Von Daniel Weinmann
Steuergelder als Selbstbedienungsladen. Nach dem Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der EU hat sich die Zahl der Mitglieder des Europäischen Parlaments von 751 auf 705 verringert. Wie schön, wird sich mancher angesichts der üppigen, aus Steuern finanzierten Bezüge der EU-Parlamentarier denken. Fehlanzeige, denn allein zwischen 2021 und 2022 sind die Gesamtbezüge von 181 auf 207 Millionen Euro gestiegen. Daraus errechnete sich ein Plus von knapp 22 Prozent auf durchschnittlich 293.617 Euro pro Kopf und Jahr.
Im vergangenen Sommer gönnte sich Brüssel inmitten der Krise einen weiteren Besoldungsaufschlag – rückwirkend ab Januar 2022. Und zum Jahreswechsel 2022/23 gab es ein Gehaltsplus von rund 8,5 Prozent. Als wäre dies nicht genug, sollen die Bezüge im kommenden Jahr um weitere 15 Prozent auf dann knapp 367.000 Euro je EU-Parlamentarier steigen. Dies zeigt der Budgetentwurf 2024 des Budget-Komitees vom 17. Mai 2023, aus dem die „Weltwoche“ zitiert.
Der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen beschert dies 2024 einen Aufschlag von 4687,50 auf 35.957,50 Euro – pro Monat, versteht sich. Die „normalen“ Abgeordneten sollen statt bisher 10.495 künftig 12.069 Euro erhalten – ein Plus von 1574 Euro. Genau zu einer Zeit, da alle Europäer unter einer hohen Inflation und zu niedrigen Löhnen leiden, wollen sich EU-Politiker und EU-Beamte erneut ihre Gagen erhöhen – und zwar um 15 Prozent. Unanständiger noch: Es sind genau jene Politiker, die Millionen Menschen zum Verzicht zwingen und Einsparungen von den Bürgern verlangen.
»Schamlose Selbstbedienung der öffentlichen Hand«
Seit 2013 werden die Diäten in Brüssel jährlich automatisch an die Inflation gekoppelt. Als Grundlage dienen die Teuerungsraten in Belgien und Luxemburg. Michael Jäger, Generalsekretär des Europäischen Steuerzahlerbundes, kritisierte dies bereits im Dezember 2021 als „schamlose Selbstbedienung der öffentlichen Hand“. Dies zeige, wie weit sich Europa von den Menschen entfernt habe.
Die Berliner Ampelkoalition will sich ein gutes Beispiel an der Gagenerhöhung in Brüssel nehmen. Bundeskanzler Olaf Scholz und seine 16 Mitstreiter sollen einem Bericht der „Bild am Sonntag“ zufolge laut einem Gesetzentwurf des Bundesinnenministeriums eine – steuerfreie – Inflationsprämie in Höhe von 3000 Euro erhalten. „Zur Abmilderung der Folgen der gestiegenen Verbraucherpreise wird Mitgliedern der Bundesregierung für Juni eine einmalige Sonderzahlung von 1240 Euro, für die Monate Juli 2023 bis Februar 2024 eine Sonderzahlung von monatlich 220 Euro gewährt“, heißt es in dem Papier.
Die Bedeutung des 'S' in seiner Partei scheint zu den Dingen zu gehören, die Scholz allzu gern vergisst
Der Referentenentwurf bezieht sich auf den Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst des Bundes und der Kommunen vom April. Dieser sieht vor, dass den Beschäftigten bis Ende 2024 stufenweise mehr Geld und ein Inflationsausgleich von 3000 Euro zufließt.
3.000 Euro Inflationsprämie – steuerfrei und „zur Abmilderung“ der gestiegenen Preise. Die Ampelmänner wollen sich eine Kompensation für das zuschanzen, was sie selbst zu verantworten haben. Die Bedeutung des ‚S‘ in seiner Partei scheint zu den Dingen zu gehören, die Scholz allzu gern vergisst.
Als „absolut falsches Signal“, bezeichnete Reiner Holznagel vom Bund der Steuerzahler die Prämie in der „Bild am Sonntag“. „Es liegt immer noch kein Bundeshaushalt für das nächste Jahr vor, weil nicht genug gespart wird. Und jetzt bekommen die Minister die Inflationsprämie?“ Scholz und seinem Kabinett würde es gut zu Gesicht stehen, auf den satten Obolus auf Kosten der Steuerzahler zu verzichten. Erwarten sollte man dies besser nicht.
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