Dieser Tage erreichte mich via Twitter folgender Leserbrief: „In Fulda haben Bischof, Klinikleitungen sowie diverse Vertreter aus Politik und Wirtschaft – scheinbar unter Führung der Hochschule Fulda bzw. deren Präsidenten – die Initiative „Fulda zeigt Haltung“ ins Leben gerufen, bei der man online unter öffentlich einsehbarer Angabe von Vor- und Nachnamen (!!!) „Haltung“ in der Coronakrise zeigen soll. Bei den Details geht es natürlich jenseits eines wirklich fachlichen Diskurses vor allem gegen vermeintliche ‘Coronaleugner‘ und es wird klar gesagt: ‘Erst wenn 60 bis 70 Prozent der Bevölkerung durch Impfungen Immunität erhält, gilt die Pandemie als überwunden.‘ Da die Hochschule federführend scheint (siehe Impressum), haben in der „Liste der Teilnehmenden“ natürlich auch viele Professoren unterzeichnet. Wer sich nicht namentlich dazu bekennt, macht sich natürlich verdächtig!“
Noch vor ein paar Jahren fand ich den Begriff „Haltung“ prima und hätte für mich in Anspruch genommen, eine zu haben. Inzwischen ist „Haltung“ in meinen Augen zu einem der am meisten missbrauchten Wörter der deutschen Sprache geworden. Ein Kollege mit DDR-Erfahrung sagt immer: „Haltung ist heute das, was bei uns früher der Klassenstandpunkt war. Nach diesem Maßstab wird die Welt heute in Gut und Böse eingeteilt. Und nur, wer den richtigen Klassenstandpunkt hat, ist ein guter. Kenne ich alles von früher.“
Genau deshalb rufen Initiativen wie die in Fulda bei mir sofort die Erinnerung an autoritäre Systeme wach. Machen Sie doch einmal den Vergleichs-Test: Hätten Sie sich unter Bundeskanzler Gerhard Schröder vorstellen können, dass große Initiativen wie aus dem Nichts aus dem Boden sprießen und Kritikern seiner Politik vorwerfen, diese hätten die falsche Haltung? Oder unter Helmut Kohl, als diejenigen, die sich heute Medien- oder Kulturschaffende nennen, noch die Regierung als wesentliches Feinbild betrachteten, statt, wie heutzutage, die Regierungskritiker. Wäre irgend jemand damals auf die Idee gekommen, dass sich einer verdächtig macht, weil er nicht bei einer Initiative mitmacht, welche die Regierung und ihre Politik unterstützt?
Im Text der Initiative, der von Hochschulpräsident Khakzar stammt, heißt es unter anderem: „Leider gibt es auch eine kleine Minderheit, die die Corona-Pandemie völlig abstreitet, die COVID-19 als harmlose Grippe herunterspielt, die leugnet, dass es bisher durch COVID-19 mehr Tote gab und die mit Verweis auf das Grundgesetz ihre Persönlichkeitsrechte unangemessen durch die Politik eingeschränkt sieht.“ Das ist zum einen Manipulation (neudeutsch Framing). Die meisten Kritiker der Corona-Maßnahmen erkennen die Krankheit durchaus als gefährlich an. Und eine Grippe ist nicht harmlos, es ist eine gefährliche Erkrankung, die viele Menschen das Leben kostet – im Gegensatz zum grippalen Infekt, also der ordinären Erkältung. Der Satz, „leider gibt es (…) eine Minderheit, die mit Verweis auf das Grundgesetz ihre Persönlichkeitsrechte unangemessen durch die Politik eingeschränkt sieht“ könnte aus dem Standardprogramm jedes autoritären Regimes zur Bekämpfung von Dissidenten stammen. Lügen und Halbwahrheiten ziehen sich durch das Papier. Etwa: „‘Gäste‘ werden in das Reichstagsgebäude geschleust, die in unsäglicher Weise andere Bundestagsabgeordnete bedrohen und beschimpfen.“ Hier können Sie sich ansehen, was damals passierte und ob es eine „unsägliche Bedrohung war“.
Weiter schreibt der Hochschul-Präsident über Regierungskritiker: „Diese Minderheit ist laut, nutzt die Medien geschickt und erhält so eine völlig unangemessene Aufmerksamkeit.“ Klingt für mich wie eine Passage aus einer weißrussischen Regierungszeitung über die Opposition. Pardon, das ist keine Gleichsetzung, aber die Mechanismen und die Denkweise dahinter sind identisch. Zumal auch hier wieder gelogen wird: Die Kritiker der Corona-Politik werden in den Medien regelrecht verteufelt. Dass der Uni-Chef subtil genug war, genau das zu kritisieren, nehme ich aber nicht an. So winkt dem Mann dagegen sicher eine staatliche Auszeichnung. Oder Fördergelder. Zumal er auf der Seite kräftig für die Impfung wirbt (siehe Screenshot oben).
Initiativen wie die in Fulda machen mir Angst. Sie erinnern geradezu gespenstisch an die Vorhersage der DDR-Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley kurz nach dem Zusammenbruch der linken Diktatur in Deutschland, die Chaim Noll aufzeichnete:
Alle diese Untersuchungen“, sagte sie, „die gründliche Erforschung der Stasi-Strukturen, der Methoden, mit denen sie gearbeitet haben und immer noch arbeiten, all das wird in die falschen Hände geraten. Man wird diese Strukturen genauestens untersuchen – um sie dann zu übernehmen. Man wird sie ein wenig adaptieren, damit sie zu einer freien westlichen Gesellschaft passen. Man wird die Störer auch nicht unbedingt verhaften. Es gibt feinere Möglichkeiten, jemanden unschädlich zu machen. Aber die geheimen Verbote, das Beobachten, der Argwohn, die Angst, das Isolieren und Ausgrenzen, das Brandmarken und Mundtotmachen derer, die sich nicht anpassen – das wird wiederkommen, glaubt mir. Man wird Einrichtungen schaffen, die viel effektiver arbeiten, viel feiner als die Stasi. Auch das ständige Lügen wird wiederkommen, die Desinformation, der Nebel, in dem alles seine Kontur verliert.“
Und wie ist es gekommen? Ehemalige Stasi-Spitzel wie Anetta Kahane leiten Stiftungen, die sich offiziell als „Nichtregierungs-Organisationen“ sehen und mit unser aller Steuergelder den Kampf gegen Menschen mit anderen politischen Meinungen führen. Eine Broschüre, die von Kahanes Stiftung mitfinanziert wird, liefert ganz ähnliche Stichworte wie die Initiative in Fulda. Ihr Titel: „Proteste in der Corona-Pandemie: Gefahr für unsere Demokratie?“ Hier schließt sich der Kreis. Staatliche Stellen rufen ganz offen zum Denunzieren auf. Aus der Regierung gibt es Aufforderungen, der Geheimdienst solle Regierungskritiker überwachen. Die Regierung stellt 1,150 Milliarden Euro für den „Kampf gegen Rechts“ zur Verfügung – der ebenfalls zumindest neben anderen auch das Ziel zu haben scheint, Menschen mit nicht-linken, bürgerlichen oder liberalen Ansichten mundtot zu machen und linksgrüne Narrative als die ultimative Staatsdoktrin durchzusetzen.
Die Bürgerrechtlerin Bärbel Bohley hat auf geradezu gespenstische Art und Weise Recht behalten.
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