Von Kai Rebmann
Knapp 100 Flüchtlinge hätten demnächst in Bad Tölz südlich von München eine neue Heimat finden sollen. So zumindest wollten es das Landratsamt und die CSU-geführte Regierung des Freistaats; und das gegen den ausdrücklichen Willen der Bürger und Kommunalpolitiker vor Ort. Doch daraus wird jetzt nichts, der Verwaltungsgerichtshof hat die Baugenehmigung im Eilverfahren wieder einkassiert.
Dumm nur: Die Flüchtlingsunterkunft mitten in einem Wohngebiet steht nicht nur schon, sie ist auch einzugsbereit – theoretisch jedenfalls. Noch dümmer: Es existiert bereits ein voll rechtsgültiger Mietvertrag zwischen dem Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen und dem privaten Bauherren, bei dem etwaige Risiken durch den Freistaat abgesichert wurden. Im Klartext: Bayern zahlt Miete für eine Immobilie, in der bis zu 96 Flüchtlinge hätten untergebracht werden können, die jetzt aber bis auf weiteres leerstehen wird.
Landratsamt zog alle Register
Um den ganzen Wahnsinn, wenn auch nicht unbedingt verstehen, dann aber doch zumindest nachvollziehen zu können, müssen wir einige Monate zurückblicken. In Bad Tölz, genauer gesagt im Isarleitenweg, gab es bereits eine Gemeinschaftsunterkunft, in der 30 Flüchtlinge lebten. Und weil sich auf nur einem Bein bekanntlich schlecht stehen lässt, hatte irgendjemand die Idee, direkt daneben noch eine solche Unterkunft zu bauen; und zwar für mehr als dreimal so viele Neubürger.
Das wiederum passte den schon länger hier lebenden Anwohnern überhaupt nicht und auch der Stadtrat sprach sich einstimmig gegen die Pläne des Landratsamtes aus. In der übergeordneten Behörde interessierte das freilich niemanden, so dass die Baugenehmigung an einen privaten Träger dennoch erteilt und auf das sogenannte gemeindliche Einvernehmen mit den Kommunalpolitikern vor Ort verzichtet wurde.
Doch damit noch nicht genug: Um vermeintlich auf Nummer Sicher zu gehen, wurde über das im Bauantrag vorgesehene Grundstück eine sogenannte Veränderungssperre verhängt. Und wie reagierte das Landratsamt darauf? Ganz einfach, es berief sich auf Paragraf 246, Absatz 14 des Baugesetzbuches (BauGB) und hebelte das eigentlich zugesicherte Selbstverwaltungsrecht der Kommunen aus, indem es einfach von einem im BauGB geregelten „Ausnahmefall“ ausging. Es wurden also klar erkennbar und im wahrsten Sinne des Wortes wirklich alle nur verfügbaren Hebel in Bewegung gesetzt, um dieses Projekt auf Teufel komm raus durchzudrücken.
Ein Bürger, dessen Mutter direkt neben der Flüchtlingsunterkunft wohnt, sowie die Stadt Bad Tölz stellten daraufhin beim zuständigen Verwaltungsgericht einen Eilantrag gegen die Genehmigung des rund 50 Meter langen Gebäudes, der am 6. August 2024 in erster Instanz abgeschmettert wurde. Im Oktober jedoch wurde diese Entscheidung vor dem Verwaltungsgerichtshof wieder einkassiert und die zuvor durch das Landratsamt erteilte und vorinstanzlich bestätigte Baugenehmigung suspendiert, sprich außer Kraft gesetzt.
Politik über die Köpfe der Bürger hinweg
Trotz dieser äußerst unsicheren Rechtslage ließ es sich das Landratsamt aber nicht nehmen, den Bau während der gesamten Zeit weiter voranzutreiben und ließ sich die unvorhersehbaren Risiken lapidar durch den Freistaat absichern, in letzter Konsequenz also den Steuerzahler. Dabei hätte man zumindest ahnen können, dass der Ausgang dieses Verfahrens alles andere als gewiss ist – zu berechtigt schienen die Anliegen der Kläger.
Und so kam es, wie es fast kommen musste und der Verwaltungsgerichtshof setzte die Baugenehmigung für ein bereits fix und fertig errichtetes Gebäude außer Kraft. Denn eigentlich handelt es sich angesichts der schieren Ausmaße eher um einen Komplex und nicht zuletzt aus diesem Grund gaben die Richter dem Eilantrag in zweiter Instanz statt.
Die Unterkunft sei „zu dominant“ und mit dem ansonsten vorherrschenden Charakter des betreffenden Wohngebiets „nicht vereinbar“. Gemeint ist damit die Tatsache, dass sich der Stadtteil rund um den Isarleitenweg durch eine aufgelockerte Ansiedlung von Ein- oder Zweifamilienhäusern auszeichnet. Nicht zuletzt äußerten die Richter ihre Bedenken in Bezug auf absehbare „Lärmkonflikte mit der Nachbarschaft“, da aufgrund der beengten Wohnsituation damit zu rechnen sei, dass sich die Bewohner eher im Freien aufhalten würden.
Alle diese Argumente waren nicht nur vorhersehbar, sie wurden von den mit den Gegebenheiten vor Ort bestens vertrauten Kommunalpolitikern auch entsprechend gewürdigt, was durch deren Ablehnung des Bauantrags zum Ausdruck gebracht wurde. Weshalb maßt sich eine übergeordnete Behörde dann an, das besser zu wissen und beurteilen zu können? Und wie kommt die Regierung im noch weiter entfernten München dazu, im Namen und vor allem mit dem Geld des Steuerzahlers dafür einzustehen?
Behörde ging „All In“ – mit dem Geld der Steuerzahler
Die Erklärungsversuche hierzu klingen dann auch sehr schmallippig. Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) verwies lapidar auf den akuten Bedarf an Unterbringungsmöglichkeiten für Geflüchtete, was für den Mann offenbar Rechtfertigung genug ist, trotz eines laufenden Verfahrens um die Baugenehmigung – sozusagen „auf gut Glück“ – halt schon mal mit dem Bau zu beginnen.
Und auch wie es mit dem betongewordenen Ungetüm in Bad Tölz jetzt weiter gehen soll, weiß offenbar niemand so genau. Eine Sprecherin des Landratsamts sagte gegenüber dem „Merkur“, die künftige Nutzung des Gebäudes sei „nach wie vor offen“ und man prüfe „verschiedenste Möglichkeiten“, ohne dabei jedoch konkret zu werden. Was wiederum auch kein Wunder ist, wenn man der Begründung des Verwaltungsgerichtshofes folgt. Demnach ist es völlig irrelevant, was sich dort künftig abspielt oder nicht abspielt – der Komplex wird auch weiterhin nicht in den ortsüblichen Wohn- und Siedlungscharakter passen.
Als moralische Sieger dürfen sich – vorbehaltlich einer endgültigen Entscheidung – zunächst die Stadt Tölz sowie die Anwohner fühlen. Der einzige echte Sieger aber ist der private Bauträger, der sich wahlweise über auf Jahre hinweg fortlaufende Mieteinnahmen für eine nicht genutzte Immobilie oder aber eine dicke Schadensersatzzahlung aus dem Säckel des Steuerzahlers wird freuen können.
Fast schon zynisch: In Bad Tölz sind derzeit insgesamt rund 900 Flüchtlinge untergebracht. Damit hat die Stadt in der Vergangenheit schon deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen, als sie gemäß dem Königsteiner Schlüssel eigentlich hätte müssen. Fällt den Kommunalpolitikern ausgerechnet diese in den letzten Jahren betriebene Politik der offenen Türen jetzt mit lautem Knallen vor die Füße?
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Kai Rebmann ist Publizist und Verleger. Er leitet einen Verlag und betreibt einen eigenen Blog.
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