selbst diese Milchmädchen-Rechnung hätte die WISO-Redakteure wohl überfordert. Um zu zeigen, mit welcher angeblichen Dreistigkeit die deutschen Gastronomen ihren Gästen das Geld aus der Tasche ziehen, musste das Beispiel Flammkuchen herhalten. Der ZDF-Koch eröffnete dazu das fiktive Restaurant „Zum Lustigen Lege“, lud ein paar Gäste ein und tischte diesen den selbst zubereiteten französischen Fast-Food-Klassiker auf.
Überhaupt nicht witzig war, was danach folgte: Jetzt wollte Lege von seinen Gästen wissen, was diese bereit wären, für einen solchen Flammkuchen in der traditionellen Version mit Speck und Zwiebeln zu bezahlen. Man einigte sich dem Vernehmen nach auf einen Durchschnittswert von rund 10 Euro und damit einen durchaus marktüblichen Preis.
Und dann folgte die Bierdeckel-Kalkulation à la ZDF: Der industriell vorgefertigte Boden sowie alle weiteren Zutaten schlagen mit 2,01 Euro zu Buche, summa summarum also eine „Gewinnmarge“, so das ZDF, von knapp 500 Prozent. Das Zusammenführen von Belag und Boden zu einem fertigen Flammkuchen, die Kosten für Miete und Strom sowie die Bezahlung von etwaigen Mitarbeitern und – nicht ganz unwichtig – den Gewinn des Gastronomen übernehmen demnach wohl die Mainzelmännchen. Jedenfalls werden diese Posten vom ZDF schlicht verschwiegen.
Und dann wäre da natürlich noch das aber wirklich nur sehr kleine Problem, dass Gewinn nicht gleich Umsatz ist. Wohlgemerkt: Die „traumhafte Marge“ von 500 Prozent, wie es beim ZDF heißt, gilt erstens für den Umsatz (!) und zweitens auch nur dann, wenn alle Zutaten möglichst günstig als TK-Produkte eingekauft werden.
WISO setzt zum Zurückrudern an – aber nur im Kleingedruckten
Nach teils heftigen Reaktionen insbesondere in den sozialen Medien haben die Macher der Sendung inzwischen zum zaghaften Zurückrudern angesetzt. So meldete sich der Twitter-Account von „WISO“ unter einem entsprechenden Tweet des „ÖRR-Blog“ wie folgt zu Wort: „Vielen Dank für den Hinweis auf Fehler im Video zum Flammkuchen. Dafür bitten wir um Entschuldigung. Unsere Intention war nicht, die Gastronomie zu diskreditieren. Wir bedauern den falschen Eindruck sehr und haben das Video gelöscht, überarbeitet und neu hochgeladen.“
Und tatsächlich: So wurde zum Beispiel aus „Gewinnmarge“ jetzt „Marge“. Was in dem in der Mediathek verfügbaren Video aber nach wie vor fehlt, ist ein entsprechender Transparenzhinweis, dass der Beitrag bearbeitet wurde. Es entbehrt zudem nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet ein Sender des weltweit teuersten ÖRR-Apparats den deutschen Gastwirten zumindest indirekt Abzocke unterstellt.
Bei Getränken – insbesondere etwa bei Tee oder Kaffee – sind die Margen übrigens noch viel höher, ohne dass sich jemand großartig darüber echauffieren würde. Weil die überwiegende Mehrheit der Restaurantbesucher eben weiß, oder es sich zumindest vorstellen kann, dass Gastronomen noch weitaus mehr Kosten haben als nur den reinen Einkauf ihrer Produkte.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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