Unfassbar: Luise Lehmann, eine Ärztin, Covid-Aktivistin und bekennende Sozialdemokratin, feiert in Arztkleidung auf Twitter mit einem V-Zeichen (V für Victory, also Sieg) folgende Nachricht, die sie dort verbreitet: „Bei uns werden Bauchlagerungskissen und Leichensäcke knapp.“
Weiter unten, wohin die wenigsten vordringen, schreibt sie dann in den Kommentaren: „Bitte nicht zu ernst nehmen, es waren nur auf Station die Packungen mit den schwarzen großen Tüten alle, in die die verstorbenen Covid-Patient*innen für den Transport verpackt werden müssen wegen Infektionsgefahr. Es gab noch mehr auf Lager. War nur kurz emotional sehr absurd.“
Hää? Was jetzt? pic.twitter.com/J73LGstSbm
— Атина (@athi1981_) December 17, 2021
Ein Kollege hatte mir den Link auf den Tweet mit folgendem Kommentar geschickt: „Lieber Boris, schau dir das mal an. Die Dame scheint SPD-Mitglied, NoCovid-Vertreterin und in der BVV zu sein. Im Krankenhaus zeigt sie ein Victoryzeichen, wenn es um angeblich fehlende Leichensäcke und Bauchlagerungskissen geht. Und noch schlimmer sind die Twitterkommentare dazu. Wer redet eigentlich mal über diesen Hass?“
Ich würde neben dem Wort „Hass“ noch das Wort Zynismus hinzufügen. Grenzenloser Zynismus. Ja, menschenverachtender.
Der Tweet von Lehmann hat inzwischen für Empörung gesorgt in den sozialen Netzwerken. Sie hat ihn zwischenzeitlich gelöscht. Deshalb erspare ich Ihnen hier die Kommentare, die der Kollege so empörend fand.
Der Tweet allein ist empörend genug.
Und ein Sittengemälde für das „beste Deutschland aller Zeiten“.
Hier noch ein Auszug aus meinem aktuellen Wochenbriefing – Sie können es hier kostenlos und jederzeit widerrufbar abonnieren.
Liebe Leserinnen und Leser,
der russische Ministerpräsident Viktor Tschernomyrdin ist im russischen Sprachraum unter anderem für folgenden legendären Ausspruch bekannt. „Wir wollten nur das Beste, aber es kam, wie es immer kommt.“ So ähnlich ging es auch mir mit diesem Wochenbriefing. Zum einen hatte ich den Vorsatz, es Corona-frei zu gestalten. Aber das ganz durchzuhalten, wäre so, wie wenn man bei einem Feuer nur vom guten Wetter redet. Und zum anderen wollte ich das Wochenbriefing diesmal früher absenden. Aber wie immer kam ständig etwas dazwischen. Zuletzt heute die gute Nachricht, dass das Oberverwaltungsgericht Lüneburg die 2G-Regel für gesetzeswidrig erklärt hat. In einer unanfechtbaren Entscheidung. Natürlich musste ich darüber sofort schreiben (das Resultat sehen Sie hier).
Der Beschluss aus Niedersachsen ist nicht nur eine Ohrfeige für die Politik. Er zeigt auch, dass der Rechtsstaat zumindest teilweise noch funktioniert. Anders als Karlsruhe, wo Angela Merkel einen Vertrauten an die Spitze setzen ließ und die Richter schon mal zum Abendessen ins Kanzleramt kamen und dort laufende Verfahren besprachen. So wenig die Entscheidung die tiefgreifenden und höchst beunruhigenden Tendenzen bei der Gewaltenteilung aufhebt – sie macht zumindest ein wenig Hoffnung. Auch, wenn wohl davon auszugehen ist, dass andere, willfährigere Gerichte anders entscheiden.
Bild:Text: br
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