Von Kai Rebmann
Das Aufhorchen in den Medien war groß, als Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in dieser Woche ihre Pläne zur EU-Asylreform vorstellte. Von einem „restriktiven Kurs“ (FAZ) war da die Rede oder gar einer „Revolution in der Flüchtlingspolitik“ (Bild). Das Springer-Blatt sah sich sogar an Horst Seehofer erinnert, der Transitzentren an den EU-Außengrenzen einst gegen den Willen der damaligen Kanzlerin Angela Merkel durchzuboxen versuchte. Eben diese Transitzentren spielen jetzt auch eine zentrale Rolle in den Überlegungen der aktuellen Bundesregierung.
Aber: Die Hoffnung, dass Nancy Faeser angesichts der Zustände in den Städten und Gemeinden doch noch in der Realität aufgewacht sein könnte, trügt. Denn die Unterbringung von Flüchtlingen unter „haftähnlichen Bedingungen“ bis zum Entscheid über ihren Asylantrag wird auch künftig die absolute Ausnahme bleiben. Jedenfalls, wenn es nach dem Willen der Bundesregierung geht. Die vermeintliche Kehrtwende der bundesdeutschen Innenministerin und hessischen Wahlkämpferin entpuppt sich also eher als 360-Grad-Wende im Stile einer Annalena Baerbock.
Nur für Flüchtlinge mit niedriger Anerkennungsquote
Transitzentren kennt man innerhalb der EU bisher eigentlich nur an Flughäfen. Ab dem Jahr 2024 will Brüssel solche Einrichtungen aber auch an den Außengrenzen installieren, insbesondere an den Hotspots der einschlägig bekannten Flüchtlingsrouten. Zentraler Punkt: Migranten, die aus Herkunftsländern mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, sollen ihr Asylverfahren in einem solchen Transitzentrum abwarten müssen – und können dann gegebenenfalls direkt an der Grenze abgewiesen werden.
Aber selbst diese Grenze erscheint der Ampel noch zu hoch. Faeser will dieses Schlupfloch deshalb noch etwas größer machen und bringt eine Anerkennungsquote von 15 Prozent ins Spiel. Ob nun 20 Prozent oder 15, letztlich werden beide Marken allenfalls symbolischen Charakter haben und kaum etwas an der bisherigen Situation ändern. Denn: Die meisten Flüchtlinge, die nach Europa und insbesondere Deutschland kommen, etwa aus Syrien oder Afghanistan, wären von den „Knallhart-Maßnahmen“ (O-Ton „Bild“) in den Transitzentren damit ausgenommen.
Heiko Teggatz von der Bundespolizeigewerkschaft bezeichnet die Pläne von Brüssel und Berlin daher als „absurd“. Die zu erwartende Beschleunigung von Asylverfahren in Transitzentren begrüßt er zwar, hält diese aber erstens für „längst überfällig“ und fordert zweitens eine umgehende Durchführung. Eine bloße Ankündigung für das kommende Jahr kann laut Teggatz sogar das Gegenteil bewirken: „Das könnte von den Schlepperbanden als Startschuss verstanden werden und bis zu diesem Termin noch mehr Menschenleben im Mittelmeer kosten.“
Ampel bleibt auch bei Familien mit Kindern großzügig
Eine emotional stark aufgeladene Frage bleibt auch der Umgang von Familien mit Kindern, die an der Außengrenze um Einlass in die EU ersuchen. Die Kommission in Brüssel will nur solchen Familien ein (!) reguläres Asylverfahren garantieren, die mit Kindern unter 12 Jahren unterwegs sind. Das Bundesinnenministerium will diese Altersgrenze hingegen bei 18 Jahren festsetzen.
Wohlgemerkt: Nicht wenige Flüchtlinge, die allein bzw. unbegleitet nach Europa kommen, sind mutmaßlich oder tatsächlich unter 18 Jahre alt. Mutmaßlich deshalb, weil das aufgrund fehlender Papiere oft nur (großzügig) geschätzt werden kann. Die auf wundersame Weise verlustig gegangenen Dokumente können übrigens auch bei der Frage nach dem jeweiligen Herkunftsland und dem daraus folgenden Umgang an der EU-Außengrenze – „Transitzentrum ja oder nein?“ – zum Problem werden.
Nachdem die Transitzentren nur für die wenigsten Flüchtlinge eine Hürde darstellen werden und selbst Jugendliche im Alter bis einschließlich 17 Jahren im Ampel-Sprech noch als „Kinder“ gelten sollen, geht die Bundesregierung in nur einem Punkt über die Vorstellungen der EU hinaus. Reist ein Flüchtling über ein anderes EU-Mitgliedsland nach Deutschland ein, so wird die Bundesrepublik bisher nach sechs Monaten automatisch für das entsprechende Asylverfahren zuständig. Diese Frist soll laut den Faeser-Plänen auf 12 Monate verlängert werden, um ein mögliches Untertauchen von Migranten mit schlechten Aussichten auf Anerkennung zu erschweren.
Unter dem Strich bleibt also alles, wie es ist. Mit einer spürbaren Entspannung für die Kommunen dürfte bis auf Weiteres nicht zu rechnen sein, jedenfalls nicht aufgrund der anvisierten EU-Asylreform. Die groß verkündete „Revolution in der Flüchtlingspolitik“ entpuppt sich im Kleingedruckten schnell als politischer Bauerntrick, mit dem niemandem geholfen ist – nicht den wirklich bedürftigen Flüchtlingen und noch viel weniger den schon jetzt hoffnungslos überlasteten Städten und Gemeinden in ganz Deutschland.
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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