Von Kai Rebmann
Was ist am 27. Februar 2024 am Richard-Wossidlo-Gymnasium in Ribnitz-Damgarten wirklich geschehen? Glaubt man den Darstellungen in weiten Teilen der Medien und einer Polizeimeldung von 14. März 2024 (!), so war eigentlich alles ganz harmlos. Mehr noch: Die betroffene Schülerin Loretta B. und deren Mutter sollen sich geradezu „verständnisvoll“ gezeigt haben. Schulleiter Jan-Dirk Zimmermann treffe am allerwenigsten Schuld, dieser habe schließlich nur seine Pflicht getan.
Ein ganz anderes Bild zeichnete dagegen die „JF“, die diesen ungeheuerlichen Fall am vergangenen Donnerstag ans Licht brachte. Und auch die Schilderungen von Loretta B. und ihrer Mutter Annett B. wollen so gar nicht zu dem passen, was seit Tagen im deutschen Blätterwald verkündet wird. Fest steht daher: Mindestens eine Seite lügt, zu unterschiedlich sind die Wahrnehmungen dessen, was sich vor rund drei Wochen an der Schule in Mecklenburg-Vorpommern zugetragen hat.
SPD verklärt Schülerin zur Wiederholungstäterin
Die Empörung im polit-medialen Komplex war groß, nachdem der Schulleiter wegen eines angeblich „staatsschutz-relevanten“ Schlumpf-Videos die Polizei gerufen hat. Aber nicht über Jan-Dirk Zimmermann, sondern über diejenigen, die dessen völlig unverhältnismäßiges Vorgehen gegen Demokratie und Meinungsfreiheit kritisiert haben. So wie etwa die geschätzten Kollegen Boris Reitschuster und Hans-Hasso Stamer (siehe hier und hier).
Nicht nur möglich, sondern von der Schulordnung sogar ausdrücklich vorgesehen, wäre zum Beispiel ein Gespräch zwischen Schulleitung und Schülerin gewesen – ohne Polizei, dafür aber gegebenenfalls unter Hinzuziehung der Eltern. Annett B. sagt dazu: „Die eigentliche Schuld liegt für mich bei Herrn Zimmermann, die Polizei konnte ihn ja nicht ignorieren und hat, bei aller Kritik an der Vorgehensweise, im Grunde nur ihre Arbeit gemacht. Wie aber konnte er sie überhaupt rufen, statt, wenn es denn überhaupt ein Problem gegeben hätte, sich erstmal an die Eltern zu wenden?“
Postwendend sprangen die üblichen Verdächtigen dem Direktor bei, um diesen gegen Kritik „aus der rechten Ecke“ zu verteidigen. Die SPD tut gegenüber der „Welt“ so, als handele es sich bei Loretta B. um eine notorische Verfasserin von Hass-Mails, und das, obwohl von Anfang klar war, dass sich die Schülerin keinerlei Straftat schuldig gemacht hat: „Wenn der Verdacht im Raum steht, dass zum wiederholten Male verfassungsfeindliche Inhalte Verbreitung finden, ist es in Abstimmung zwischen Schulleitung und Polizei das mildeste Mittel, auf eine gezielte Ansprache zu setzen.“ Man dürfe dabei „nicht der üblichen Täter-Opfer-Umkehr der AfD auf den Leim gehen“, warnte die SPD.
Nochmal für alle Genossen zum Mitschreiben: Den oben erneuerten Verdacht hat nicht einmal die Polizei selbst gehegt, und das zu keinem Zeitpunkt – ganz im Gegenteil! Jan-Dirk Zimmermann wird dennoch bescheinigt, dass er „es wohl nur gut gemeint (habe), dabei aber übers Ziel hinausgeschossen“ sei. Von echter, auch nur ansatzweiser Kritik keine Spur!
Polizei wäscht Hände in Unschuld
Loretta B. räumt zwar ein, dass sie schon öfters Posts veröffentlicht hat, die in diesem Land zwar nicht jedem gefallen werden, aber selbst für juristische Laien gut ersichtlich absolut nichts mit Straftaten zu tun haben. So bekundete die Schülerin etwa, dass Alice Weidel ihr Vorbild sei oder zitierte Björn Höcke: „Ihr erzieht eure Kinder zu Schafen und lasst Wölfe ins Land.“ Letzteres habe sie etwa gepostet, weil sie als Mädchen genau davor Angst habe.
Richtig verwegen erscheint vor dem Hintergrund der oben zitierten Aussagen das Plädoyer, welches bei „t-online“ für den Schulleiter gehalten wurde. Dieser sei mit seinem Handeln – der Alarmierung der Polizei und der folgenden „Gefährderansprache“ – lediglich „seinem Bildungs- und Präventionsauftrag gegenüber den Schülern“ nachgekommen.
Wie stramm der Schulleiter auf der politisch-korrekten Linie zu marschieren scheint, macht auch das folgende Beispiel deutlich. Gegenüber der Polizei wunderte sich Loretta B. über die ganze Aufregung: „Ich habe das auch nicht verstanden und gesagt, dass die AfD doch gar keine verfassungsfeindliche oder rechtsextremistische Partei ist. Als ich das sagte, bemerkte ich im Augenwinkel, wie Herr Zimmermann nur die Augen verdrehte.“
Aber auch eine Mitteilung der Polizeiinspektion Stralsund ist nicht unbedingt dazu angetan, die angebliche „Verhältnismäßigkeit des Einsatzes“, die auch Innenminister Christian Pegel (SPD) ausdrücklich betont hatte, zu untermauern. Zunächst einmal ist es der Zeitpunkt der Veröffentlichung, der stutzig macht. Diese erfolgte erst am 14. März, also mehr als zwei Wochen nach dem Vorfall am 27. Februar. Es handelt sich also erkennbar um eine Reaktion auf die Erstmeldung in der „JF“ und den Versuch, diese zu widerlegen.
Nicht minder verdächtig ist, in welcher Art und Weise selbst Belanglosigkeiten betont werden, die in einer Polizei-Mitteilung ansonsten eigentlich nicht einmal Erwähnung fänden. Zum Beispiel heißt es darin: „Hierfür [ein ‚Aufklärungsgespräch mit präventivem Charakter‘] bat der Schulleiter die Schülerin aus dem Unterrichtsraum, während sich die Beamten in der Nähe auf dem Flur befanden und somit nicht von Mitschülern der Klasse wahrgenommen wurden.“
Und weiter: „Dabei zeigte sich die Schülerin verständnisvoll gegenüber den polizeilichen Maßnahmen und dem präventiven Ansatz dahinter, da es darum ging, sie vor möglichen Anfeindungen zu schützen, die sich aus ihren Aktivitäten in sozialen Netzwerken ergeben könnten.“ Laut Polizeibericht soll zu guter Letzt auch die Mutter „Verständnis für den Einsatz gezeigt“ haben.
„An meiner Tochter sollte ein Exempel statuiert werden“
Wer das gelesen hat, wird umso überraschter sein, wie Loretta und Annett B. den fraglichen Einsatz wirklich beurteilen. Die Mutter sagt: „Meine Tochter wurde vor aller Augen quasi abgeführt! Und Herr Pegel meint, sie wäre ja schließlich nicht in Handschellen gelegt worden. Das ist zynisch. Zahlreiche Schüler waren Augenzeuge. Zu keiner Zeit hat man sich scheinbar Gedanken darüber gemacht, wie man die Angelegenheit diskret und anonym besprechen könnte.“
Man könne ihre konservative politische Meinung ablehnen, sie kritisieren oder verwerflich finden, aber: „Wegen der Meinung einer Schülerin die Polizei zu rufen – das ist doch einfach nicht zu fassen“, empört sich die Mutter.
Ähnlich „verständnisvoll“ äußert sich Loretta B. selbst. Sie sei zwar nicht von der Polizei aus dem Unterricht geholt worden, sondern vom Schulleiter. Aber: „Die Tür wurde dabei von ihm [Zimmermann] so weit geöffnet, dass der Rest der Klasse deutlich wahrnehmen konnte, dass dort drei Beamte stehen. Alle dachten wir, was ist jetzt los? Und dann fiel mein Name – da schwante mir sofort, worum es ging.“
Auch in einem weiteren wichtigen Punkt zur Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des Polizeieinsatzes widerspricht Loretta B. den Darstellungen in den meisten Medien entschieden. Diese sei nicht „abgeführt“ worden, beharren diese. Und das sagt die Betroffene selbst dazu: „Also bin ich rausgekommen [aus dem Klassenzimmer] und dann ging es zum Lehrerzimmer: ein Polizist vor, einer hinter mir, einer seitlich und auf der anderen Seite halbschräg Herr Zimmermann.“
Sie sei sich ein wenig wie eine Verdächtige vorgekommen, bei der ihre Begleiter wohl Angst hatten, sie könne die Flucht ergreifen wollen, so die Schülerin weiter: „Ich weiß nur, was ich erlebt habe, und das war, von Polizisten umrahmt durch die Schule geführt worden zu sein, durchs Atrium, wo mindestens zwei höhere Klassen saßen: Sämtliche Stimmen verstummten und alle haben mich angestarrt – das war wirklich sehr, sehr unangenehm.“
Annett B. äußert einen schwerwiegenden, aber leider auch nur allzu naheliegenden Verdacht. Die Mutter glaubt, es sei vor allem darum gegangen, an ihrer Tochter ein Exempel zu statuieren: „Schaut her, das machen wir mit Schülern, die politisch nicht in unserer Spur laufen. […] Aber zur Politik gehört auch eine Opposition, denn ohne unterschiedliche Meinungen gibt es auch keine Demokratie. In meinen Augen wurde in unserem Fall die Demokratie mit Füßen getreten.“
Auf Ihre Mithilfe kommt es an!
Auf meiner Seite konnten Sie schon 2021 lesen, was damals noch als „Corona-Ketzerei“ galt – und heute selbst von den großen Medien eingestanden werden muss. Kritischer Journalismus ist wie ein Eisbrecher – er schlägt Schneisen in die Einheitsmeinung.
Dafür muss man einiges aushalten. Aber nur so bricht man das Eis. Langsam, aber sicher.
Diese Arbeit ist nur mit Ihrer Unterstützung möglich!
Helfen Sie mit, sichern Sie kritischen, unabhängigen Journalismus, der keine GEZ-Gebühren oder Steuergelder bekommt, und keinen Milliardär als Sponsor hat. Und deswegen nur Ihnen gegenüber verpflichtet ist – den Lesern!
1000 Dank!
Per Kreditkarte, Apple Pay etc.Alternativ via Banküberweisung, IBAN: DE30 6805 1207 0000 3701 71 oder BE43 9672 1582 8501
BITCOIN Empfängerschlüssel auf Anfrage
Mein aktuelles Video
China – der heimliche Traum von Angela Merkel? Ketzerische Eindrücke von meiner China-Reise
Bild: ShutterstockMehr von Kai Rebmann auf reitschuster.de