Ballweg bleibt in Haft, Justiz duckt sich weiter weg Presseanfragen ignoriert – aber ich lege nach

Das Amtsgericht Stuttgart hat die Untersuchungshaft von Michael Ballweg verlängert. Der Gründer von „Querdenken“ sitzt seit über einem halben Jahr in Haft. „Dass Ballweg auch nach einem halben Jahr Untersuchungshaft nicht auf freien Fuß gesetzt wird, hat das Amtsgericht mit dem weiterhin dringenden Tatverdacht und der bestehenden Fluchtgefahr begründet. Die Untersuchungshaft sei außerdem verhältnismäßig, so das Amtsgericht“, schrieb der öffentlich-rechtliche SWR nach der Verkündung der Entscheidung am Mittwoch.

Die Anwälte Ballwegs erheben schwere Vorwürfe gegen das Gericht. Demnach werden elementare rechtsstaatliche Prinzipien ignoriert und das Grundrecht von Ballweg auf ein faires Verfahren massiv beeinträchtigt. Details siehe unten – in der Stellungnahme der Anwälte und meiner Anfrage.

Eine Seite schweigt

 

Leser schrieben mir, ich würde in der Sache Ballweg einseitig berichten. Ich antwortete, dass es schwierig sei, „zweiseitig“ zu berichten, wenn eine Seite schweigt. Die Justizvollzugsanstalt Stuttgart ignoriert seit rund einem Monat meine Presseanfrage zu den Haftbedingungen, trotz Erinnerungsschreiben, und bricht damit in meinen Augen auf dreiste und demonstrative Weise das Gesetz. Das verpflichtet sie zur Beantwortung von Presseanfragen. Auch die Generalstaatsanwaltschaft ignoriert meine Presseanfrage vom 3. Januar. Dieses Verhalten der Behörden trägt nicht dazu bei, das Vertrauen in die Rechtsstaatlichkeit ihres Vorgehens zu bestärken.

Einzig und allein das Oberlandesgericht Stuttgart beantwortete meine Presseanfrage. Allerdings ist die Antwort so allgemein gehalten, geht derart an den einzelnen Punkten der Vorwürfe vorbei, und beschränkt sich so demonstrativ auf Allgemeinplätze, dass man es auch als eine Auskunftsverweigerung auffassen kann (Details siehe hier). Ich frage mich: Wenn die Justiz sich an rechtsstaatliche Prinzipien hält im Falle Ballweg – warum weicht sie dann Fragen aus?

Um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, habe ich jetzt folgende Presseanfrage mit 28 Punkten an das Amtsgericht Stuttgart gestellt. Die einzelnen Fragen sind für sich genommen sehr aussagekräftig. Ich warte gespannt, ob das Amtsgericht antwortet und ob es in seiner Antwort auf die einzelnen Fragen eingeht. Ich werde Sie selbstverständlich über den Fortgang informieren.

An die Pressestelle des Amtsgerichts Stuttgart/
Kopie Herrn Richter Dr. Berger
Kopie: Herrn Präsident Hans-Peter Rumler

Sehr geehrte Damen und Herren,

die Verteidiger von Michael Ballweg erheben in einer Presseerklärung schwere Vorwürfe: https://presse.querdenken-711.de/pressemitteilungen/verteidigerteam-michael-ballweg-bleibt-auch-nach-sechs-monaten-rechtswidrig-in-untersuchungshaft/

Zudem verbreitet der Anwalt Ludwig die unten stehende Erklärung.

Ich bitte Sie entsprechend Landespressegesetz um eine Stellungnahme zu diesen Vorwürfen.

Insbesondere möchte ich Sie fragen:

    1. Der Anwalt zitiert Sie wie folgt: „Nach mehreren Stunden ist dann einfach aus Sicht des Richters der Punkt erreicht gewesen, wo man sich nur noch wiederholt.“ Ist dieses Zitat zutreffend?
    2. War also ausreichend Zeit für Michael Ballweg und er hat diese nicht genutzt?
    3. Oder hat er sich nur noch wiederholt?
    4. Der Anwalt schreibt: „Das Gericht könnte – anstatt Spekulationen anzuheizen – doch einfach das Protokoll der Sitzung veröffentlichen. Die Verteidigung stimmt dem ausdrücklich zu.“ Warum veröffentlichen Sie das Protokoll der Sitzung nicht?
    5. Der Anwalt schreibt: „Aus dem Protokoll geht eindeutig hervor, dass Michael Ballweg innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu allen Vorwürfen Stellung nehmen konnte und dass es keinerlei Wiederholungen gab.“ Trifft das zu?
    6. Der Anwalt schreibt weiter: „Zudem geht aus dem Protokoll hervor, dass der Richter am Amtsgericht den Entlastungszeugen schlicht vor der Tür stehen lassen hat. In Anbetracht der bevorstehenden Verfassungsbeschwerde eine offensichtliche Falschauskunft des Amtsgerichts.“
      Trifft es zu, dass Sie den Entlastungszeugen schlicht vor der Tür stehen haben lassen?
    7. Der Anwalt schreibt: „Man stellt sich auch die Frage, warum der Termin am 11. Januar 2023 dann nur 20 Minuten gedauert hat?“ Können Sie diese Frage beantworten?
    8. Der Anwalt schreibt: „Warum hat der Haftrichter erneut eine mündliche Verhandlung einfach abgebrochen und dem Beschuldigten untersagt, sich zu den Vorwürfen zu äußern?“
      Trifft es zu, dass die Verhandlung „einfach abgebrochen“ wurde?
    9. Wenn ja – warum?
    10. Wenn nein – wie war der Ablauf des Endes der Verhandlung?
    11. Trifft es zu, dass Sie dem Beschuldigten untersagt haben, sich zu den Vorwürfen zu äußern?
    12. Wenn ja, warum?
    13. Wenn nein – wie war der Ablauf?
    14. Anwalt Dr. Christ schreibt: „Wir können mit Belegen nachweisen, dass der Querdenkengründer mehr Geld für die Zwecke der von ihm gegründeten Grundrechtebewegung „Querdenken“ ausgegeben hat als er über Schenkungen eingenommen hat. Trifft das zu?
    15. Wenn ja – warum teilen Sie nicht die Auffassung der Anwälte, dass der Vorwurf damit hinfällig ist, da dann keine Bereicherungsabsicht besteht?
    16. Wenn nein – wie sehen Sie das Verhältnis privater Ausgaben und Einnahmen? Wie ausgiebig haben Sie dieses Verhältnis untersucht?
    17. Die Anwälte schreiben, die Aufrechterhaltung der Haft werde aktuell ausschließlich dadurch begründet, dass Ausgaben, die Ballweg zwischen Juni 2020 und Februar 2022 getätigt hat, durch Staatsanwaltschaft und Gerichte nicht zur Kenntnis genommen werden. Trifft es zu, dass Sie diese nicht zur Kenntnis genommen haben?
    18. Trifft es zu, dass Sie die Aufrechterhaltung der Haft ausschließlich damit begründen?
    19. Falls nein – womit dann?
    20. Weiter schreiben die Anwälte: „Weiterhin wird der Haftbefehl mit einer angeblichen Fluchtgefahr begründet, die darauf beruhen soll, dass Michael Ballweg ein Konto zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung in Costa Rica eröffnet haben soll und hierauf Einzahlungen vorgenommen haben soll. Tatsächlich entspricht diese Vermutung nicht den Tatsachen, entsprechende Bestätigungen eines Rechtsanwalts aus Costa Rica hat das Amtsgericht Stuttgart nicht entgegengenommen.“
      Trifft es zu, dass diese Annahmen für den Haftbefehl relevant sind?
    21. Wenn ja – trifft es zu, dass Sie Widerlegungen der Anwälte nicht zur Kenntnis nehmen?
    22. Wenn ja – warum?
    23. Die Konten von Querdenken wurden durch die Banken gekündigt. Michael Ballweg musste deshalb Geld auf Privatkonten übertragen, so seine Darstellung. Wird ihm zum Vorwurf gemacht, dass er Geld von Querdenken auf seine Privatkonten übertragen hat?
    24. Wie ist die außerordentlich lange Haftzeit zu begründen in Zeiten, in denen selbst schwere Kriminelle bis zum Gericht auf freien Fuß gesetzt werden (vgl. Kuschel-Kartell: Wie Berlins Justiz Straftäter hätschelt…und Medien das manipulativ verschleiern)
    25. Kritiker sprechen von einem politischen Verfahren, da die Vorwürfe und die Untersuchungshaft in einem groben Missverhältnis stünden. Wie kommentieren Sie diese Vorwürfe? Gibt es über die bekannten Vorwürfe hinaus solche, die nicht öffentlich bekannt sind, und geeignet, die Härte des Vorgehens zu erklären?
    26. Sind Sie – bei Einverständnis der Anwälte – bereit, Details der Vorwürfe zu veröffentlichen, um die Vorwürfe, Ihr Vorgehen sei politisch begründet, zu widerlegen?
    27. Warum wird der Haftbefehl nicht gegen Auflagen, wie etwa eine Kaution, außer Vollzug gesetzt?
    28. Im Saarland wurde ein Frauenmörder auf freien Fuß gesetzt, weil die Justiz überlastet ist und Fristen versäumen ließ, ähnliche Fälle mit Kriminellen gab es auch in anderen Bundesländern. Inwieweit ist bei einer solchen Überlastung der Justiz die Aufwendung so erheblicher Ressourcen im Fall Ballweg zu erklären?

Anlage:
Erklärung von Michael Ballwegs Anwalt Ralf Ludwig, auf die sich die Presseanfrage bezieht:

💥Interessante neue Wendung…💥

Bisher hat das Amtsgericht Stuttgart behauptet, dass der Haftverkündungstermin am 29. November 2022 abgebrochen worden sei, weil ausreichend Zeit für eine umfassende Stellungnahme für den Querdenken-Gründer Michael Ballweg bestanden hätte.

Jetzt wird diese Aussage plötzlich variiert:

„Nach mehreren Stunden ist dann einfach aus Sicht des Richters der Punkt erreicht gewesen, wo man sich nur noch wiederholt.“

War also ausreichend Zeit für Michael Ballweg und er hat diese nicht genutzt?
Oder hat er sich nur noch wiederholt?

Das Gericht könnte – anstatt Spekulationen anzuheizen – doch einfach das Protokoll der Sitzung veröffentlichen. Die Verteidigung stimmt dem ausdrücklich zu.

Aus dem Protokoll geht eindeutig hervor, dass Michael Ballweg innerhalb der zur Verfügung stehenden Zeit nicht zu allen Vorwürfen Stellung nehmen konnte und dass es keinerlei Wiederholungen gab. Zudem geht aus dem Protokoll hervor, dass der Richter am Amtsgericht den Entlastungszeugen schlicht vor der Tür stehen lassen hat. In Anbetracht der bevorstehenden Verfassungsbeschwerde eine offensichtliche Falschauskunft des Amtsgerichts.

Man stellt sich auch die Frage, warum der Termin am 11. Januar 2023 dann nur 20 Minuten gedauert hat? Warum hat der Haftrichter erneut eine mündliche Verhandlung einfach abgebrochen und dem Beschuldigten untersagt, sich zu den Vorwürfen zu äußern?

Hier sollten Journalisten einmal investigativ nachfragen.

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