Jens Spahn ließ Journalisten ausforschen Medienverbände empört über Gesundheitsminister

Sehen Sie hier mein Video von der heutigen Bundespressekonferenz.

Wer ein berechtigtes Anliegen hat, kann in Deutschland Einsicht in Grundbucheinträge nehmen. Nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs von 2011 liegt ein schutzwürdiges Interesse bei Journalisten vor, wenn das „Einsichtsgesuch“ auf die Beschaffung journalistisch verwertbarer Informationen im Zusammenhang mit dem Kauf eines Grundstücks zielt. Dem stehen laut dem Bundesgerichtshof auch schutzwürdige Belange der im Grundbuch Eingetragenen, etwa des Eigentümers, nicht entgegen: „Das Interesse der Presse an der Kenntnisnahme des Grundbuchinhalts erweist sich als gegenüber dem Persönlichkeitsrecht der Eingetragenen vorrangig, wenn es sich um eine Frage handelt, die die Öffentlichkeit wesentlich angeht.“

Im Falle Spahn geht es die Öffentlichkeit wohl etwas an, wenn ein Minister mitten in einer Pandemie mit massivsten wirtschaftlichen Folgen ein Luxus-Anwesen kauft. Und umso mehr, wenn zumindest Kritiker einen Fall von Begünstigung sehen, wie bei dem günstigen Kauf einer Wohnung von Spahn bei einem „Spezi“, der später von Spahns Ministerium in eine Spitzenposition befördert wurde (siehe hier). Spahn ging auch juristisch gegen Medien und sogar gegen YouTuber vor, die den Kaufpreis seiner Villa genannt hatten.

Auch ich habe beim Amtsgericht Schöneberg im Oktober einen Antrag auf Grundbucheinsicht im Falle Spahn gestellt. Und nun kommt heraus: Der CDU-Politiker wollte vom Grundbuchamt wissen, wer Fragen zu seinen privaten Immobilienkäufen stellte – und welche. Das Grundbuchamt entsprach seiner Bitte. „Beides geht nicht“, sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands Frank Überall laut MSN: „Eine eilfertige Behörde und ein Minister, der peinlich bemüht ist, private Immobiliengeschäfte im siebenstelligen Bereich unter der Decke zu halten.“ Als Mitglied der Bundesregierung, das wie kein anderer Ressortchef wegen der Corona-Pandemie im Fokus der Öffentlichkeit stehe, müsse Spahn sich Recherchen von Medien gefallen lassen, heißt es in dem Bericht weiter. Die Bundesvorsitzende der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion Tina Groll findet es demnach „verstörend“, dass Spahn offenbar Pressevertreter ausforschen ließ: „Ein Bundesminister sollte die Pressefreiheit und die Aufgabe der Presse, kritisch zu berichten, respektieren und achten.“

Um das Thema ging es heute auch auf der Bundespressekonferenz. Und auf einmal erlebte ich dort das, was ich für die Grundaufgabe von Journalisten halte, wenn es darum geht, mögliche Fehler der Regierung oder einzelner ihrer Mitglieder aufzuklären: dass sehr kritisch und penetrant nachgefragt wird. Oder, wie es im Journalisten-Jargon böse heißt, der Widerpart, also hier die Regierung, „gegrillt“ wird. Ich traute meinen Augen und Ohren kaum. Und würde viel dafür geben, genau das bei dem Thema zu erleben, das den Menschen im Moment am meisten auf den Fingern brennt: Corona.

Diejenigen, die selbst wenig haben, bitte ich ausdrücklich darum, das Wenige zu behalten. Umso mehr freut mich Unterstützung von allen, denen sie nicht weh tut!

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Bild: Boris Reitschuster
Text: br


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