Anne möchte nicht mehr leben Chronik einer Krankheit

Corona macht krank, Corona kann töten.

Corona ist schlimm, verändert die Gesellschaft und das Leben. Darüber berichten wir. Geschichten, die es nicht in die Medien schaffen.
Wir geben Zahlen einen Namen und eine Seele. Die Serie „Kollateralschaden“ basiert auf Berichten Betroffener der Coronapolitik. Damit keiner sagen kann: „Das haben wir nicht gewusst!“

Anne möchte nicht mehr leben

Von Johanna und Frank Wahlig

„Ich lasse mir nicht anhängen, dass ich Kinder quäle“, erklärt die Kanzlerin neulich. Doch, es sind die nicht enden wollenden Coronamaßnahmen der Regierenden, die Kinder, Jugendliche und Familien quälen. „Kinder nehmen sich wegen der Situation das Leben“, klagt Carsten Stahl vom Bündnis Kinderschutz e.V. an. „Da kann man sich nicht aus der Verantwortung schleichen. Wenn sich Kinder im Lockdown das Leben nehmen, dann seid Ihr verantwortlich! Das ist keine politische Entscheidung. Die Menschlichkeit muss im Vordergrund stehen und nicht Eure Machtinteressen. Kinder sind unsere Zukunft, nicht Ihr!“

„Wenn das so weiter geht, bring ich mich um“, schluchzt der Junge in einer verstörenden Sprachnachricht zu seiner Mama. Er halte den sozialen Druck nicht mehr aus. Auch Anne wollte sich das Leben nehmen.

Annes Vater entdeckt beim ersten Lockdown im März Ritzverletzungen an Annes Körper. Die 15-Jährige will im Frühjahr 2020 nicht mehr aus dem Bett. Sie bleibt Tage dort. Schulen geschlossen. Der Reitstall ist zu. Anne bekommt Depressionen. Sie möchte nicht mehr leben. Die Eltern fürchten, das Kind zu verlieren. Anne kommt in die geschlossene Psychiatrie.

Die verlorenen Kinder

Im Coronajahr 2020 hat die „Nummer gegen Kummer“ des Familienministeriums 30 % mehr „Kundschaft“ als im Vorjahr. Kinder und Jugendliche leiden unter Isolation, Einsamkeit und Langeweile. Das erklärt die Sprecherin des Ministeriums, Ulla Fiebich, auf Nachfrage von Boris Reitschuster in der Bundespressekonferenz. Bis zu 30 % mehr Notfälle vermelden die Kinder- und Jugendpsychiatrien. Ob in Tübingen, Trier oder Siegen. Wegen Überfüllung geschlossen!

Viele Kinder leiden still. Auch Anne hat sich nicht gemeldet bei der „Nummer gegen Kummer.“ Sie schreibt in ihr Tagebuch: „Ich will nicht mehr Leben.“ Sie möchte sich das Leben nehmen, weiß aber noch nicht wie. Die Eltern lesen zufällig den Tagebucheintrag und sind erschüttert. Bislang hatten sie Annes Verschlossenheit als „Teeniegehabe“ gedeutet. Bei Fragen oder Gesprächsangeboten sagt sie: „Geht schon.“

Meist liegt sie im Bett. Sie beginnt, sich die Haut aufzuritzen. Schmerzen gegen den Schmerz der Einsamkeit. Dort wo es keiner sieht. An der Hüfte, am Oberarm. Der Vater entdeckt die Wunden, als er das Kind morgens wecken will.

Der Vater ist Berufsschullehrer. Er meinte bis dato, mit Problemen Heranwachsender vertraut zu sein. „Ich habe über die Lockdowns viele Schüler verloren“, sagt er. Die Schüler sitzen allein zu Hause, melden sich nicht mehr. Die Ausbildung wird abgebrochen. Hilfsangebote lehnen sie ab.

Auch beim eigenen Kind ist der Vater hilflos. Die Eltern konsultieren Ärzte und Beratungsstellen. Ein Psychotherapeut wird gesucht und gefunden. Sie kommt wegen akuter Suizidgefahr in die Psychiatrie.

Normalität in der Psychiatrie

In der Psychiatrie blüht Anne auf. Ein geregelter Tagesablauf. Gemeinschaft. Gespräche. Bewegung. Beschäftigung. Anne möchte auch an den „Heimatwochenenden“ nicht nach Hause in die Isolation. Sie würde gerne dauerhaft in der Psychiatrie bleiben. In der Psychiatrie erlebt Anne ihre neue Normalität. Nach drei Monaten wird sie entlassen.

Die Politiker drohen den zweiten Lockdown an. Annes Vater macht sich Sorgen. Er fürchtet neue Depressionen. Er hat gelernt, genau hinzuschauen. Er hat gelernt, strenger zu sein. Dem Kind einen Tagesablauf zu bieten. Verpflichtungen geben. Einkaufen. Ausflüge, die Oma besuchen. Das wenige, was geht.

„Kontakte beschränken“, appellieren die Regierenden weiterhin. Schon seit fast einem Jahr. Für Kinder und Jugendliche bedeutet das Einsamkeit, Isolation und Qual.

Anne lebt in Bayern. In Bayern dürfen sich Kinder und Jugendliche jetzt nur mit einem einzigen Freund treffen. Anne hat wenige Freundinnen. Die Freundinnen haben den ersten Freund. Mit dem treffen sie sich. Anne bleibt zu Hause. Allein. Der Reitstall ist zu Annes Glück noch geöffnet. Drei mal pro Woche ist sie dort. „Das ist ihr Leben und ihre Leidenschaft“, sagt der Vater. Die Schule ist weiterhin geschlossen. Ende offen.

'Kinder, bleibt mit Euren Ängsten und Sorgen nicht allein!'

„Wendet Euch an Eure Eltern, Eure Großeltern und Eure Freunde“, appelliert Carsten Stahl, der Kinderschützer. „Lasst Euch nicht fertig machen. Lasst Euch helfen. Das Leben wird weiter gehen. Es wird besser werden.“

Das Internetvideo von Carsten Stahl:

[videopress fMaz4oWB]
Audio: Verstörende Suizidgedanken eines Jungen

Wir haben uns in diesem Fall entschieden, über das Thema Suizid zu berichten – insbesondere, weil eine große gesellschaftliche und politische Relevanz vorhanden ist. Leider kann es passieren, dass depressiv veranlagte Menschen sich nach Berichten dieser Art in der Ansicht bestärkt sehen, dass das Leben wenig Sinn habe. Sollte es Ihnen so ergehen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge. Hilfe finden Sie bei kostenlosen Hotlines wie 0800-1110111oder 0800 1110222.

Wer aus seinem beruflichen oder privaten Leben einen „Kollateralschaden“ melden möchte: Vertraulich und persönlich, per E-Mail an [email protected]

[themoneytizer id=“57085-3″]
 
Johanna Wahlig ist Politologin, Journalistin und Unternehmerin. Frank Wahlig ist Historiker und war 30 Jahre lang ARD-Hauptstadtkorrespondent.
 
Bild: Fo_De/Shutterstock
Text: Johanna und Frank Wahlig
 

[themoneytizer id=“57085-2″]

 

mehr aus der Rubrik Kollateralschaden auf reitschuster.de

 

[themoneytizer id=“57085-3″]
[themoneytizer id=“57085-28″]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert