Von reitschuster.de
Stellen Sie sich vor, es gäbe ein Festival der Paradoxitäten. Die Politik hätte sicher gute Chancen auf den Hauptpreis. Einerseits mahnen uns unsere gewählten Vertreter, den Gürtel enger zu schnallen, andererseits schnallen sie sich selbst immer größere Portionen aufs Tablett. Gehaltserhöhungen für EU-Beamte, satte Diätenanpassungen im Bundestag und ein Staatsapparat, der wächst wie ein Hefeteig. Willkommen in der absurden Welt des modernen Bürokratismus. Unter dem Schleier der woken Hypermoral und des rot-grünen Bessermenschentums.
Und hinter der Potemkinschen Fassade klingeln die Kassen. Aktuell in Brüssel. EU-Beamte haben im Dezember eine rückwirkende Gehaltserhöhung von insgesamt 7,2 Prozent erhalten. Für Ursula von der Leyen bedeutet das mehr als 2.300 Euro obendrauf – monatlich, versteht sich. Insgesamt bringt sie es nun dank allerlei Zulagen auf über 40.000 Euro brutto. Nicht im Jahr, sondern im Monat! Ja, Sie haben sich nicht verlesen. Und die Steuern und Abzüge sind, da sie EU-Beamtin ist, deutlich geringer als bei Normalsterblichen. Zudem kommen noch viele Annehmlichkeiten hinzu, von denen ein Normalsterblicher nur träumen kann.
Zum Vergleich: Der durchschnittliche Nettolohn in Deutschland liegt bei knapp 54.000 Euro – für ein ganzes Jahr Arbeit. Und genau diese Menschen, die mit ihrer harten Arbeit einen Bruchteil der Bezüge der EU-Spitzenbeamtin erhalten, die sich mit steigenden Lebenshaltungskosten und immer neuen Belastungen herumschlagen dürfen, müssen die fürstliche Entlohnung schultern.
Insgesamt gab es seit Anfang 2022 sechs Lohnerhöhungs-Runden für EU-Beamte. Das Argument, die Erhöhungen seien an die Inflation gekoppelt, klingt zunächst einmal logisch. Aber: Warum gilt diese Logik dann bitte nur für die oberen Etagen? So drängt sich der böse Schluss auf: Für Normalverdiener ist die Inflation eine Belastung und oft genug eine Existenzfrage, für Eurokraten dagegen ein Sprungbrett in noch luxuriösere Lebensumstände.
Diäten-Dauerlauf im Bundestag
Aber auch in Berlin kennt die Selbstbedienung keine Grenzen. Seit 2013 haben sich die Bundestagsdiäten sechsmal erhöht – eine Regelmäßigkeit, die an die Gehaltspolitik in Brüssel erinnert. Selbst als viele Bürger in der Corona-Krise um ihre Existenz kämpften, war es für die Abgeordneten kein Problem, die Hand aufzuhalten. Seit 2009 stiegen die Diäten um satte 46 Prozent, während die Durchschnittslöhne nur um 31 Prozent wuchsen: Bekam ein Abgeordneter 2009 noch 7.668 Euro im Monat, so sind es 2024 bereits 11.227,20 Euro. Dazu kommt eine steuerfreie Kostenpauschale: 2009 lag diese bei 3.812 Euro, 2024 sind es 4.725 Euro.
Noch absurder wird es, wenn man einen Blick auf den Staatsapparat wirft. Seit 2013 hat die Regierung die Zahl der Planstellen in Bundesministerien um 47 Prozent erhöht – ein Plus von rund 7.000 Stellen. Vor allem die höheren Besoldungsgruppen wachsen ungebremst. Laut Berechnungen von Finanzwissenschaftlern wie Bernd Raffelhüschen wird dieser Stellenwucher die Steuerzahler bis 2040 weitere 20 Milliarden Euro kosten.
Und wofür? Für immer mehr Vorschriften, die Unternehmen und Bürger ersticken. Das sogenannte „Nachhaltigkeitsberichterstattungsgesetz“ ist ein Paradebeispiel. Der Titel liest sich wie ein Paragrafen-Ungetüm, die Kosten von jährlich 1,4 Milliarden Euro sind ebenso monströs.
Mit anderen Worten: Der Steuerzahler wird zur Kasse gebeten und geschröpft, damit immer mehr Beamte immer mehr daran arbeiten können, ihn noch mehr zur Kasse zu bitten und zu schröpfen. Und gleichzeitig versprechen uns die Parteien dann Bürokratie-Abbau – selbst die „Ampel“ hatte das in ihrem Koalitionsvertrag stehen. Sogar als „zentrales Ziel“. Das war so wahrhaftig wie das „D“ für Demokratie im Namen der DDR.
Die Realität ist erschütternd: Während Bürger mit immer neuen Belastungen kämpfen, gönnen sich Politiker und Beamte immer größere Gehaltssprünge. Der Gürtel wird enger geschnallt, aber nur in eine Richtung – und das nicht ohne bittere Ironie. Diejenigen, die lautstark über ihre „Verantwortung“ sprechen, scheinen sie oft genau dort zu vergessen, wo sie am dringendsten gebraucht würde. Und wenn es um den eigenen Geldbeutel geht.
Warum sie damit durchkommen? Vor allem, weil die vierte Gewalt ausfällt. Statt Kontrolleure der Mächtigen sind die großen Medien heute bis auf wenige Ausnahmen deren Propagandisten. In den Redaktionsstuben gilt bei vielen als größtes Karriereziel, die Seiten zu wechseln und selbst im Staatsapparat zu landen. Klar, dass man dann nicht die Futtertröge thematisiert und kritisiert, auf die man selbst schielt.
Ein Beispiel: Viele Medien versuchen, die Selbstbedienungsmentalität schönzureden, darunter auch das regierungsfinanzierte Portal „Correctiv“. Dort wird etwa im Fall des Bundestags oder der EU-Beamten darauf verwiesen, dass die Gehaltserhöhungen automatisch erfolgen würden – basierend auf einem festgelegten Index, der die Inflation und Lebenshaltungskosten berücksichtigt. Doch das ist Augenwischerei. Nichts hindert Volksvertreter oder die Brüsseler Kommission daran, ein Zeichen zu setzen und zumindest teilweise auf diese Anpassungen zu verzichten. Wenn der Bundeskanzler schon den Notstand ausrufen will – warum dann nicht auch ein Einfrieren der Diäten während Krisenzeiten? Fakt ist: Die Inflation trifft Menschen mit niedrigen Einkommen ungleich härter als Spitzenverdiener, wie Abgeordnete oder EU-Beamte, zumindest wenn es um die Grundbedürfnisse geht und nicht um Luxus. Und auch das ständige Aufblähen des Staatsapparates ist keineswegs alternativlos.
Es bleibt die Frage: Wie lange lassen sich die Menschen dieses Spiel noch gefallen? Wann ist selbst der geduldigste Steuerzahler nicht mehr bereit, den eigenen Gürtel immer enger zu schnallen und zuzusehen, wie die selbsternannte politische Elite, die in Wirklichkeit alles andere als eine Elite ist, im Selbstbedienungsladen Staat immer kräftiger zulangt?
„Wer die Wahrheit sagt, braucht ein schnelles Pferd“
sagt ein altes chinesisches Sprichwort. Bei uns ist es wohl eher ein guter Anwalt – und der kostet Geld. Augsburgs CSU-Oberbürgermeisterin Eva Weber hat mich gerade angezeigt, weil ich es gewagt habe, ihre Amtsführung zu kritisieren. Es geht um mehr als nur diesen Fall. Es geht um das Recht, Kritik an den Mächtigen zu üben, ohne kriminalisiert zu werden. Helfen Sie mir, dieses wichtige Recht zu verteidigen! Jeder Beitrag – ob groß oder klein – macht einen Unterschied. Zusammen können wir dafür sorgen, dass unabhängiger Journalismus stark bleibt und nicht verstummt. Unterstützen Sie meine Arbeit:
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